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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 99

 

Theaterlandschaft der Nebel immer dichter geworden ist, haben Sie nicht irgendwie die Nebelscheinwerfer der persönlichen Erleuchtung eingeschaltet oder das Tempo ein bisschen reduziert, nein, Sie sind noch einmal aufs Gas gestiegen. Wir stellen hier heute keinen Misstrauensantrag, weil wir Ihnen ja die Chance der Wahrheit geben wollen. Weh dem, der lügt, habe ich heute gesagt, wie irrtümlicherweise übertragen wurde, und wir wissen alle, das Zitat stammt von Grillparzer und nicht von Shakespeare, aber es steht im Raum, weil es geht um Wahrheit.

 

Ja, ich sage es Ihnen ehrlich, Frau Kollegin Winkelbauer, ich putze mich an niemandem ab, ich stehe zu Fehlern, die in meinem Namen ausgesendet wurden, das ist auch eine Stilfrage. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber wenn wir schon beim Thema Stil- und Haltungsfragen sind, ich habe nur eine Bitte. Ich meine, Sie können dem nachkommen oder nicht, Herr Stadtrat, ich hoffe, ich nehme Ihnen jetzt nicht die Hälfte Ihrer eigenen Rede weg, weil worum geht es heute Das ist ja kein Misstrauensantrag, es ist für Sie die Chance, vor Ihrer eigenen Fraktion, da kriegt man immer die strengsten Haltungsnoten, aber auch ein bisschen vor den anderen Fraktionen zu zeigen, wie Sie mit diesem Thema und wie ernst Sie mit diesem Instrumentarium der dringlichen Anfrage umgehen.

 

Sagen Sie nur bitte eines nicht, sagen Sie nicht, Morak war schuld und die blau-schwarze Bundesregierung war schuld, die schwarz-blaue Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es waren Sie, der uns hier allen gesagt hat, Sie müssen ... (Auf einen Zwischenruf von GRin Renate Winklbauer.) Frau Kollegin Winklbauer, brechen Sie nicht die Absprache im SPÖ Klub, dass Sie versuchen sollen, dieses Thema möglichst cool durchzubringen, obgleich ich verstehe, dass Sie es schwer haben.

 

Es waren Sie, Herr Stadtrat, der uns hier im Gemeinderat erklärt hat, es sei gesetzlich notwendig, alle Leitungsfunktionen öffentlich auszuschreiben, statt dass Sie zuvor den Bundesverfassungsdienst gefragt haben, der in einem Gutachten erklärt hat, dass das falsch ist. Es waren Sie, der ausgeschrieben hat, ohne sich mit seinem 50-Prozent Partner, nämlich dem Bund, auseinander zu setzen oder abzusprechen. Es waren Sie, der erst einmal versucht hat, seinen Favoriten Beil mit allen Mitteln durchzubringen, um ihn dann am Schluss allein zu lassen. Es waren Sie, der Hans Gratzer angerufen hat und ihm gesagt hat, er sei es und es waren Sie, der, wie er das dann öffentlich gemacht hat, erklärt hat, er sage nicht die Wahrheit und ihn der unrichtigen Aussage geziehen hat.

 

Sehr geehrter Herr Stadtrat, zeigen Sie Haltung, nutzen Sie die Chance und sagen Sie endlich die Wahrheit. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Zur Beantwortung der dringlichen Anfrage hat sich der amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft, Herr Dr Mailath-Pokorny, gemeldet. - Bitte.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Nun ja, Herr GR Salcher, ich habe Ihnen gestern schon gesagt, das ist natürlich ein bisschen ein Pech mit den Bildern, den Metaphern, die man verwendet, wo ist er, da hinten. Zuerst die virtuellen Aussendungen, die früher draußen sind, als dass man sie eigentlich wirklich begründen kann, dann die Bilder, gestern haben Sie vom Sean Connery der Kulturpolitik gesprochen und den Peter Marboe gemeint. Heute hat es eine Kombination von beiden. Eine frühe Aussendung, ein schlechtes Bild, ein falsches Zitat.

 

Ich meine, dass Sie das korrigiert haben, nachdem ich Peter Marboe darauf hingewiesen habe, ehrt Sie, aber wenn man schon so groß die Weltliteratur bemüht, "Weh dem, der lügt", sagt William Shakespeare, weh dem, der die Unwahrheit sagt und sich dabei erwischen lässt, also, dann sind Sie erwischt worden dabei, wie Sie falsch zitieren und der William Shakespeare ist es mit Sicherheit nicht, sondern der Franz Grillparzer. Nun ja, also man soll schon, wenn man so große Zitate in den Mund nimmt, richtig zitieren und sich dann nicht auch noch extra darauf hinweisen lassen müssen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage gibt mir willkommene Gelegenheit, auch vor dem Wiener Gemeinderat einige Dinge zurechtzurücken, die in den letzten Tagen und Wochen verzerrt dargestellt wurden und mit denen massiv versucht wurde, politisches Kleingeld zu wechseln.

 

In dem einen halben Jahr, seit ich Kulturstadtrat bin, ist es gelungen, eine ganze Reihe von Problemen zu lösen, die davor seit Monaten, wenn nicht sogar seit einem Jahr, unerledigt geblieben sind. Erst Zug um Zug hat sich mir in den Wochen nach meiner Amtsübernahme die lange Liste von ungelösten und liegen gebliebenen Problemen in der Wiener Kulturlandschaft eröffnet, die von der personellen und organisatorischen Situation des Theaters in der Josefstadt, über die personelle und wirtschaftliche Situation des Theaters im Rabenhof, über die unklaren Rechtsverhältnisse im Verein Freie Bühne Wieden bis zu ungelösten Finanzierungsproblemen von ganz wichtigen Projekten, wie dem Kindertheater und dem Kindermuseum, gereicht haben. (GR DDr Bernhard Görg: Wenn Sie das alles gewusst hätten, hätten Sie das Amt angenommen?) Josefstadt, Rabenhof, Freie Bühne Wieden, Kindertheater, Kindermuseum, eine ganze Menge von Projekten, wo jetzt gesagt wird, da konnten wir ja nichts mehr tun, es waren ja bereits Neuwahlen ausgeschrieben. Da frage ich schlicht und einfach, wenn Sie nichts mehr tun konnten, haben Sie dann trotzdem den Gehalt bezogen, haben Sie ihn vielleicht zurückgegeben? - Glaube ich nicht. (GR Dr Matthias Tschirf: Hätten Sie das getan?)

 

Für all das gab es keine Lösungsansätze. Ja, teilweise wurde sogar behauptet, man müsse dafür auch keine Lösungen finden. Ein halbes Jahr später sind wichtige Weichenstellungen einer inhaltlichen und personellen Neugestaltung der Wiener Theaterlandschaft getroffen worden. Mit Hans Gratzer wurde ein

 

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