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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 24.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 133

 

denn Sie abgelehnt?)

 

Zu den Musikschulen hat der Herr Stadtrat dankenswerterweise, obwohl er gar nicht zuständig ist, eine Enquete gemacht. Ich finde das anständig und begrüßenswert. Aber ist es nicht unmöglich, dass dort kein einziger Vertreter des zuständigen Ressorts war, dass die Frau Laska nicht irgendeine Grußbotschaft geschickt hat, dass die zuständigen Abteilungsleiter nicht dort waren und dass der Herr Woller den zuständigen Direktor entschuldigen musste, weil er ausgerechnet an diesem Tag beruflich im Ausland war? Ich meine, das ist ein Zynismus, der ist doch nicht zu übertreffen. Und es ist schön, dass Sie auch jetzt wieder bedrückt dreinschauen. (GR Mag Thomas Reindl: Wir sind über Ihre Rhetorik bedrückt!) Das ist nämlich die Wahrheit, und die ist dokumentierbar. Man kann doch nicht eine Musikschulenquete ausgerechnet dann ansetzen, wenn der Leiter der Wiener Musikschulen nicht in der Stadt ist. Das ist doch unglaublich, meine Damen und Herren. Man kann wirklich nur ein bisschen ironisch darüber schmunzeln, aber leider geht es ja gerade bei den Musikschulen um sehr viel. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zum Schluss kommend: Ich verstehe, wenn man taktisch und strategisch der Meinung ist, man kann sich aus der Verantwortung stehlen, indem man halt laufend die Bundesregierung und den Staatssekretär beschimpft. Noch dazu, wenn aus der ÖVP – weil wir eine Partei sind, die sich traut, ihre Meinung zu sagen – kritische Töne kommen. So was kann ja bei Ihnen gar nicht passieren. Wir sind gefragt worden: Wieso traut ihr euch, da kritisch zu sein, wenn der Bund kürzt im Kulturbereich der Stadt? – Weil wir Selbstbewusstsein haben, weil wir der Meinung sind, dass wir uns, wenn etwas gemacht wird, das der Stadt nicht nützt, als Partei zu Wort melden, meine Damen und Herren. Und darauf sind wir auch stolz, dass wir diese Unabhängigkeit haben. Ich würde Ihnen mehr davon wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und daher zum Schluss. Es gibt Verantwortungen – und da können jetzt meine Nachredner oder Vorredner noch so versuchen, das irgendwie hinzukriegen –, wo man die Schuld nicht auf jemanden anderen schieben kann, wo man einfach nicht sagen kann, ohne sich lächerlich zu machen, der andere ist schuld. Es gibt Bereiche, wo das möglich ist, etwa bei Kürzungen, die dann wieder ausgeglichen werden müssen. Da sind wir einer Meinung, und ich glaube auch, dass all dem, was Wien in diese Richtung belastet, von uns gemeinsam entgegengetreten werden soll, aber es gibt Bereiche, wo das einfach nicht geht, meine Damen und Herren, und wo dieses resignative Jammern über den Bund eine initiative Kulturpolitik nicht ersetzen kann. Es gibt Verantwortungen, die man einfach nicht abschieben kann.

 

Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, und der Herr Kulturstadtrat tragen die ausschließliche – nicht die geteilte, sondern die ausschließliche – Verantwortung für das Debakel im Rabenhof. Und es wäre schön, wenn Sie das endlich einmal anerkennen und zugeben würden. Sie fordern zu Recht, von uns unterstützt, dass die 364 000 EUR den Wiener Festwochen gegeben werden. Aber dann geben Sie einmal die 2,5 Millionen EUR, die Sie beim Rabenhof hinausgeschleudert haben, der Wiener Szene zurück, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und geben Sie der Szene auch die rund 2 Millionen EUR zurück, die Sie aus dem operativen Kulturbudget für eine Bauunterstützung der Albertina aufwenden mussten wegen der plötzlichen Junktimierung mit der Kinoförderung, die es vorher nicht gegeben hat. Das sind 2 Millionen EUR weniger für das Kulturleben in Wien, weil Sie nicht in der Lage waren, das aus Verstärkungsmitteln zu zahlen, wie das bisher immer üblich war.

 

Sie tragen die Alleinverantwortung, die ausschließliche Verantwortung für die Zerstörung der Ausschreibungskultur.

 

Sie tragen die Alleinverantwortung für die Streichungen und Ablehnungen der ganzen Liste, die ich Ihnen gerade vorgelesen habe, wobei besonders bedauerlich ist, dass derart viele Projekte im Kinder- und Jugendkulturbereich daran glauben müssen.

 

Sie tragen die Alleinverantwortung für die bisherigen Theaterschließungen in Wien und auch für die, die es vermutlich demnächst bald geben wird.

 

Und Sie tragen auch die Alleinverantwortung dafür, dass bisher – die Frau Ringler hat es ja angedeutet, und ich sage es noch einmal, obwohl es schon sehr spät ist, 5 vor 12, es könnte auch schon 5 nach 12 sein, – keine Entscheidung für das Mozartjahr 2006 im Theater an der Wien getroffen wurde. Es geht sich zeitlich jetzt bald nicht mehr aus, das hinzukriegen mit den notwendigen Vertragsabschlüssen für dieses Jahr. Es wurde auch keinerlei Entscheidung getroffen oder uns zur Entscheidung im Gemeinderat vorgelegt für die Nutzung danach, meine Damen und Herren. Da tickt die Zeit, und ich würde hoffen, dass wir nicht bald hier stehen und sagen müssen, es ist 5 nach 12 und nicht 5 vor 12.

 

Sie tragen auch die Alleinverantwortung dafür, dass bisher in keiner Weise eine Perspektive für die Mitwirkung Wiens inklusive einer ernst genommenen urbanen kulturpolitischen Verantwortung am europäischen Integrationsprozess formuliert wurde. Das ist eine Chance, die man sich nicht entgehen lassen darf, mit unserer Kulturgeschichte, auch unserer jüdisch-christlichen Kulturgeschichte in dieser Stadt dazu beizutragen, dass auch die Städte ihre Verantwortung im Integrationsprozess wahrnehmen und erkennen, meine Damen und Herren.

 

Und Sie tragen auch die Alleinverantwortung dafür – das können Sie nicht weiterschieben –, dass im Bereich Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum immer noch keine gesetzliche Grundlage geschaffen wurde. Das wäre ein reines Landesgesetz. Wir haben es mehrfach beantragt, es wird immer wieder abgelehnt, und deshalb schaut es in den Bundesländern auch so aus, wie es dort ausschaut, nämlich sehr, sehr gut. Wer die Ausstellung gesehen hat im Museumsquartier zu "Kunst im öffentlichen Raum in Niederösterreich", der wird so wie die meisten dort baff gewesen sein, was sich in diesem Land abspielt. Und Sie tragen damit die

 

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