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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 100

 

gekommen sind, insbesondere auch von Frau StR Rothauer, hier auf einige wenige Punkte reduzieren.

 

Einmal ganz generell: Die Ausgliederung der Wiener Verkehrsbetriebe in eine GesmbH & Co KG ist seinerzeit von der Österreichischen Volkspartei gerne mitgetragen worden, und es ist in diesem Zusammenhang von uns auch immer moniert worden, dass dieser betriebswirtschaftliche Akt das eine ist, das andere aber auch eine klare Trennung einerseits zwischen den Agenden der Verkehrspolitik dieser Stadt und andererseits den Anliegen eines Unternehmens. Das ist leider bis heute nicht der Fall, und der vorliegende Vertrag ist noch stärker geeignet, diese notwendige Unterscheidung zu vermischen und die Möglichkeiten der Stadt als Ganzes, entsprechenden Einfluss auf die Gestaltung des öffentlichen Verkehrs zu nehmen, zu reduzieren.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen Diskussionsprozess dazu abgeführt. Das letzte Gespräch, das stattgefunden hat, war Anfang Juli in einer Unterausschusssitzung, dann haben wir nichts mehr von der Sache gehört. Dann haben wir die Tagesordnung für den Oktober-Finanzausschuss bekommen, doch die Sache war nicht drauf. Schließlich liest man, es gibt einen Parteitag der SPÖ, und flugs ist diese Sache plötzlich im Nachtrag für diesen Finanzausschuss drinnen.

 

Frau StR Rothauer hat darauf hingewiesen, dass wir diesem Vertrag sicherlich nicht zustimmen werden, weil er weder im Interesse des Wiener Steuerzahlers noch im Interesse des Konsumenten, das heißt des Fahrgastes ist.

 

Ich stehe gar nicht an, anzuerkennen, dass sich in den letzten Jahren bei den Wiener Linien sicherlich vieles im Hinblick auf Kundenfreundlichkeit geändert hat. Die Zeiten sind Gott sei Dank vorbei, wo vom "Beförderungsfall" die Rede war, sondern heute ist tatsächlich vom "Fahrgast" die Rede, aber genau dieser Prozess müsste massiv weiterbetrieben werden und wir fürchten, dass dies durch diesen unausgegorenen Vertrag nicht möglich ist.

 

Mein Kollege Wolfgang Gerstl und ich werden aber, um trotz allem ein Instrument zu schaffen, um ein gewisses Regulativ herbeizuführen, einen Antrag hier einbringen, der die Schaffung eines eigenen Fahrgastbeirates vorsieht, der aus Vertretern bereits etablierter und engagierter Interessenvertreter und aus Bezirksdelegierten zusammengesetzt sein soll, den gerade auch die Bezirke sind in Gefahr, dass ihre berechtigten Interessen zu kurz kommen. Nach bestimmten Kriterien sollen auch Vertreter der Fahrgäste in diesem Beirat aufgenommen werden.

 

Der Herr Vizebürgermeister hat in Beantwortung meiner diesbezüglichen Anfrage signalisiert, dass eine Zustimmung der SPÖ hierzu möglich ist. Wir haben daher diesen Antrag so verfasst, dass er auf Zuweisung geht, denn es ist uns ein ganz wesentliches Anliegen, dass ein derartiger Beirat eingerichtet wird. Es gibt derartige Beiräte auch in anderen Städten, etwa in Frankfurt. Es gibt dort einen ÖPNV-Fahrgastbeirat, der sehr gut funktioniert. Wer sich das dort ansieht, erkennt, welche Erfolge damit erzielt werden können.

 

Unser Ziel ist es, dass tatsächlich Verkehrspolitik in dieser Stadt stattfindet. Wir haben diesen Gemeinderatstag mit einem Beispiel begonnen, wo wir mit massiver Kritik der Bevölkerung und mit massiver Kritik von uns eine Dummheit verhindern konnten.

 

Ich glaube, dieser Vertrag stellt wieder eine Gefährdung einer nachhaltigen Verkehrspolitik dar, zu der wir zurückkehren müssen und die wir einfordern werden, die wir als Oppositionspartei in dieser Stadt massiv fordern. Diesem vorliegenden Vertrag werden wir daher nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich darf nunmehr diesen Beschlussantrag von Wolfgang Gerstl und mir überreichen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist Herr GR Stark zum Wort gemeldet. - Bitte.

 

GR Rudolf Stark (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Auch wenn die freiheitliche Fraktion, wie mein Fraktionsvorredner Dr Madejski schon angekündigt hat, dem öffentlichen Personennahverkehrs- und -finanzierungsvertrag zustimmt, muss doch auf Bereiche dieses Vertrags hingewiesen und auch kritisch eingegangen werden.

 

Für uns unverständlich, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, ist die Eile, mit der dieser Vertrag im Ausschuss und im Gemeinderat durchgepeitscht wird. Am 22. Juni wurden alle Fraktionen zu einer Veranstaltung, bezeichnet "Gespräch betreffend Nahverkehrsvertrag" eingeladen. Dann gab es am 13. Juli noch eine Sitzung des Unterausschusses Stadtwerke. Damit war das Thema erledigt. Es gab mit uns keine Parteiengespräche. Ich betone nochmals: Es gab damit für uns keine weiteren Gespräche.

 

In einem Pressedienst des "Standards" vom 6. Oktober war dann Folgendes zu lesen - ich zitiere -: "Bim und Bus - Angst vor Europa. Wiener Linien machen Druck wegen Marktliberalisierung. Streik angedroht. Vertrag oder Streik?" - Für mich und für unsere Fraktion war es deshalb nicht überraschend, dass wir zur Tagesordnung für die Sitzung des Finanzausschusses am Freitag, den 19. Oktober, also nicht einmal vor einer Woche, einen Nachtrag, eben das Geschäftsstück öffentlicher Personennahverkehrsvertrag, bekamen. Auf der heutigen Tagesordnung ist es übrigens sogar der II. Nachtrag; so dringend scheint dieser Vertrag zu sein.

 

Sinn dieses Vertrags, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es, eine in Ausarbeitung befindliche EU-Verordnung bezüglich Liberalisieren des öffentlichen Personennahverkehrs zu unterlaufen. Auf Grund dieser Verordnung soll die Vergabe von öffentlichen

 

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