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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 20.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 125

 

Wir ersuchen jetzt - und zwar im Sinne einer Zuweisung auch dieses Antrags an das Gesundheits- und Spitalswesen -, dass sich die Gemeinde Wien im kommenden Jahr an der Dotierung des Buddy-Vereins für die Infrastrukturmaßnahmen im Ausmaß von 60 Wochenstunden für Personal und die Abdeckung der anfallenden Miet- und Betriebskosten beteiligt.

 

Ich schaue auf die Uhr. Geht es noch, Herr Woller, weil Sie schon so seufzen? - Aber es dauert sowieso lange, egal ob ich noch zwei Anträge einbringe oder nicht.

 

Es geht um die Erstellung eines Wiener Geburtshilfeplans. Denn wenn wir über die alten Menschen nachdenken, so ist es uns nicht egal, wie es zu Beginn des Lebens aussieht. Sie wissen vielleicht, dass in den vergangenen Monaten hier schon Entscheidungen gefallen sind. Die Geburtshilfestation des Sanatoriums Hera wurde geschlossen. Die Frage ist, wie es mit der Semmelweis-Klinik weitergeht, wenn Herr Prof Wagenbichler in Pension geht. Das Geburtshaus Nußdorf ist akut von Existenzsorgen bedroht. Kurz und deutlich gesagt: Nußdorf steht das finanzielle Wasser bis zum Hals, weil Nußdorf ein Projekt ist, in dem es nicht möglich ist, über die Krankenkasse die Geburtskosten abzurechnen.

 

Mir ist schon klar, in erster Linie ist das ein Problem des Gesundheitsministers und der Krankenkassen, aber die Gemeinde Wien hat aus hoffentlich gutem Grund dem Geburtshaus Nußdorf den Gesundheitspreis der Stadt Wien verliehen, also müsste es uns auch wichtig sein, hier Rahmenbedingungen zu schaffen, die auf der einen Seite die Existenz des Projekts sichern und auf der anderen Seite die Notwendigkeit einer qualitativ ganz hochwertigen Versorgung von Risikoschwangerschaften und Risikogeburten.

 

Dieses breite Spektrum soll abgedeckt werden, und zwar so, dass alle, die gut sind, die gute Arbeit bieten, die die Bedürfnisse der Frauen auch tatsächlich erfüllen, in Wien den gesicherten Platz finden, sowohl was die Abdeckung ihrer Leistung als auch ihre örtliche Situation und sozusagen die Perspektive für die gesamte Wiener geburtshilfliche Versorgung betrifft. Ich glaube, dass wir diesen geburtshilflichen Gesamtplan für die Stadt dringend erarbeiten sollten, bevor wir weitere Schließungen - entweder durch Zeitablauf und finanzielle Probleme in Nußdorf oder durch die Pensionierung von Prof Wagenbichler - einfach quasi als Unglück stattfinden lassen sollten. Wir sollten wissen, was wir wollen, wir sollten wissen, was wir brauchen und dann sollten wir politische Entscheidungen treffen.

 

In diesem Sinne beantrage ich die Zuweisung des Antrags "Die Gemeinde Wien möge ein Gesamtkonzept für die geburtshilfliche Versorgung erstellen." in formeller Hinsicht an den Gesundheitsausschuss.

 

Allerletztes: Ein bisschen weg aus Ihrem Ressort, Frau Stadträtin, aber nur ein bisschen. Das ökologische Auftrags- und Beschaffungswesen ist den GRÜNEN eine Kernaufgabe, ein Kernanliegen. Sie wissen, im Klimaschutzprogramm und mit seiner Implementierung im Ökokauf ist dieses ökologisch motivierte Beschaffungswesen auch ein Anliegen der Stadt.

 

Erster Wermutstropfen: Das Budget für 2002 sieht für das Ökokaufprogramm, in dem Kriterien für die ökologische Beschaffung erarbeitet und umgesetzt werden sollen, statt 4 Millionen S nur mehr 1 Million S vor. Das ist ein haariger Aderlass im Budget. Das gefällt uns nicht, denn wir glauben, dass es langfristig nachhaltig Sinn macht, umzustellen auf Beschaffung entlang ökologischer Kriterien und nachhaltiger Strukturen. Aber an allem ist nicht immer die Gemeinde Wien schuld und ganz selten nicht einmal der Bund, manchmal ist es die Europäische Union. Die Europäische Union erarbeitet im Moment zwei Richtlinien. Sie sind gerade in dem Dickicht des Codezisionsverfahrens zwischen Parlament und Rat im Entscheidungsprozess. Diese Richtlinien regeln die künftigen Verfahren der öffentlichen Lieferaufträge, Dienstleistungsaufträge, Bauaufträge und im Bereich der Wasserenergie und Verkehrsversorgung sperrige Dinge. Kurz gesagt, es soll darum gehen, das Prinzip des Bestbieters durch das Prinzip des Billigstbieters zu ersetzen. Ich fasse es jetzt sehr kurz zusammen.

 

Das kann wohl nicht Politik sein, die wir in Wien und hoffentlich auch nicht in Österreich unterstützen wollen! Das Billigstbieterprinzip würde bedeuten, dass Kriterien der Nachhaltigkeit und der ökologischen Orientierung bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen und bei der Erstellung von Vergabezuschlägen plötzlich weniger wiegen als die simple Frage, wer der billigste Bieter ist.

 

Wir wollen, dass die Politik der Gemeinde Wien im Klimaschutzprogramm und im Ökokauf diese Kriterien der ökologischen Bewirtschaftung erfüllt, dass diese Kriterien auch weiterhin handlungsleitende Grundlage unseres Beschaffungswesens sein werden. Sie sind es noch nicht in dem Maß, wie wir das gerne hätten, aber sie sollen es werden und die EU soll uns daran nicht hindern.

 

In diesem Sinne, nachdem die Kuh noch nicht aus dem Stall ist, sondern die Verfahren in der Europäischen Union immer dauern, weil sie sehr lange dauern, bis sich Rat, Parlament und Kommission einigen, ersuchen wir, dass die Gemeinde Wien das Ihre tut, um auf die Institutionen - einerseits der Bund, der auf Ebene der österreichischen Delegation in der Union verhandelt, und andererseits die EU-Institutionen - einzuwirken, die Formulierung ökologischer Kriterien als Grundlage des Beschaffungswesens nicht durch das Billigstbieterprinzip in Frage zu stellen.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrags.

 

Ich bin an den Schluss meiner Wortmeldung gekommen und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Lakatha. Ich erteile es ihr.

 

GRin Ingrid Lakatha (ÖVP-Klub der Bundeshaupt-

 

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