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Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 80

 

Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Ich bitte um Zustimmung.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter:  Zum Wort gemeldet ist Herr GR Ellensohn. Ich erteile es ihm.

 

GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es geht bei diesem Geschäftsstück um das Demokratiezentrum Wien, das eine Subvention von 22 000 EUR für das Jahr 2003 erhält. Dieses Demokratiezentrum leistet gute Arbeit, es beschäftigt sich mit Fragen der Demokratieentwicklung in Österreich. Die grüne Fraktion wird diesem Antrag auch zustimmen.

 

Die Demokratieentwicklung in Österreich ist nach 1945 untrennbar verbunden mit der Haltung Österreichs zur eigenen Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus und kann ohne eine kritische Betrachtung dieser Jahre nicht erfolgen. Bereits 1947 wurde in diesem Haus, beziehungsweise im Wiener Gemeinderat, und 1955 noch einmal über die Aufhebung eines speziellen Ehrengrabes gesprochen. Im Zuge der Aufarbeitung des Nationalsozialismus wurden sehr, sehr viele Ehrengräber nach 1945 aufgelassen und in normale Gräber umgewandelt. Eines nicht, das seit mittlerweile fast 60 Jahren ein Ehrengrab am Zentralfriedhof ist, das ist das Grab von NS-Major Walter Nowotny, ein Flieger, der im 2. Weltkrieg hunderte, über 250 Flugzeuge der Alliierten abgeschossen hat und selber 1944 abgeschossen wurde oder abgestürzt ist. Walter Nowotny war damals erst 24 Jahre alt, er war Mitglied der NSDAP, er war illegaler Führer der HJ und er hat vom Reichsausschuss 1944 diesem Ehrengrab, das zu einem Staatsakt wurde, erhalten.

 

Die Inschrift, heute nach 60 Jahren nach wie vor angebracht, lautet: “Ewig ist der Toten Tatenruhm“. Es ist nach wie vor ein Ehrengrab, es wird nach wie vor von der Stadt Wien bezahlt und unterhalten. Dieses Ehrengrab liegt in einer Gruppe am Zentralfriedhof, in der Gruppe 14C, in der unter anderem auch die verdienstvolle Widerstandkämpferin Rosa Jochmann liegt, aber auch Herta Firnberg oder der ehemalige Vizebürgermeister des Roten Wien, Paul Speiser, und viele andere Menschen, die sich ihre Ehrengräber tatsächlich verdient haben.

 

Die Wiener GRÜNEN haben nicht nur ein Problem mit diesen Ehrengrab, sondern auch ein Problem mit der bisherigen Behandlung dieses Ehrengrabes. Es ist seit Jahrzehnten bekannt - nicht nur wegen der zwei Diskussionen, die im Gemeinderat stattgefunden haben, sondern auch auf Grund eines intensiven Briefwechsels, der unter anderem von der Lagergemeinschaft Mauthausen oder aber auch von einem Wehrmachtsdeserteur, von Herrn Richard Wadani, geführt wurde, der heute diese Diskussion von der Zuschauertribüne aus verfolgt.

 

Die Wiener Stadtverfassung ermöglicht es dem Gemeinderat, Menschen zu ehren und sie ermöglicht es uns auch, Menschen Ehrungen abzuerkennen. Und genau das ist heute der Antrag der GRÜNEN. Wir wollen, dass Ehrengrab in ein normales Grab umgewandelt wird, das diesem Grab der Titel Ehrengrab aberkannt wird und bringen dementsprechend einen Antrag ein.

 

Dieses Ehrengrab ist heute leider eine Kultstätte der Kameradschaft 4, einer Ansammlung von Angehörigen, ehemaligen Angehörigen der Waffen SS, die jährlich Anfang November zu einer Kranzniederlegung hinpilgert und nach meiner Meinung durch diesen Akt die Ehrengräber, die umliegenden Ehrengräber von zum Beispiel Rosa Jochmann, geradezu entehrt.

 

Ich glaube, dass es längst überfällig ist, dass dieses Ehrengrab aufgelassen wird. Ich freue mich, dass mir die Zustimmung der Sozialdemokratie zu unserem Antrag signalisiert wurde und ich will mich nicht lange darüber auslassen, dass es vielleicht ein bisschen lange gedauert hat, bis diese Zustimmung gekommen ist, ich bin froh dass es jetzt soweit ist. Ich bedanke mich vor allem bei der Sozialistischen Jugend, die sich innerhalb der Sozialdemokratie schon länger dafür eingesetzt hat und sich offensichtlich auch Mehrheiten erarbeiten konnte.

 

Über das Abstimmungsverhalten der ÖVP wollte ich ursprünglich sagen, das weiß ich nicht, und ich hoffe, dass sich auch dort jemand durchgesetzt hat, nämlich

 

Peter Marboe, der vor Jahren zugesichert hat - was auch im Falter in einer älteren Ausgabe nachzulesen ist, dass er sich dafür einsetzen wird, dass dieses Ehrengrab kein Ehrengrab mehr ist. Und ich hätte gerne gesagt, ich hoffe, dass Peter Marboe innerhalb der ÖVP so erfolgreich war oder ist, wie die Sozialistische Jugend innerhalb der SPÖ. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Schon wieder!) Es scheint leider nicht der Fall zu sein, die Position der Volkspartei hat sich offensichtlich in diesem Punkt gewandelt.

 

Es wird heute einen Antrag geben, man möge wieder einmal, um Zeit zu gewinnen, eine Kommission einsetzen, als ob der Sachverhalt nicht bekannt wäre, als ob die ÖVP, Peter Marboe, oder der Redner der ÖVP, der angekündigte Redner, Herr Dr. Görg, nicht wissen würde, worum es geht. Das stimmt mich ein bisschen traurig, weil ich nicht weiß, woher dieser Meinungsumschwung der ÖVP kommt, es ist mir nicht nachvollziehbar. Die Faktenlage hat sich selbstverständlich nicht geändert.

 

Es entzieht sich meiner Kenntnis, warum die ÖVP jetzt glaubt, wiederum auf viele, viele Jahre Zeitgewinn setzen zu müssen. Der Briefwechsel von Herrn Wadani mit Herrn Marboe hat zu der Zeit stattgefunden, als er natürlich Kulturstadtrat war. Das ist auch schon wieder ein paar Jahre her. Die Antwort damals war erfreulicher wie das, was die ÖVP heute liefert, das tut mir leid. Ich freue mich, dass wir als GRÜNE einen Antrag einbringen können, der hier eine Mehrheit hat. Ich bedanke mich bei allen in diesem Haus, die diesen Antrag mit unterstützen. Dieses Ehrengrab ist eine Schande für die Stadt Wien und wir freuen uns als GRÜNE, dass dieser Spuk nun endlich zu Ende ist. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Dr Görg. Ich erteile es ihm.

 

GR DDr Bernhard Görg (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Hoher Gemeinderat! Meine sehr geehrten Damen

 

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