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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 81

 

Anfrage abzuklären, wie es möglich war, dass über Jahre hinweg alle Kontrollmechanismen in dieser Stadt versagt haben. Aber auch um abzuklären, wer die politische Verantwortung für diesen Skandal trägt. Um abzuklären, warum eigentlich seit dem August 2000, nachdem von uns das öffentlich gemacht wurde, es offensichtlich keine Schritte von Seiten der politisch Verantwortlichen gegeben hat, um aufzuklären, was da passiert ist. Aber auch um zu hinterfragen, welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen gegen den ehemaligen Leiter der MA 21B eingeleitet wurden, beziehungsweise, und das ist auch ein wichtiger Punkt in dieser dringlichen Anfrage, welche Zugeständnisse im Zuge der Pensionierung dem ehemaligen Leiter der MA 21B gemacht wurden, wie etwa Sonderzahlungen oder Vorrückungen oder andere Begünstigungen, um ihm den Weg in die Pension zu erleichtern.

 

Ich möchte nur an Hand von zwei Beispielen begründen, warum wir zu dieser dringlichen Anfrage kommen und warum wir der Meinung sind, dass die Kontrollmechanismen in dieser Stadt in diesem Bereich versagt haben und es notwendig ist, im Zusammenhang mit diesem Widmungsskandal auch die politische Verantwortung zu klären, vor allem zu klären, wer wann was gewusst hat oder was Sie, Herr Bürgermeister, unternommen haben, nachdem Sie davon in Kenntnis gesetzt wurden, dass es diese Missstände im Haus gibt, wiewohl - das möchte ich hier anmerken, nicht so wie es Herr StR Schicker heute in der Früh gesagt hat - eine von drei Abteilungen hier versagt hat. Das heißt, der Leiter einer Abteilung hat versagt, nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort tätig sind. Das ist ganz wichtig, denn offensichtlich wurden Hinweise von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über Jahre hindurch ignoriert beziehungsweise nicht ernst genommen.

 

Ich möchte nur einen Punkt etwas genauer beleuchten, um zu zeigen, dass offensichtlich auch hochrangigen Beamten im Hause nicht Glauben geschenkt wurde, auch nicht von den politisch Verantwortlichen. Bei besagter Flächenwidmung Atzgersdorfer Friedhof hat es am Anfang ein Rechtsgutachten aus der MD, aus dem Verfassungs- und Rechtsmittelbüro, gegeben, wo ganz klar festgehalten wurde, dass die Vorgangsweise, die von diesem besagter Leiter der MA 21B gewählt wird, so nicht rechtens ist. Dieser besagte Leiter, der mittlerweile in Pension ist, hat dieses Rechtsgutachten nicht zur Kenntnis genommen. Jetzt frage ich mich, welche Konsequenzen sich für einen politisch Verantwortlichen, aber auch für einen dienstrechtlich Verantwortlichen in diesem Hause ergeben?

 

Zweiter Versuch dieses besagten Obersenatsrats: Er beauftragt die MA 64 mit einem Gutachten. Die MD-VfR bekommt dieses Gutachten ebenfalls und erklärt der MA 64, dass sie auf der einen Seite nicht zuständig ist und in Zukunft bei solchen Fragen die Stellungnahme der MA 64 vorher dem Verfassungs- und Rechtsmittelbüro vorgelegt werden muss, weil es offensichtlich inhaltlich schwere Diskrepanzen gibt. Der besagte Leiter der MA 21B nimmt auch das nicht zur Kenntnis. Wieder stellt sich die Frage, warum sowohl der fachlich als auch der in Disziplinarfragen verantwortliche Stadtrat beziehungsweise Bürgermeister nicht auf dieses Fehlverhalten dieses leitenden Beamten reagiert.

 

Aber es kommt noch besser: Dieser besagte Beamte startet einen dritten Versuch, um sich mit einem Gutachten zu legitimieren, eine Maßnahme, die vom Kontrollamt jetzt im Nachhinein als nicht konform den Vorlagen des Gesetzes und nicht konform den Spielregeln bei den Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen gesehen wird. Dieser besagte Obersenatsrat beauftragt - oder soll ich besser sagen, bestellt sich? - ein externes Gutachten und versucht, mit diesem externen Gutachten in einem dritten Anlauf die politisch Verantwortlichen davon zu überzeugen, dass seine Vorgangsweise die richtige wäre und alle anderen, die für Rechtsfragen hier im Hause zuständig sind, sich irren und falsch liegen würden. Und auch jetzt versagen sowohl die fachliche als auch die disziplinarrechtliche Aufsicht hier im Hause und alle Kontrollmechanismen. Es ist nicht zu verstehen, dass auf der einen Seite von Seiten der Magistratsdirektion abwärts - da ist einmal auch der Bürgermeister in die Pflicht zu nehmen - gegen diesen Beamten nicht vorgegangen wurde und auf der anderen Seite auch die Fachabteilung und der zuständige Stadtrat sich nicht in die Lage versetzt haben, eine Vorgehensweise zu finden und diesem Treiben Einhalt zu gebieten.

 

Aber es geht noch weiter, was ja nicht verborgen bleiben kann, sowohl den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Vorgesetzten in der Stadtbaudirektion, aber auch den fachlich und disziplinär beschäftigten Politikern. Das Geschäftsstück kommt als Nachtrag an einem Fenstertag auf die Tagesordnung für den Fachbeirat. Der Zufall will es so, dass dieser besagte Obersenatsrat gleichzeitig der Schriftführer in diesem Fachbeirat ist, der für die Tagesordnung zuständig ist. Er erstellt die Tagesordnung und als letzter Tagesordnungspunkt, wo fast niemand mehr von den Fachbeiratsmitgliedern anwesend ist, wird mit knapper Mehrheit entschieden, dass ein Teilbereich beim Atzgersdorfer Friedhof verbaut werden kann. Von dieser Vorgangsweise waren einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Hause informiert. Wir wissen, dass sogar welche bei dieser Beiratssitzung anwesend gewesen sind. Wir wissen aber auch, dass sowohl der fachlich zuständige Stadtrat als auch Personen, die in der Diskussion im Bezirk auf der politischen Ebene eingebunden waren, von dieser Vorgangsweise gewusst haben.

 

Jetzt stellt sich die Frage, wie es möglich war, dass über viele Jahre hinweg die Kontrollmechanismen versagt haben. War es ein Wegschauen vor einem Beamten, dem man offensichtlich fälschlicherweise blind vertraut hat? War es ein Wegschauen, weil man der Meinung war, dass das, was gemacht wird, schon seine Ordnung haben wird? Oder war es ein Wegschauen von den vielen Hinweisen,

 

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