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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 122

 

(Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Kabas.

 

GR Mag Hilmar Kabas (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister!

 

Ich verstehe schon, dass der Herr Vizebürgermeister und Finanzstadtrat den Rechnungsabschluss durch eine rosarote Brille sieht und alles so positiv geschildert hat, aber das ist zugleich auch bedenklich. Warum? – So positiv und so rosig, wie er es geschildert hat, ist die Situation in Wien leider nicht. Vor allem perspektivisch gesehen ist Wien in den letzten Jahren und Jahrzehnten als Wirtschaftsstandort in punkto Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und so weiter in eine immer schlechtere Situation geraten, und zwar in erster Linie hausgemacht durch die negative, schlechte Politik der sozialistischen Stadtverwaltung. Das Bedenkliche daran ist, wenn sich ein Finanzstadtrat hier anlässlich der Rechnungsabschlussdebatte herstellt und alles nur positiv sieht und nicht sagt, wo gewisse Schwächen sind, wo gewisse Bereiche, Strukturen und so weiter sind, wo man Änderungen vornehmen könnte, wo man versuchen muss, Verbesserungen herbeizuführen. Wenn er sich herstellt und an seine eigene Propaganda glaubt, dann ist das bedenklich, denn dann wird es keine Verbesserungen geben.

 

Um gleich beim Rechnungsabschluss anzuknüpfen: Ich verstehe schon – aber um so gefährlicher ist es –, dass zum Beispiel das Propagandabudget gegenüber dem Voranschlag verdoppelt wurde. Gefährlich ist das deshalb, weil jetzt der Finanzstadtrat seine eigene Propaganda glaubt und die bedenklichen Entwicklungen nicht sieht, die etwa seit Jahrzehnten den Wiener Arbeitsmarkt betreffen, weil er nicht sieht, dass auch im Jahre 2002 ein Minus von netto 12 000 Arbeitsplätzen in Wien zu verzeichnen war oder dass das Wirtschaftswachstum in Wien wieder das Schlusslicht in Österreich bildet. Wien war das einzige Bundesland, das im Jahre 2001 eine Rezession verzeichnen musste, ein Minus an Wirtschaftswachstum zu verzeichnen hatte. Auch 2002 konnte die Stagnation nicht überwunden werden.

 

Darüber sollten wir uns unterhalten und nicht sagen, es ist alles wunderbar, und wenn irgendwo vielleicht irgendetwas Schlechtes ist, dann ist – das ist eh klar – die Bundesregierung schuld. Aber so ist es nicht. Gerade im Vergleich zu den anderen Bundesländern sieht man, dass man sehr viel selber machen kann. In Wien geht es also schlecht – ich werde das an sieben Punkten festmachen, wie diese Budgetpolitik schuld daran ist, dass Wien im Wettbewerb so schlecht dasteht –, und ich weiß schon, da kommt immer die Schadenfreude, dass es vielleicht ein Bundesland gibt, das noch schlechter ist, aber nein, in punkto Arbeitsplätze haben auch das Burgenland und Kärnten schon längst den letzten Platz an Wien abgeben. Und dieser Trend hat sich 2002 sogar noch verfestigt.

 

Als Sie, Herr Vizebürgermeister, geglaubt haben, Anfang des Jahres den Schmäh anwenden zu können, in Wien hat sich die Arbeitsplatzsituation und die Arbeitsmarktsituation eklatant verbessert, auch gegenüber den anderen Bundesländern, ist man dann draufgekommen, dass besonders viele in die Umschulung gekommen sind und deshalb in der Arbeitslosenstatistik nicht mehr aufgeschienen sind. (GR Christian Oxonitsch: Die Menschen kriegen damit wieder eine Chance!) Wenn man das bereinigt, sieht man, dass Wien bis in die jüngsten Tage, bis in den Mai hinein leider nach wie vor Schlusslicht in Österreich ist. Dagegen wollen wir zumindest ankämpfen und wollen auch positive Vorschläge machen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sie haben auch viel zu wenig darauf Bezug genommen, dass es viele Betriebe gegeben hat, die leider Gottes schließen mussten, und Ankerbrot, wo sehr viel öffentliche Gelder hineingepumpt wurden, steht auch vor einer sehr traurigen negativen Entwicklung. Natürlich hoffen alle, dass es nicht so kommt, aber es zeichnet sich jetzt doch endgültig ab, dass das viele gute Geld, das da hineininvestiert wurde, letztlich zu einem schlechten Geld wurde.

 

Fangen wir vielleicht auch gleich bei der Frage der Schulden an. Herr Finanzstadtrat, Sie haben mit dem Finger auf eine andere Gebietskörperschaft gezeigt, Sie haben aber nicht gesagt, dass in Wien die Schulden weiter gestiegen sind und entgegen die Absicht der Stadtverwaltung nicht gesenkt werden konnten. Das haben Sie nicht gesagt, das haben Sie nicht dargestellt. Ich glaube, ein bisschen Ehrlichkeit und ein bisschen Transparenz wäre auch hier angebracht. Sie wissen genau, dass wir wegen der hohen Frankenverschuldung und wegen des hohen Kurses des Frankens die Schulden nicht konnten abbauen, sondern, ganz im Gegenteil, sie sind gestiegen. Ich will das nur auch in Richtung Ehrlichkeit anmerken. (Zwischenruf des GR Christian Oxonitsch.) Das ist für Sie egal, das schieben Sie weg, das ist für Sie nicht relevant, anstatt dass Sie sich damit auseinander setzen, dass diese ganzen Fremdwährungskredite, die früher aufgenommen wurden, uns eben jetzt auf den Kopf fallen.

 

Es wurde heute schon angemerkt, dass das Budget insgesamt ein Torso geworden ist, dass große Teile der städtischen Verwaltung in ausgegliederten Unternehmen agieren. Die Wiener Stadtwerke, Wiener Wohnen, Museen, Krankenanstaltenverbund sind dort gelandet, und in Kürze soll der Fonds Soziales Wien entstehen.

 

Es wurde hier schon von Vorrednern darauf eingegangen, dass sich daraus eine ganze Reihe von Problemen ergibt, etwa dass diese ausgegliederten Unternehmen mit unzureichenden Mitteln ausgestattet werden, was wiederum nicht nur zu drastischen Einschnitten bei den Leistungen der betreffenden Unternehmen führen kann, sondern auch zu massiven Tarif- und Gebührenerhöhungen. Als Nebenprodukt ist dadurch außerdem die Budgethoheit des Gemeinderates ausgehöhlt worden und wird weiter ausgehöhlt, und alle Fraktionen, vor

 

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