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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 99

 

hat. Wenn Sie, Kollege STEFAN, sagen, man muss den Mut haben, gegen Völkermord aufzutreten, gerade auch in der Gegenwart, und gegen Diktatoren, die ihre eigene Bevölkerung unterdrücken und Minderheiten in ihrem Land verfolgen und zum Teil ermorden, dann würde ich Sie bitten, das einfache Parteimitglied Ihrer Bewegung darauf aufmerksam zu machen. Vielleicht kann man ihn, wenn er das nächste Mal einem Tyrannen und Diktator die freundlichsten Grüße des österreichischen Volks überbringt, daran erinnern, dass er auch die Chuzpe haben sollte, sich beispielsweise gegen den Völkermord im Irak auszusprechen. - Also wenn Sie uns solche Vorschläge machen, bitten wir Sie, das auch in der eigenen Partei zu beherzigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Gemeinderäten der GRÜNEN.)

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Sozialdemokraten werden dem vorliegenden Akt auf jeden Fall zustimmen. Es geht in diesem Akt darum, dass die Österreichische Gesellschaft für Zeitgeschichte gemeinsam mit dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien ein Symposion in Begleitung zur Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" durchführt. Und in der Tat ist das auch eine gute und richtige Maßnahme, damit ein Thema, das sehr stark emotionalisiert ist, wissenschaftlich bearbeitet werden kann und hier gemeinsam über die Vergangenheit unseres Landes und auch vieler Menschen unseres Landes diskutiert werden kann. Diese Emotionalitäten gibt es nicht erst seit der so genannten Wehrmachtsausstellung, diese Emotionalitäten hat es schon im Präsidentschaftswahlkampf gegeben, in dem vor allem die Frage, welche Rolle der Wehrmachtsoffizier Waldheim gespielt hat, in der österreichischen Bevölkerung ein Thema war. Von da her ist es richtig zu versuchen, Emotionen, die es in unserem Land gibt, auch wissenschaftlich zu bearbeiten, sie auch zu prüfen, verschiedene Standpunkte einfließen zu lassen und sich auch anzusehen, wie nicht nur die Generation, die damals diese Schrecknisse des Naziregimes erleiden musste, damit umgeht, sondern wie auch nachfolgende Generationen mit dieser Geschichte umgehen, und auch, welche Lehren man aus dieser Geschichte ziehen kann.

 

Sicher keine richtige Konsequenz aus diesen Lehren ist es beispielsweise, den Jugendgerichtshof zu schließen, eine Einrichtung, die sich vor allem auch darum kümmert, Skinheads oder Menschen, die ein besonderes Aggressionspotenzial haben, zu betreuen. Auch da, denke ich, gibt es Möglichkeiten, auch in der Gegenwart darüber nachzudenken, wie man den heutigen Generationen diese Situationen ersparen kann.

 

Die so genannte Wehrmachtsausstellung ist erfreulicherweise sehr gut besucht. Es sind in den ersten zwei Wochen rund 9 500 Personen in die Ausstellung gekommen. Rund 3 900 haben Führungen besucht, davon 3 540 Schülerinnen und Schüler in insgesamt 180 Schulklassen.

 

Und in diesem Zusammenhang gibt es schon ein großes Anliegen: Da Sie sagen, dass sich gerade auch die heutige Generation kritisch mit der Ausstellung auseinander setzen soll - ich bin immer dafür, sich kritisch mit allem auseinander zu setzen, auch mit Ausstellungen, und gerade auch mit historischen Ausstellungen -, ist es mir umso unverständlicher, dass das Bildungsministerium einem Ansuchen der Ausstellungsgestalter, die Führungen für Schulklassen finanziell zu unterstützen, nicht nachgekommen ist, obwohl den Ausstellungsgestaltern das in Aussicht gestellt wurde und dann erst sehr knapp vor der Ausstellung, im März, vom Bildungsministerium abgesagt wurde. Da hätte ich eine große Chance gewittert, auch Schulklassen, Schülerinnen und Schüler, mit der Ausstellung und mit einem Teil unserer Geschichte zu konfrontieren.

 

Dass man auch einen anderen Weg gehen kann, hat Herr StR Dr Mailath-Pokorny sehr gut bewiesen, indem die Möglichkeit geschaffen wurde, dass Schulklassen gemeinsam mit Zeitzeugen aus einem Pensionistenwohnhaus über diese Vergangenheit diskutieren und gemeinsam auch Erfahrungen behandeln. Das ist zugegebenermaßen sehr subjektiv und hängt auch damit zusammen, welche Erfahrungen diese Zeitzeugen einbringen, hat aber den Vorteil, dass es einen direkten Kontakt zwischen den Generationen gibt und dass die Schülerinnen und Schüler auch Gelegenheit haben, auch bei ehemaligen Wehrmachtsangehörigen nachzufragen, wie sie sich selbst in dieser Situation bewegt haben. - Umso bedauerlicher ist eigentlich diese Absage des Bildungsministeriums.

 

Wenn wir die Konsequenzen für die heutige Zeit überprüfen und überlegen, welche Konsequenzen wir aus dieser leidvollen Vergangenheit, die auch viele Österreicherinnen und Österreicher erleiden mussten, ziehen, dann können wir feststellen, dass zweifellos unsere Verfassung ein Garant dafür ist, dass das nicht zu geschehen hat. Wir haben heute auch schon von Kollegin Vassilakou gehört, dass wir uns dafür auch gemeinsam einsetzen wollen, dass es keine neonazistischen Betätigungen in unserer Stadt mehr gibt. Dem kann ich nur zustimmen.

 

Ich denke, es wären auch der Innenminister und die Bundesregierung gut beraten, die verschiedensten gesetzlichen Bestimmungen so auszulegen, wie es in der Verfassung vorgesehen ist. Hiefür gibt es auch positive Beispiele. Ich denke dabei etwa an die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahre 1984, als die rechtsextreme ANR bei den Hochschülerschaftswahlen kandidieren wollte und der Gerichtshof damals entschieden hat, dass Behörden jeden Rechtsakt im Sinne des Verbotsgesetzes zu prüfen und entsprechend zu entscheiden haben.

 

Und bei diesem Entscheid des Verfassungsgerichtshofs ist auch der antifaschistische Geist unserer Bundesverfassung in besonderer Weise betont worden. Ich denke, es gibt durchaus Möglichkeiten, auch die gesetzlichen Bestimmungen entsprechend unserer Bundesverfassung, entsprechend dem Verbotsgesetz auszudeuten, damit es eben zu keinen wiederholten Fällen von Aktivitäten und Aufmärschen von neonazistischen Gruppen und Organisationen kommt.

 

Und wenn Sie, Kollege STEFAN, darauf hingewiesen

 

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