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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 24.09.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 63

 

Da Sie die letzte politische Verantwortung eigentlich nie herausstellen, sondern immer wieder sagen, es ist der schuld, es ist der schuld, und gerade im Falle Lainz ist ja die Verantwortung von einer Seite auf die andere geschoben worden, ist eine derartige Unruhe entstanden, dass es ganz unwahrscheinlich ist. Es sind die Bewohnerinnen und Bewohner des Geriatriezentrums ungeheuer beunruhigt.

 

Die Angehörigen haben auch Angst. Und Sie sagen, gerade vorhin in der Beantwortung, Sie werden sich mit den Angehörigen erst nach dem Abschluss des Verfahrens in Verbindung setzen. Das Verfahren kann sehr lange dauern. Die haben jetzt schon eine Angst und wissen nicht, wie es weitergeht mit ihren Angehörigen. Bitte, von der menschlichen Seite kann man sich doch auch anders in Verbindung setzen und einfach sagen: Ich werde diese Missstände ändern. Ich werde mich dafür einsetzen, dass wirklich ordentlich gepflegt wird. Man muss nicht anders, man kann bitte doch als Mensch reagieren. Und gerade Sie als Frau, da stellt sich wirklich heraus, dass Sie das zusammenbringen könnten.

 

Dieses Durcheinander, wer eigentlich wo zuständig ist, ist etwas, was ich Ihnen wirklich vorwerfe, und zwar persönlich. Ich weiß ja nicht, wie Sie anders denken.

 

Sie haben gesagt, es geht auch ein Verkehrsminister nicht in Pension, wenn ein Zug entgleist. Okay.

 

Aber was politische Verantwortung betrifft, muss ich Ihnen sagen: Minister Farnleitner war bei dem Unglück in Lassing auch nicht unmittelbar dort, aber er hat das getan, was er für seinen Aufgabenbereich als richtig erachtet hat und was politische Verantwortung ist. Er hat sich vor seine Beamten gestellt und hat gesagt: Ich bin dafür verantwortlich. – Und das ist etwas, was wir von Ihnen noch nie gehört haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Noch etwas ist. Zum Beispiel, wenn man jetzt von der Informationspflicht hergeht. Wenn ich heute den "Kurier" gelesen habe und auf die Zustände, die jetzt im AKH auftauchen – es ist nicht der erste Fall, es gab ja in der Herzstation schon etwas –, da wurde aufmerksam gemacht auf den Pflegenotstand. Es ist ja nicht so, dass Sie es nicht gewusst haben.

 

Und wenn Sie heute sagen, Schadenersatzfälle werden nie an mich herangetragen, Frau Stadträtin, dann frage ich: Was erfahren Sie eigentlich? Was wird an Sie herangetragen? Es ist doch etwas Unmenschliches, und Sie müssen bitte davon erfahren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Genauso wissen Sie über den ganzen Personalzustand in Lainz schon sehr, sehr lange Bescheid. Ich meine, der Brief vom 5.3., wo die Gewerkschaft um eine Stellungnahme, um eine Abhilfe gebeten hat, der wurde noch immer nicht beantwortet. Wenn es jetzt immer um den so genannten Pflegeschlüssel geht, was so gut ist und um wie viel besser wir sind, als die WHO vorgeschrieben hat: Bitte, wenn ein Hilferuf um 70 Planstellen kommt, dann ist das ja bitte eine große Zahl. Sie wissen, was alles nicht nachbesetzt wurde. Krankenstände, Karenz, Weiterbildungsurlaube. Aber genauso wurde jetzt das Geriatriezentrum Favoriten eröffnet, und das Pflegepersonal wurde bitte abgezogen vom Geriatriezentrum Wienerwald, von der Baumgartner Höhe und aus Liesing. Also dort, wo schon ein derartiger Missstand ist, ziehen Sie dieses Pflegepersonal ab. Bitte, wie soll das denn dann überhaupt klappen?

 

(GR Johann Driemer: Keine Beifall?) Nein. Aber das kommt schon noch. Das macht nichts.

 

Dann hat uns der Herr Generaldirektor-Stellvertreter in der Geriatriekommission erzählt, dass es 43 Prozent Krankenstände gibt. Und auf die Frage, was er dagegen getan hat, hat sich herausgestellt: Das wurde bereits vor zwei Jahren konstatiert, und bisher wurde eigentlich noch nichts ausgewertet. Es wurde nicht geschaut, warum die Krankenstände sind, ob sie aus Überforderung sind, wegen Mobbing oder so komische Sachen. Bitte, das kann doch nicht wahr sein. Zwei Jahre weiß man diese Zahlen, und es wurde diesem Missstand nicht nachgegangen.

 

Und, Frau Stadträtin, auch der Krankenanstaltenverbund gehört in Ihren Bereich. Und es kann, bitte, auch in dem Fall nicht sein: Ich bekomme keine Antwort, daher kann ich es nicht weitergeben. Das wäre nämlich notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und wenn ich jetzt nur kurz bei der Geriatriekommission bleibe, die wir einberufen haben und die eine zusätzliche war, so muss ich sagen: Es hat mich eine Aussage von einem Senatsrat aus der MA 47 ganz ordentlich befremdet. Er hat nämlich festgestellt: Nein, es wird einfach kontrolliert, wie immer, und man geht dem ordentlich nach. Und es war eigentlich aus der Aussage zu ersehen, dass sie selbstverständlich nicht interniert werden. Denn es kommt immer was vor, das ist eindeutig. Aber man muss das ja nicht weiterleiten. Das wird sich schon irgendwie erledigen. Und es war ja nicht vorauszusehen, dass auf einmal so ein Interesse an dem ist und dass es ausschließlich die Medien sind, die aus einem, ich will nicht sagen, normalen Zustand, aber aus einem Misszustand einen Skandal gemacht haben. Und, Frau Stadträtin, ich muss ganz ehrlich sagen: Also wenn Sie lauter so unsensible Mitarbeiter haben, die ein derartiges soziales Empfinden haben, dann sind Sie zu bedauern. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es waren so viele Anträge, Anfragen an Sie gerichtet, und es wurde auf das nie reagiert. Also die Opposition ist den Medien dankbar, und es ist uns nur mit den Medien gelungen, dass das endlich auch akzeptiert wird, dass das ist. Und wenn es heißt, die Medien spielen einen Skandal auf, dann bitte ist es das nicht. Die Medien berichten über etwas, das alle interessiert. Und der Pflege- und Krankenbereich ist kein Schmalspurbereich, sondern interessiert wirklich alle. Und es war nur mit den Medien möglich, das Interesse bei den Sozialdemokraten auf dieses Gebiet zu lenken, und es ist hoffentlich auch möglich, dass der Herr Bürgermeister endlich einmal aufgerüttelt wird. Er kann nicht sagen, es ist nichts geschehen, wir tun nichts, wir gehen zur Tagesordnung über. Es ist etwas geschehen, und zur Tagesordnung kann man nicht mehr übergehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist bereits so, dass es nicht mehr heißt, es betrifft nicht mehr Lainz, es betrifft auch nicht die Baumgartner

 

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