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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 81

 

Herren, es gibt keinen Widmungsskandal in Wien! Das kann man klar und deutlich sagen. Es gibt noch keinen Widmungsskandal in Wien. Daher ist es falsch, es ist irreführend, es ist politisch ebenfalls äußerst unfair und zeigt von schlechter Politik, wenn man durch solche Titel schon vorweg die Verfahren, die jetzt anstehen, nämlich das Disziplinarverfahren und das Untersuchungsverfahren, präjudiziert.

 

Was es gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Bericht des Kontrollamts, in dem in fünf Fällen Ordnungswidrigkeiten festgehalten sind, als Tatsachenbericht. Aber es gibt nach Ansicht des Kontrollamts keine Gesetzesbrüche, das muss ich Ihnen von den beiden anderen Oppositionsparteien klar und deutlich sagen.

 

Denn ein Gesetzesbruch wäre ein Offizialdelikt und dieses müsste zumindest oder spätestens der Herr Bürgermeister bereits zur Anzeige gebracht haben, wenn es nach der Strafprozessordnung geht. (GR Andreas Schieder: Der Staatsanwalt!) Offizialdelikt: beim Staatsanwalt zur Anzeige zu bringen; Strafprozessordnung: Bürgermeister ist dafür zuständig - nur damit das klar ist. Es gibt also offensichtlich den Vorwurf des Gesetzesbruches nicht, und er wird vom Kontrollamt auch nur mit dem Konjunktiv umschrieben: "möglicherweise" oder "könnte der Abteilungsleiter einen Gesetzesbruch geduldet haben", so steht es im Kontrollamtsbericht drin.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere daran - in vielen Redebeiträgen wurde das alles schon als Tatsache dargestellt -, dass das Kontrollamt nicht nach der Inquisitionsprozessordnung, nämlich Ankläger und Richter in einem zu sein, agiert, sondern klar und deutlich Tatbestände feststellt und diese berichtet. Es gibt darüber noch keinen Urteilsspruch und es sind auch die Kontrollamtsberichte nicht - so wie der Schiedsrichterpfiff - eine Tatsachenfeststellung. So ist es nicht.

 

Ich warne daher meine Kollegen von den Freiheitlichen und von den Grün-Alternativen davor, dass die erste Untersuchungskommission, die dieses Haus beschließt, schon im Vorfeld - und das ist heute geschehen - für ein politisches Spektakel herangezogen wird. Denn sonst wird es ein politisches Debakel für diejenigen, die das in dieser Art und Weise abhandeln werden. (Beifall bei der ÖVP.) Wir von der Volkspartei wollen, dass das Ganze ordentlich und gesetzeskonform über die Bühne geht.

 

Ich darf jetzt, damit es nicht immer so im Raum steht, noch kurz einen Ausflug in Bereiche machen, die die Stadtplanung als Ganzes betreffen. Die Stadtplanung ist eine oder ist die Querschnittsmaterie schlechthin. Alle anderen politischen Entscheidungen fließen dort ein und werden mit Hilfe der Flächenwidmungsplanung als Instrument umgesetzt. Soziale Entscheidungen, kulturelle, wirtschaftliche, infrastrukturelle Entscheidungen, der ganze Bereich des politischen Handlungswesens wird mit einem Instrument, das Flächenwidmungsplanung heißt, in irgendeiner Form durchzusetzen versucht.

 

Denken Sie nur daran, dass in den Jahren 1990 bis 1995 - jetzt kann ich schon sagen: des vorigen Jahrhunderts - diese Annahme, die sich nachher als falsch herausgestellt hat, im Vordergrund gestanden ist: Wir brauchen Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen, 10 000 im Jahr sind nicht einmal genug! - Es wurden riesige Gebiete - denken Sie nur an das gesamte Donaufeld im 21, 22. Bezirk - gewidmet, alles wurde auf Wohnbau umgewidmet, hohe Häuser wurden dort gewidmet. Das alles war zuvor Grünland, meine Damen und Herren! Alles wurde gewidmet, weil der politische Wille da war, Wohnungen zu schaffen, Wohnraum zu schaffen und billigen Wohnraum zu schaffen. Das heißt, man hat hoch aufgezont, damit auch der Grundanteil dieser Wohnungen relativ gering ist.

 

In dieser Zeit hat man völlig übersehen, dass Zehntausende Betriebe aus dieser Stadt ausgewandert sind, weil sie einer anderen politischen Flächenwidmungsplanung zum Opfer gefallen sind, nämlich jener der Hofentkernung. In einem Voraus-Gehorsam hat man sozusagen schon grüne Ideen realisiert: überall grüne Innenhöfe. Das ist ja wunderschön, aber was haben die Betriebe getan, die dort früher Magazine, Werkstätten et cetera gehabt hatten? - Sie sind aus Wien hinausgegangen.

 

Das war das Ergebnis dieser Widmungsvorstellungen, spricht Umsetzung einer generellen politischen Haltung. Sehen Sie die Flächenwidmungsplanung jetzt auch einmal so, wie stark hier nicht der rein formale Vorgang des Flächenwidmens im Vordergrund steht, sondern wie stark eigentlich die Umsetzung des politischen Willens, des Mainstreams des politischen Willens, im Vordergrund steht.

 

Dann haben der WWFF und diese Stadt - und unsere Stadt tut es heute noch - wahnsinnig viel Geld investiert, damit dieser Standort Wien wieder etwas besser wird und damit wir die Betriebe wieder hereinbekommen. Aber zuvor haben wir ihnen die Basis genommen, dass sie sich entwickeln können. Zuvor wurde von Betriebsbaugebiet auf gemischtes Baugebiet umgewidmet, was bei der Betriebsanlagenbewilligung unglaublich viel mehr an Schwierigkeiten in Bezug auf Emissionen und alle diese Dingen gebracht hat. Bedenken Sie das einmal, wenn Sie über Flächenwidmungsplanung reden, und nicht nur, in welchem Ablauf ein Beamter möglicherweise seine Pflichten verletzt hat.

 

Immer müssen die Instrumente der Flächenwidmungsplanung dafür herhalten. Das führt letztendlich dazu, dass ein großer Ermessensspielraum im beamteten Bereich vorhanden ist. Dieser Ermessensspielraum besteht insbesondere beim Abteilungsleiter. Ich habe auch - und das habe ich im Kontrollausschuss ebenfalls erwähnt - noch nirgends sonst erlebt, wie die Abteilungsleiter unmittelbar ihre Mitarbeiter führen. Na klar, der hohe Ermessensspielraum bedarf natürlich auch der unmittelbaren Führung und Umsetzung der politischen Interessen dieser Stadt. Ich muss das noch einmal sagen. Es bleibt daher die Dienst-

 

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