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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.09.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 70

 

stellen. Das ist eine extrem liberale und sehr offene Universität. Offensichtlich haben Sie sich mit Johns-Hopkins dieses Jahr ein bisschen mehr auseinander gesetzt und stimmen deshalb zu.

 

Nach wie vor völlig unverständlich ist mir Ihre Ablehnung der Webster University. Statt dass Sie froh sind, dass sich eine amerikanische Universität in der internationalen Stadt Wien ansiedelt, wo sehr viele Studenten zum Beispiel aus ausländischen Familien stammen, die bei den Vereinten Nationen oder in Wien arbeiten, lehnen Sie, als eine Partei, die immer für Völkerverständigung und für die Förderung von Beziehungen mit dem Ausland eintritt, ab. Das ist mir unverständlich. Jeder, der sich auch nur ein bisschen in internationalen Fragen engagiert hat, weiß, das beste Mittel gegen jede Form von Vorurteilen, Ausländerhass, Verfolgung und so weiter ist, wenn junge Menschen überall auf der Welt miteinander studieren. Das ist das Beste, was es gibt, was dort an der Webster University passiert, wo es 420 Studierende gibt, wo trotz steigender Studierendenzahl der Österreicheranteil noch immer 25 Prozent ist, wo es Österreicher gibt, die im Rahmen eines Programms der Webster University an ausländischen Universitäten studieren. Wie man da dagegen sein kann? Das ist ja keine Subventionierung der Webster University, einer Privatuniversität, was ich nicht für sinnvoll empfinden würde. Es ist die Subventionierung und die Hilfe als symbolische Geste an - als mehr kann man das ja nicht bezeichnen - zwei Österreichern.

 

Ich sage ehrlich, ich finde es auch ein bisschen unkorrekt, dass Sie hier die Namen Stipendiaten im Gemeinderat erwähnt haben, weil das ist an sich eine unübliche Vorgangsweise.

 

In dieser Frage muss man den Grünen zugute halten, sie sind, was jede Privatisierung oder jede Form von Konkurrenz betrifft, echte Überzeugungstäter. Gestern erst ist mir etwas auf den Tisch gekommen, wo Frau Kollegin Jerusalem zum GATS - das ist für alle Nichtbildungsinvolvierten ein prinzipielles Übereinkommen, das zumindest prinzipiell den Gedanken der Liberalisierung ermöglicht - eine Presseaussendung gemacht hat. Ich sage hier nur die Überschrift: "Dieses GATS führt zu Luxusschulen für Geldelite und Restschulen für Einkommensschwache."

 

Für die Konkurrenz zwischen privaten Universitäten und öffentlichen Universitäten gilt dasselbe wie für die Konkurrenz zwischen privaten Schulen und öffentlichen Schulen. Was Sie mit der Luxusschule für die Geldelite sagen, wissen Sie, wo es das gibt? - Das gibt es vor allem in den Ländern, wo die von Ihnen so bevorzugte Gesamtschule eingeführt wird. Zum Beispiel in den USA und in England. Das ist der Grund, warum ich, so sehr ich für die USA bin, gegen das dortige Bildungssystem einer Gesamtschule bin, weil es nämlich automatisch dazu führt, dass es einen riesigen Boom bei Privatschulen gibt, wo dann genau das ist, was Sie kritisieren, nämlich ausschließlich die Einkommensstarken eine höhere Bildung bekommen können. Warum wehren Sie sich immer gegen die Wahlmöglichkeit? Warum ist das Öffentliche das ausschließlich Beste und ausschließlich Mögliche? - Das ist für mich, ehrlich gesagt, nicht nachvollziehbar! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Betreffend die zwei Privatuniversitäten ist die eine in Bologna. Dabei geht es darum, dass man jemanden hinschickt. Da haben Sie sich, Gott sei Dank, davon überzeugen lassen, dass das ein guter Weg ist, hier ein besseres Verständnis der jungen Generationen zueinander zu schaffen. Auf der anderen Seite ist mir Ihre Ablehnung der Webster University, dieser symbolischen Geste, als eine Partei, die von sich immer behauptet, sie ist für Weltoffenheit, sie ist für eine offene, international spannende Stadt, völlig unverständlich. Ich kann nur sagen, wir sind dafür, dass beide Universitäten in Zukunft noch mehr Stipendien bekommen, was übrigens die Bundesländer tun. Im Vergleich der Förderung von Österreichern, die ins Ausland gehen können, ist Wien nämlich eher ein Schlusslicht. Wir sollten uns die anderen Bundesländer als Vorbild nehmen und wesentlich mehr jungen Österreichern, auch solchen, die es sich selber nicht leisten können, die Chance geben, in Form von Stipendien im Ausland zu studieren. Das kann nur zum Wohle unseres Landes sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Jerusalem zum Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

 

GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Ich möchte Ihnen jetzt keinen Vortrag über den GATS-Vertrag halten, weil ich mich nicht so ad hoc zum Wort melden und dann sehr viel Zeit in Anspruch nehmen will. Nur möchte ich jene Passage, in der es, Herr GR Salcher, bei Ihrer Rede um die Wahlmöglichkeit ging, nicht unwidersprochen lassen. Dazu möchte ich schon etwas sagen.

 

Wenn einkommensschwache Eltern die Wahl zwischen einer Schule, wo man kein Schuldgeld bezahlt, einer Schule, wo man vielleicht 500 EUR bezahlt und einer Schule, wo man vielleicht 1 000 EUR bezahlt, haben, was glauben Sie, dass es dann mit der Wahlfreiheit auf sich hat? - Für diese Eltern kommt nur jene Schule in Frage, wo kein Schuldgeld bezahlt wird. Von Wahlfreiheit kann unter diesen Gegebenheiten überhaupt keine Rede sein, weder von Wahlfreiheit noch in der Folge von Chancengleichheit. Wenn es auf Grund dieses Vertrags, so wie es sich teilweise in Deutschland bereits ankündigt, Universitäten geben wird, die als Voraussetzung besucht werden müssen, um bestimmte Funktionen und Posten in bestimmten Unternehmen überhaupt bekommen zu können, dann ist es mit jeder Chancengleichheit sowieso aus, weil diejenigen, die das Schuldgeld nicht bezahlen können, damit jede Möglichkeit verlieren, überhaupt in diese Positionen zu kommen. Das ist ein wahnsinniger Verlust für Österreich, wenn derartige Entwicklungen tatsächlich stattfinden, weil man dann nämlich auf die vielen jungen Menschen verzichtet, die hochbegabt und hochintelligent sind, aber diese Schulen nicht besuchen können, weil sie es sich nicht leisten

 

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