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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 99

 

im Millenium-Tower. Wo schauen sich die Leute die Büromöbel an? - Dort in den Schauräumen. Oder Sie haben - wie Agip etwa im Millenium-Tower und viele andere könnte man noch nennen - Unternehmen, die schlicht und einfach viele Außendienstmitarbeiter haben, die auf ihr Kfz angewiesen sind. Das heißt, gerade bei Hochhäusern ist logischerweise zu erwarten, dass mehr Stellplätze errichtet werden müssen, als laut Wiener Bauordnung vorgeschrieben werden.

 

Wir gehen jetzt den entgegengesetzten Weg und das wird dazu führen - das wage ich einmal heute hier zu prophezeien, wir werden es in ein paar Jahren ja evaluieren können -, dass Betriebe ins Umland auswandern, dass Bürogebäude in vermehrtem Maße außerhalb der Wiener Stadtgrenzen errichtet werden, uns also Wertschöpfung und Arbeitsplätze verloren gehen, und dass viele Immobilienprojekte eben auf Grund dieser 25-Prozent-Verordnung erst gar nicht angegangen werden. Das kostet uns auch von der Bauseite her eine ganze Reihe von Arbeitsplätzen, meine Damen und Herren. Und das ist auch der wichtigste Punkt in diesem Konzept, warum wir es letzten Endes ablehnen.

 

Die Punkte 3 und 4 betreffen den Wettbewerb, der stattzufinden hat, die Beschattungswirkung, der 5. Punkt die technische und soziale Infrastruktur - ein absoluter Gummiparagraph, mit dem übrigens alles oder nichts möglich ist, wenn Sie sich die Formulierung genau durchlesen.

 

Der Punkt 6 ist wieder etwas interessanter und wurde von Chorherr auch schon angesprochen. Er betrifft den sozialen und öffentlichen Nutzen. Da gibt es zwei Unterpunkte dazu: Zum einen, wie schon erwähnt, die Partizipation am Widmungsgewinn. Ja, meine Damen und Herren, mit Hochhäusern, mit einer sehr dichten Verbauung, mit hohen Mieten lässt sich durchaus gutes Geld verdienen. Ja, auch die ÖVP ist der Meinung, dass die Stadt an diesen Widmungsgewinnen mitpartizipieren sollte. Das ist etwa, wenn Sie so wollen, im Urland des Kapitalismus, in Amerika, gang und gäbe. Dort gibt es in vielen Städten eine Art Abgabe für Widmungsgewinn. Wenn also die Stadt durch eine höherwertige Widmung einen Gewinn für den Investor schafft - das muss nicht nur ein Hochhaus sein, das kann auch durchaus eine horizontale Verbauung sein-, dann wird darauf eine wie immer man es auch nennt Art Abgabe, Steuer, was auch immer, eingehoben.

 

Ähnliches schwebt ja natürlich auch Wien vor. Das ist auch meiner Meinung nach aus Sicht der Stadt nicht nur zulässig, sondern notwendig. Allerdings geschieht es bei uns auch weiterhin, auch wenn es hier wenigstens einmal festgeschrieben wurde, in einer Grauzone.

 

Es wird zwischen Stadt Wien, zwischen dem Stadtrat und dem Investor verhandelt. Na was muss er jetzt machen, der Immobilieninvestor? Muss er eine Schule bauen oder muss er einen Park schaffen? - Es ist alles im Graubereich. Es ist leider nicht kodifiziert worden. Uns und auch der Bau- und Immobilienwirtschaft logischerweise wäre eine Festschreibung viel angenehmer, weil man dann mit wirklich echten kalkulatorischen Größen operieren könnte.

 

Der zweite Unterpunkt beim sozialen und öffentlichen Nutzen, der in diesem Hochhauskonzept besonders störend ist und für uns auch einen echten Knackpunkt darstellt, ist der mögliche Eingriff der Stadt in die Nutzung des Gebäudes. Das ist sehr kritisch anzusehen und bedeutet in der Praxis, ein Developer baut ein Hochhaus und die Stadt Wien sagt, die letzten drei Stockwerke müssen für eine Aussichtsterrasse, für - jetzt übertreibe ich einmal - einen Kindergarten oder was auch immer verwendet werden.

 

Dagegen gibt es jetzt verschiedenste Argumente, warum das sehr sensibel und schwierig ist. Ich sage Ihnen aber nur ein einziges, das, glaube ich, wirklich verständlich ist: Wenn Sie sich den Ares-Tower und den IZD anschauen, so ist im Ares-Tower in den obersten Stockwerken die japanische Vertretung bei der UNO und im IZD-Tower die amerikanische Vertretung bei der UNO und bei anderen dort ansässigen internationalen Behörden.

 

Glauben Sie, die Amerikaner hätten sich dorthin gesetzt, wenn die obersten Stockwerke frei zugänglich wären? - Völlig unmöglich. Das ist aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen! Und jetzt gehe ich einen Schritt zurück und sage, es müssen ja nicht nur diplomatische Vertretungen sein, sondern es geht ja auch bei vielen Firmen um wirtschaftliche Geheimnisse. Also, ein generelles Aufmachen des Turms für die Öffentlichkeit, so lange das nicht von vornherein von den Developern im Bau vorgesehen und erwünscht ist, kann wirklich zu einer wirtschaftlichen Katastrophe für das Gebäude führen. Im Übrigen glaube ich, dass es nicht unbedingt dem privatwirtschaftlichen Gedanken entspricht, wenn die Stadt vorschreibt, wie ein Gebäude zu nutzen ist. Das war für uns der zweite große Knackpunkt in diesem Hochhauskonzept.

 

Die Nummern 7 und 8 betreffen die Nachhaltigkeit der Nutzung, die Sanierung und den Abbruch, wobei das eigentlich obsolet sein müsste. Also dass wir im Hochhauskonzept jetzt schon auf den Abbruch eingehen, halte ich für etwas übertrieben, denn wenn wir nämlich vertrauen und wenn vor allem Sie in dieses Hochhauskonzept und in seine Wirkung Vertrauen haben, dann müssen wir über den Abbruch eh nicht mehr diskutieren.

 

In der Konzeptwerdung und in den Gesprächen dazu wurde immer auf die bisherigen Gebäude, die so schlecht ausschauen oder so übel gebaut sind, Bezug genommen. Na genau das versuchen wir zu verhindern. Also, das sollte eigentlich in Zukunft mit dem Konzept eh nicht mehr passieren können. Aber gut, jetzt haben wir es halt trotzdem noch einmal als doppelte Absicherung drinnen.

 

Der Punkt 9 bietet eigentlich auch ein Schmankerl, wenn man es genau liest. Dort steht nämlich, dass die bauliche Realisierung projektgemäß erfolgen muss und durch eine begleitende Qualitätskontrolle sichergestellt werden muss. Also offensichtlich hat hier die Stadtplanung nicht sehr viel Vertrauen in die Baupolizei, der ja diese Aufgabe eigentlich zukommen würde, dass das

 

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