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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 81

 

sagt eine unabhängige Kommission, von mehr als 1 400 Bildern in einer Ausstellung, die den Titel "Wehrmacht" trägt, wären nicht zu zeigen. Das heißt nicht, dass sie falsch waren oder dass sie aus dem Zusammenhang gerissen waren, aber dass sie in einer Ausstellung, die sich mit der Wehrmacht beschäftigt, nicht zu zeigen wären. Das nur zur Quantität.

 

Und ich kann vielleicht auch ganz kurz zitieren aus diesem Expertengutachten: "Die Recherchen haben bestätigt, dass von den 1 433 Fotografien der Ausstellung weniger als 20 Fotos nicht in eine Ausstellung über die Wehrmacht gehören." - Das vielleicht nur zu der "Katastrophe" - unter Anführungszeichen -, von der Sie gesprochen haben.

 

Aber ich möchte, bevor ich zur jetzigen Ausstellung spreche, deren Unterstützung wir jetzt beschließen wollen, vielleicht noch eine Anekdote oder ein persönliches Erlebnis, das ich mit dieser ersten Ausstellung gehabt habe, Ihnen nicht vorenthalten. Denn in der Tat war die erste Ausstellung sicher mit Schwächen behaftet. Sie hat aber das große Verdienst gehabt, dass das Thema das erste Mal auch in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt wurde. Es wurde ja auch ein sehr interessanter Film beispielsweise gemacht von der Ruth Beckermann "Jenseits des Krieges", wo sie gezeigt hat, wie betroffen viele Wehrmachtsangehörige durch diese Ausstellung waren, die einfach ihr persönliches Schicksal und auch die Drucksituation, in der sie selbst gestanden sind, in dieser Ausstellung aufgearbeitet gefunden haben. Und da hat es nicht nur Wehrmachtsangehörige gegeben, die gesagt haben, pfui, das gehört nicht hierher, sondern der Großteil der Besucher hat gemeint, dass es eigentlich an der Zeit ist und auch für sie befreiend ist, dass man sich mit diesem Thema auseinander setzt und sich auch kritisch diesem Thema stellt.

 

Aber von meiner persönlichen Erfahrung möchte ich Ihnen von einer Podiumsdiskussion, die im Rahmen der ersten Ausstellung stattgefunden hat, berichten, wo einer der Diskussionsredner, nämlich der damalige NR Gudenus, sich geäußert hat über die Existenz der Gaskammern. Er hat das dann noch weiter vertreten in einem Interview, hat gemeint, na ja, wenn das ein Dogma ist, dann wäre er schon bereit, zuzugeben und sich der Meinung anzunehmen, dass es Gaskammern gegeben hat. Aber es war herauszuhören: Eigentlich ist er der Auffassung, dass dem nicht so ist. Das war offensichtlich sogar der Parteiführung in der FPÖ zu steil, und wie wir alle wissen, musste ja NR Gudenus sein Mandat auf Grund dieser Diskussion und dieses Interviews niederlegen. Er ist dann später zwar wieder im Bundesrat aufgetaucht, aber es hat doch gezeigt, dass diese Auseinandersetzung und die Haltung, die zu den Verbrechen, die in dieser Zeit geschehen sind, in der Nazidiktatur, im Zweiten Weltkrieg, nicht nur eine Auseinandersetzung der Vergangenheit ist, sondern dass es sehr wohl auch eine Auseinandersetzung der Gegenwart ist und die Frage stellt, wie wir heute diese Zeit einschätzen und wie wir heute mit dieser Zeit umgehen - eine Frage, und ich denke, Kollege STEFAN, der Sie sich und Ihre Partei zweifellos auch stellen sollten. (Beifall bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)

 

Die Kritikpunkte an der ersten Ausstellung sind ja angeführt worden. Es sind einige wenige Bilder gewesen, die falsch zugeordnet waren.

 

Aber nicht nur das. Sie haben den Dr Neugebauer angesprochen, der mit der Art und Weise der Ausstellung nicht ganz einverstanden war, der ersten Ausstellung, weil er gemeint hat, dass die - unter Anführungszeichen - "Totalität des Bildes" zu stark wirkt und dass man eigentlich stärker auch Texte, Erklärungen und den Versuch unternehmen sollte, auch Dokumente mit einzubringen. Das ist in der zweiten Ausstellung jetzt zu sehen. Man hat die Totalität der Bilder zurückgenommen. Es wird sehr viel mehr mit Texten gearbeitet. Es wird auch methodisch anders aufbereitet, versucht, vor allem Jugendliche anzusprechen, mit Einsatz von CD-ROMs und vielen anderem mehr. Das bringt natürlich die Gefahr mit sich, dass die Medien vielleicht nicht so stark reagieren, aber hat doch den Vorteil und die Möglichkeit, sich mit diesem Thema noch stärker auseinander zu setzen und sich darin zu vertiefen.

 

Und das hat der größte Kritiker der ersten Ausstellung, der polnische Historiker Bogdan Musial, jetzt in einem Interview auch bestätigt, und er hat gemeint, dass die jetzige Ausstellung tief beeindruckend ist und dass er auch von der Richtigkeit der Aussage überzeugt ist.

 

Wenngleich man an der Stelle sagen muss, dass die Aussage der ersten Ausstellung von keinem Historiker und eigentlich auch von keinen ernst zu nehmenden Wissenschaftlern in Frage gestellt wurde. Es war nur die Frage der methodischen Umsetzung, und die ist, wie ich meine, jetzt hervorragend gelöst.

 

Wenn wir den Anspruch haben, aus der Vergangenheit zu lernen und auch diesen schlimmen Abschnitt der europäischen Geschichte herauszunehmen, und die Deutsche Wehrmacht war ja keine Armee Österreichs, sondern es sind Österreicher gezwungen worden, in dieser Wehrmacht Dienst zu tun und die meisten haben das nicht freiwillig, sondern unter Druck getan und haben zu einem großen Teil auch ihre Jugend entweder verloren oder sehr stark beeinträchtigt bekommen, so halte ich es für unzulässig, wenn Sie immer versuchen, die gesamte Kriegsgeneration zu vereinnahmen und es so darzustellen, als würden sich alle Menschen automatisch, egal welche Herangehensweise und welche politische Haltung sie in dieser Zeit eingenommen haben, mit den Zielen der Deutschen Wehrmacht identifizieren. Das ist überhaupt nicht richtig. Es hat viele Menschen gegeben, die einen Weg gefunden haben, in dieser Deutschen Wehrmacht nicht zu dienen, die unsere große Bewunderung verdienen, weil das mit besonderer Zivilcourage verbunden war. Und es hat viele in der Wehrmacht gegeben, auch Österreicher,

 

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