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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 100

 

aus dem Ordinarium des Kulturbudgets kommen, wo sie nämlich ausgerechnet den Schwächsten weggenommen werden, wie Sie ganz genau wissen, sondern, wie bei solchen Entschuldungen immer, durch eine Sonderdotierung der Finanz erfolgen sollen.

 

Das wird jetzt schon ein bisserl ein Offenbarungseid. Ich kenne die Mitglieder des Kulturausschusses, und die müssen sich jetzt fragen, ob sie auf der Seite der Kultur sein wollen oder auf der Seite der Parteipolitik. Denn wenn es dir gelingen sollte, auch nur drei deiner Kulturausschussmitglieder für diesen Antrag zu gewinnen, dann gibt es ja eine Mehrheit und du ersparst dir 9 Millionen S im Budget. Also, ich kann nur hoffen, dass du zumindest dieser Versuchung nicht widerstehen kannst.

 

Ich kann mir auch vorstellen, dass drei von den jetzt, glaube ich, neun Mitgliedern der SPÖ im Kulturausschuss sehr wohl im Grunde ihres Herzens der Meinung sind, dass da seitens der Finanz eingesprungen werden soll, und für diesen Antrag stimmen. Dann gäbe es eine Mehrheit, und ich nehme an, dass uns das allen Freude machen würde, meine Damen und Herren.

 

Zum Schluss kommend etwas, was mir auch rätselhaft ist. Ich weiß nicht, wer den Antrag wirklich gelesen hat. Da steht im eigenen Antrag des Rabenhofs: 70 Spieltage, 25 Prozent Auslastung bei 300 Plätzen. Das heißt, das Theater rechnet mit 70 Besuchern pro Vorstellung. Wissen Sie, wie trostlos ein Theater ist, das nur zu einem Viertel voll ist? - Das steht schon hier im Antrag drinnen, und trotzdem kriegen sie neuerlich 7 Millionen. Also, das steht ja hier schwarz auf weiß.

 

Vorsitzende GR Josefa Tomsik (unterbrechend): Herr Stadtrat, bitte, ich habe die Uhrzeit nicht eingestellt, aber Sie sind in der 21. Minute. - Danke.

 

StR Dr Peter Marboe (fortsetzend): Ich habe geglaubt, ich habe 40 Minuten. Wenn das so ist, dann darf ich zum Schluss kommend die letzte Minute dazu noch verwenden, etwas zu erwähnen: Du hast, Herr Stadtrat, bei der Wiedereröffnung des Schauspielhauses vor zwei Tagen - was mich übrigens sehr gefreut hat - einen sehr schönen Satz gesagt. Du hast gesagt, wir haben heute hier im Schauspielhaus die Zukunft des Wiener Theaters gesehen und hast damit die künstlerische Leistung gemeint.

 

Ich bin deiner Meinung. Wir haben dort unter anderem auch die Zukunft des Wiener Theaters gesehen, weil der Weg zur Besetzung dieses Direktoriums einer war, der genau zu dem Abend vor zwei Tagen geführt hat: mit 77 Bewerbungen, mit totaler Transparenz. Es war nicht so wie beim Rabenhof im Sommer in nur zwei Zeitungen, "Standard" und "Wiener Zeitung". Und das bei einem Theater, das größer ist als das Schauspielhaus, wobei sich in meinen Augen die Frage der EU-Rechtswidrigkeit auftut, weil man so etwas natürlich international ausschreiben muss. Ja, warum denn nur in zwei Zeitungen bei einem Theater wie dem Rabenhof? - Da darf man sich nicht wundern, wenn sich nur 12 oder 13 Leute bewerben, was ja fürchterlich ist. Beim Schauspielhaus waren es 77.

 

Meine Damen und Herren - nur noch kurz, weil ich schon gemahnt wurde -, versuchen Sie nicht, das Rad der Zeit zurückzudrehen! Wir haben jetzt fünf Jahre eine andere Form der Kulturpolitik erlebt. Wir wollen nicht wieder - ich glaube, niemand will das - jährliche Bittstellerei, Entschuldungen, Abhängigkeiten und parteipolitische Gnadenakte, meine Damen und Herren. Wir glauben, dass die Theaterszene in Wien Verlässlichkeit braucht, Partnerschaft braucht, und wenn Sie sich nach diesem, wie ich hoffe, Ausrutscher und nicht Symbolakt einer Systemveränderung dazu bekennen, dann habe ich noch einen Funken von Hoffnung, dass man auch künftighin so wie schon in den letzten Jahren in der ganzen Welt mit Anerkennung von Wien als Theaterstadt spricht. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Ich danke. - Es kommt nun als Nächster Herr GR Mag STEFAN zum Wort. Ich erteile es ihm.

 

GR Mag Harald STEFAN (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!

 

Sozialistische Politik im Kulturbereich als Stückwerk oder doch rote Kulturpolitik mit einem klaren Ziel? - Diese Frage stellt sich immer wieder und gerade aktuell am Beispiel Rabenhoftheater.

 

Die Geschichte des Rabenhoftheaters ist heute schon eingehend beleuchtet worden. Wir wissen, es handelte sich ursprünglich um eine Dependance der Josefstadt, und es war immer klar, dass auf Grund des kleinen Zuschauerraums dort Subventionen notwendig sind. Plötzlich war aber das Geld nicht mehr vorhanden. 6 Millionen S, die notwendig gewesen wären, sind nicht mehr vorhanden. Es wird also eine weitere Unterstützung abgelehnt.

 

Doch dann tritt der Kultursprecher der Sozialisten, GR Woller, auf den Plan und möchte, so wird gemunkelt, ein rotes Bezirkstheater installieren. Als einschlägig bekannter interimistischer Leiter wird der ihm angeblich sehr zugetane - man sagt, er ist ein guter Freund des GR Woller - Welunschek eingesetzt.

 

Zur Person Welunschek: Er ist, wie gesagt, ein braver Roter. Wir haben das auch nach den Wahlen in einer Aussendung lesen dürfen. Ich darf nur kurz zitieren: "Vor allem ich als Sozialdemokrat muss diese Parteilinie begrüßen und mich dafür einsetzen. Ich habe mich im Wahlkampf zur Sozialdemokratie bekannt und muss jetzt dafür einstehen." - Also, das ist ein klares Bekenntnis. So wird man einmal interimistischer Leiter und so kommt man in Positionen.

 

Um das Theater dann über die Monate zu retten, wurden zunächst einmal vom Bezirk und vom Gemeinderat jeweils 2 Millionen S zugeschossen. Es war eine Überbrückung. Wir haben auch mitgestimmt, denn wir haben uns gesagt, man muss jetzt eine Lösung finden und dafür sind einmal diese Beträge notwendig, dann wird es eine Ausschreibung geben, ein

 

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