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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 94 von 122

 

daher notwendig, dass auch eine Zwischenstation für ältere Menschen geschaffen wird (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Was sind denn die Häuser zum Wohnen?) und nicht, dass sie sofort in Pflegeheime kommen, denn sie wollen das überhaupt nicht. Sie wollen so lange als möglich zu Hause bleiben. Wenn es nicht mehr geht, weil sie nicht mehr alleine wohnen können, brauchen wir eine Zwischenstation, und zwar betreutes Wohnen für Senioren. Ich muss Ihnen sagen, das werden Plätze sein, wo wir in den nächsten 20 Jahren mindestens 5 000 zusätzliche Wohnplätze brauchen, damit diese Leute nicht in Pflegeheime kommen. (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Dann haben Sie sich aber die ÖBIG-Studie nicht gut angeschaut!) Doch, ich habe mir die ÖBIG-Studie angeschaut. (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Wir haben ausreichend Plätze zum Wohnen, aber wir werden in fünf Jahren mehr Pflegeplätze brauchen!) Wir werden mehr Pflegeplätze brauchen. Aber was machen Sie mit Leuten, die nicht alleine zu Hause sein können, die nur etwas desorientiert sind, weil sie vergesslich sind, weil es nicht möglich ist, dass sie alleine zu Hause bleiben, weil sie zum Teil sehr gefährlich leben. (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Es gibt die geriatrischen Tageszentren!) Sie drehen den Herd auf, wenn das Essen gewärmt ist, oder nicht auf, wenn sie es wärmen wollen und wenn der Herd nicht aufgedreht ist, dann bleibt es kalt. (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Sie haben sich die Studie nicht gut angeschaut!) Aber was machen Sie, wenn ein Mensch bei Desorientierung sehr wohl den Herd aufdreht, das vergisst und es zu einem Brand kommen könnte? Oder ein Mensch, der sich verletzt? (GR Günther Barnet: Dann ist die Feuerwehr da!) Die Feuerwehr, sofern sie nicht anderweitig beschäftigt ist, da haben Sie völlig Recht, ist sehr schnell dort. (Beifall bei der ÖVP. – GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Aber Sie wissen, dass es dafür das ausgezeichnete Angebot der geriatrischen Tageszentren gibt!)

 

Es gibt sehr viel, was die Gemeinde Wien macht, aber dadurch, dass die Menschen wesentlich älter werden, brauchen wir auch noch Zwischenstationen, und das sind diese betreuten Seniorenwohngemeinschaften. Die sind billiger als ein Aufenthalt in einem Pflegeheim, wo mit einem monatlichen Satz von 2 200 EUR gerechnet wird. Da ist nicht die Errichtung eines Spitals oder eines Pflegeheims drinnen, da sind keine Reparaturkosten drinnen, da sind auch keine Neuanschaffungen drinnen, das ist eigentlich ein Pflegesatz, den sie oft nicht brauchen. Betreutes Wohnen kommt daher wesentlich günstiger als die Plätze in den Pflegeheimen.

 

Die Ziele der ÖVP sind, dass ältere Menschen, die vor allem derzeit mit Pflegestufe 1 oder 2 in Pflegeheimen wohnen, sehr wohl in Wohngemeinschaften leben könnten, dass ihnen dies ermöglicht wird. Es werden dadurch auch die Pflegeheime entlastet und es entstehen weniger Kosten für die Stadt. Ältere Menschen, die nicht mehr allein wohnfähig sind, sollen nicht sofort in ein Pflegeheim kommen, es ist oft ein geriatrisches Tageszentrum für sie auch zu wenig, sondern es soll ihnen in betreuten Wohngemeinschaften ihre Selbstständigkeit erhalten werden. Was uns vor allem ein ganz besonders Anliegen ist, ist, dass eine Aufnahme in ein Pflegeheim so lange hintangehalten werden sollte, so lange es gesundheitlich und pflegerisch erforderlich ist. Das sind einige unserer ganz wichtigen Grundsätze. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir erwarten nun von einer Neuordnung des Gesundheits- und Sozialsystems ein großes Einsparungspotenzial. Ich hoffe, die Gemeinde Wien ist dadurch nicht überfordert, aber sonst wäre es nicht notwendig. Es ist daher unsere Forderung, dass Sie einen Teil dieser Mittel für betreute Seniorenwohngemeinschaften zur Verfügung stellen, die immer mehr benötigt werden.

 

Ich mache jetzt einen ganz kleinen Sprung ins Private. Ich war vorige Woche in einer betreuten Seniorenwohngemeinschaft, wo eine Frau mit Pflegestufe 3, die jetzt 79 Jahre alt ist, vorher elf Jahre lang in einem Pflegeheim der Stadt Wien war. Ich bin davon überzeugt, dass das auf Grund ihres gesundheitlichen Zustands mindestens fünf bis sechs Jahre lang notwendig war. Sie hat dort in Sechs- oder Vierbettzimmern gelebt. Ihr Gesundheitszustand hat sich sehr schnell gebessert. Diese Frau hat das Glück gehabt, dass sie dort einen Arzt gefunden hat, der alles unternommen hat und versucht hat, einen Platz in einer betreuten Seniorenwohngemeinschaft für sie zu finden. Er musste monatelang warten, bis er ihn gehabt hat, aber er hat ihn bekommen. Ich habe mit dieser Frau gesprochen. Sie ist dort glücklich. Sie ist jetzt seit zehn Monaten dort und ist wesentlich selbstständiger als im Pflegeheim. Sie kocht sich etwas und sie geht einkaufen. Hat sie Probleme, wird sie von jemandem begleitet und kann mitbestimmen. Was das Interessante bei dieser Frau war, ist, sie hat gesagt: "Im Pflegeheim hatte ich ein Taschengeld von 120 EUR. Das wurde mit zugestanden. Hier in dem betreuten Wohnheim bleiben mir, obwohl ich an die Wohngemeinschaft zahle, anteilig auch Miete, Strom und alles, fast 500 EUR über." Sie hat ein Sparbuch angelegt und will sparen, falls sie das doch braucht und für ihre Gesundheit investieren kann. Ihr Wunsch war, dort weiter wohnen zu können und nie wieder in ein Pflegeheim müssen. Ich will jetzt nicht sagen, nie wieder ein Pflegeheim, weil das so schlecht ist, aber ich wünsche ihr, dass sie ihr Leben so beschließen kann, wie sie es sich wünscht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich fasse noch einmal kurz zusammen: Betreute Seniorenwohngemeinschaften kommen kostengünstiger als ein Pflegeplatz bei der Gemeinde Wien in einem Pflegeheim. Es ist persönlicher und familiärer. Es ist dort möglich, wesentlich individueller auf die Klienten einzugehen. Die eigene Mobilität wird gestärkt, die Eigenverantwortung nicht abgegeben und es tritt auch keine Hospitalisierung ein, das heißt, keine Überversorgung in der Pflege. Die Frau, von der ich vorher gesagt habe, dass sie elf Jahre lang in einem Pflegeheim war, hat sich zwar angepasst, sagt aber nach elf Jahren Pflegeheim zu

 

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