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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 01.2.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 94

 

fallwirtschaftspolitik dieser Stadtregierung, die wir als Opposition sicherlich nicht hinnehmen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben es anlässlich der Beschlussfassung des Abfallwirtschaftsplans bereits gesagt: Das vorliegende Ergebnis der Strategischen Umweltprüfung ist in seiner Großkonzeption sicherlich eine gute Entscheidungsgrundlage, aber was wir vermissen, sind entsprechende konkrete Maßnahmenbündel. Uns genügt es nicht, einfach abfallwirtschaftliche Wunschvorstellungen anzukündigen, um damit die Entscheidung für die Errichtung der dritten Müllverbrennungsanlage zu legitimieren.

 

Noch etwas möchte ich unbedingt betonen: dass wir die Expertenmeinungen und -entscheidungen durchaus hoch einschätzen, aber es geht um die Vorgangsweise und vor allem um die Zeitplanung, und, Frau Stadträtin, auch in der Umweltpolitik können Ihnen Experten die Entscheidungen nicht abnehmen. Dafür ist der jetzige Stand der Diskussion um die Müllverbrennungsanlage der beste Beweis. Drei Jahre dauert die Entscheidungsfindung schon und jetzt haben wir noch immer keine Standortentscheidung, sondern nur eine Empfehlung.

 

Das muss man einmal festhalten, denn wir warten ja auch in anderen Bereichen auf Expertenurteile. Wenn ich da beispielsweise an die Baumschutzgesetz-Studie denke. Abwarten hat leider in der Umweltpolitik dieses Hauses ein wenig Tradition. Ich denke da nur zum Beispiel an die Bleirohr-Studie, die lange Zeit unter Verschluss gehalten wurde, ehe sie dann StR Faymann verspätet ans Licht der Welt der Welt schickte.

 

Wir verkennen nicht, dass Sie ein schweres Erbe von Ihrem Vorgänger übernehmen mussten, Frau StRin Kossina, und Sie haben halt geglaubt, die Gutachtenflut wird Ihnen politische Entscheidungen ersparen. Nicht nur, dass sich Ihre Hoffnung nicht erfüllt, Sie haben damit versehentlich eine Lawine losgetreten, denn die Diskussion um den Standort einer Müllverbrennungsanlage ist in eine ganz andere Richtung gegangen und bringt ein ganz anderes Ergebnis.

 

Tritt man jetzt relativ vorurteilsfrei an die Standortentscheidung heran und hält sich alle Varianten vor Augen, dann deckt diese Betrachtungsweise vor allem eines auf und bringt ein erschreckendes Ergebnis: Die immer wieder bestrittene Fehlentwicklung einer jahrzehntelang von Ihnen betriebenen Stadterweiterungspolitik bringt es mit sich, dass alle in Frage kommenden Stadtteile derart belastet und überbenutzt sind, dass weitere Ansiedlungen - etwa eine Müllverbrennungsanlage - ohne Bürgerproteste kaum möglich sein werden. Nicht das Vorhaben, eine Müllverbrennungsanlage zu bauen, kann Ihnen als Mehrheitsfraktion vorgeworfen werden - das ist nicht nahe liegend -, sondern Ihre jahrelangen Fehler in der Stadtplanung, die nicht im Stande war, ein entsprechendes städtebauliches Konzept für die Ent- und Versorgungseinrichtungen dieser Stadt zu entwickeln.

 

Ich kann Ihnen das anhand der in Frage kommenden Standorte ganz leicht belegen. Nehmen wir gleich einmal Simmering. Dort sorgt die EBS für die Dauerbelastung der Bürger. Der dortige Bezirksvorsteher weiß davon ein Lied zu singen und wird auch mit seinen Bürgern sicher noch ein Wort zu sprechen haben.

 

Dann die Donaustadt. Da ich dort Mandatar bin, kann ich Ihnen aus eigener Anschauung über das tägliche Verkehrschaos berichten - ich hatte heute schon einmal die Gelegenheit, darüber zu reden -, das mit der Errichtung der MA-48-Zentrale Hirschstetten sicher nicht besser werden wird. Noch dazu - das darf man auch nicht vergessen - gibt es in der Donaustadt - noch, sage ich - die Deponie Rautenweg, die auch nicht gerade verkehrsentlastend wirkt.

 

Aber auch Liesing hat seine Probleme mit dem Verkehrschaos. Größere Verkehrsverursacher sind dort unter anderem der Großmarkt Inzersdorf und zusätzlich sind dort ein Postverteilzentrum sowie der Güterterminal geplant.

 

Favoriten ist durch die Bauverzögerung bei der B 301 ebenfalls mit großen Verkehrsproblemen konfrontiert und die Bezirksbürger werden wohl kaum ein Interesse daran haben, mit bis zu 40 Müllfahrzeugen und -fahrten pro Stunde, die eine Müllverbrennungsanlage verursacht, beglückt zu werden.

 

Angesichts dieser Situation denkt die Bevölkerung gar nicht daran, weitere Belastungen auf sich zu nehmen. Jetzt, wo die Stadtränder mit solchen an sich notwendigen Einrichtungen vollgepflastert wurden, kommt man drauf, dass gar kein neuer Platz vorhanden ist. Der Ablauf der Diskussion um die Müllverbrennungsanlage ist für uns ein Lern- und Lehrstück für das Zurück ins Rote Wien, des politischen Stillstands und einer gewissen Konzeptlosigkeit.

 

Frau Kossina! Ihr Vorgänger hat sich das "Mach' ma schon!" zur politischen Leitlinie erkoren, die jetzige Stadtregierung dürfte bei Karl Farkas Anleihe genommen haben, der bekanntlich immer nur sagte: Na schau ma uns das halt an! Dieser Ausspruch mag einem Kabarettisten anstehen, doch er darf nicht zur politischen Haltung werden.

 

Diese Haltung zu einer zukunftssicheren Politik entspricht nicht einer Haltung, wie wir sie goutieren. Die Bundesebene hat Schluss gemacht damit und wir sind uns dessen gewiss, dass es mit der Politik auch in Wien - ich hoffe es - eines Tages so sein wird. Daran werden wir als Oppositionspartei ganz sicher weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zum Abschluss möchte ich noch einen Beschluss- und Resolutionsantrag unserer Partei einbringen, in dem es um die Nachnutzung des Areals der Müllverbrennungsanlage am Flötzersteig geht. Ich lese den Beschlussantrag vor:

 

"Der Gemeinderat spricht sich dafür aus, planerische Überlegungen für die Nachnutzung des Areals der laut SUP im Falle des Baues einer dritten Müllverbrennungsanlage stillzulegenden Müllverbrennungsanlage Flötzersteig einzuleiten und in absehbarer Zeit die Ergebnisse den Mandataren vorzulegen."

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Ich danke. Als

 

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