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Gemeinderat, 31. Sitzung vom 23.09.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 57

 

Bürgermeister, sind Sie wirklich gefordert. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Wiener Stadtregierung – Sozialdemokratische Partei – beabsichtigt, den Fonds Soziales Wien mit zusätzlichen Agenden auszustatten, dann das Ganze unter das Ressort der Gesundheitsstadträtin zu stellen. Die ganze Pflegekette, beginnend bei Information für alte Menschen über Beratung, über Service und Betreuung, wie sie zum Beispiel die Besuchsdienste oder dergleichen mehr darstellen, bis hin zum semistationären Bereich, zum stationären Bereich, alles das zusammengefasst ist ein wirklich wichtiges verantwortliches Aufgabengebiet. Wir fordern, dass dies alles in einer eigenen Geschäftsgruppe zusammengefasst und noch einmal von jenem abgehandelt wird, der wirklich die Möglichkeiten des Durchgriffs dazu hat.

 

Es muss ein Masterplan erstellt werden, der die Koordination des Schnittstellenmanagements erbringt. Diese Koordination kann nur jemand in die Hand nehmen, der wirklich auch dementsprechende Rechte über alle Bereiche hat. Es gibt einen großen Reformstau, und da gehört auch Mut dazu, etwas in dieser Richtung zu tun. Es gibt derzeit Dinge nicht, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, etwa ein durchgehendes Entlassungsmanagement, durchgehende Pflegedokumentationen, aber dafür gibt es einen hohen Verwaltungsaufwand.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hilfe im hohen Alter, Soziales ist ein wichtiger Bestandteil unserer Stadt, der wichtigste im Moment, wie man sieht, wenn man die Übelstände und die Mängel bedenkt. Ich frage Sie: Wer, wenn nicht der Wiener Bürgermeister mit all seinen Durchgriffsmöglichkeiten soll diese Aufgabe wahrnehmen? Alle Landeshauptleute und Bürgermeister auch großer europäischer Städte führen eigenen Ressorts. Ich könnte Ihnen die Liste vorlesen, aber ich glaube, es wird Sie nicht besonders interessieren. Alle Landeshauptleute haben ein eigenes Ressort und arbeiten auch darin. Bürgermeister großer Städte wie zum Beispiel von Bremen, von Hamburg, von München haben eigene Ressorts. Der Oberbürgermeister von München, Ude, führt zum Beispiel ein ganz umfangreiches Ressort. Es ist offensichtlich möglich, das zu tun. Es ist nicht so, dass diese Aufgaben so furchtbar wären. Es geht auch nicht darum, dass der Herr Bürgermeister höchstpersönlich jedem Einzelnen das Händchen hält, sondern es geht darum, dass er die Kontrollrechte wahrnimmt, die notwendig sind, denn daran scheitert es in allen Bereichen. Es geht um die Dienstaufsicht, die erforderlich ist, damit es ordentlich und menschlich zugeht in diesem Bereich.

 

Die Menschen werden es nicht verstehen, wenn Sie sich ihrer nicht in diesem Sinn annehmen, Herr Bürgermeister. Das sage ich jetzt nicht mit großem Pathos, sondern jetzt ist Zeit, etwas zu tun. Es kann nicht sein, dass wir einen Skandal nach dem anderen in Zeitabläufen von fünf bis zehn Jahren erleben, wo alte Menschen getötet, wo alte Menschen in irgendeiner Form vernachlässigt werden. Das ist einfach unmenschlich, und das darf nicht wieder passieren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Unser Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist daher ein positiver Beitrag, wie Sie hören. Ich schimpfe auf niemanden in diesem Zusammenhang, sondern ich fordere nur auf, dass etwas unternommen wird von dem, der etwas unternehmen kann in diesem Bereich. Herr Bgm Häupl kann zeigen, dass er ein Herz für jene hat, die sich im Umfeld institutionalisierter Betreuung nicht selbst helfen können, und dass er bereit ist, in diesem sensiblen Bereich selbst Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr StR DDr Schock. Ich erteile es ihm.

 

StR DDr Eduard Schock: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Es geht heute formal um fehlende Mittel im Sozialressort. Es geht damit in Wirklichkeit eigentlich um mehr. Es geht um die Budgethoheit dieses Gemeinderates insgesamt, und es geht um die Flucht aus dieser politischen Verantwortung. Der Herr Bürgermeister hat in seiner Anfragebeantwortung ja gerade eben auch ein Beispiel für diese Flucht aus der Verantwortung geliefert.

 

Es bestätigt sich jetzt durch diese Vorfälle die Befürchtung unserer Fraktion, was das eigentliche Motiv hinter all diesen Ausgliederungen ist. Mit diesen Ausgliederungen will man eben in Zukunft die Flucht aus der Verantwortung antreten. Vor allem dort, wo Reformen, wo schwierige strukturelle Reformen notwendig sind, will man aus der Verantwortung flüchten, will man sie möglichst weit von sich wegschieben. Man hat daher etwa im Vorjahr bereits den Krankenanstaltenverbund ausgegliedert, und man will das Gleiche im nächsten Jahr auch in diesem Bereich tun.

 

Meine Damen und Herren! Es ist ganz sicher kein Zufall, dass genau in diesen beiden Bereichen diese jüngsten Skandale aufgetreten sind, es ist kein Zufall, dass im KAV, der voriges Jahr ausgegliedert wurde, sich jetzt dieser Skandal um das Pflegeheim Lainz abspielt, und es ist kein Zufall, dass der zweite Skandal sich genau dort zuträgt, wo ebenfalls eine Ausgliederung geplant ist.

 

Meine Damen und Herren! Man will all diese Organisationen, diese Einheiten alleine auf die Reise schicken, ohne sie mit dem notwendigen Mitteln dafür auszustarten, man will sie alleine auf die Reise schicken, obwohl man heute auf Grund aller Prognosen schon ganz genau weiß, dass die Mittel dafür ganz sicher nicht ausreichen werden. Das war so beim Krankenanstaltenverbund etwa. Beim KAV wurde von der Stadtregierung ganz bewusst die Valorisierung der Mittel viel zu gering angesetzt. Die Wertanpassung wurde von der Stadt weit unter der Inflation angesetzt. Man hat, obwohl die Kosten dort explodieren, bewusst die Mittel real gekürzt. Man hat damit in Kauf genommen, dass unsere Spitäler heute auf Kosten ihrer Substanz leben. Es ist ja auch im letzten Geschäftsbericht des Krankenanstaltenverbundes nachzulesen, dass der KAV ohne neue Mittel in ein bis zwei Jahren konkursreif ist.

 

Es ist symptomatisch, dass die Gesundheitsstadträtin

 

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