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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 105

 

das sage ich jetzt ganz allgemein und unabhängig von der Josefstadt - mit öffentlichen Geldern auszugleichen. Verantwortlichkeiten sind dort wahrzunehmen, wo sie auch funktionell angesiedelt sind. Sonst hätte die Konstruktion auch wenig Sinn.

 

Ich betone ausdrücklich, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt niemandem Unregelmäßigkeiten unterstelle. Aber es muss erlaubt sein - aus der Sicht der Verwalter öffentlicher Gelder ist dies sogar geboten - zu überprüfen, was in einem allfälligen Insolvenzverfahren, das durch den Einsatz von Stadt Wien und Bund abgewendet werden konnte, auch nicht ausgeklammert worden wäre. Ich habe deshalb veranlasst zu prüfen, ob sich daraus noch eventuelle Regressmöglichkeiten für die öffentliche Hand ergeben.

 

Im Übrigen stehe ich zu dem eingeschlagenen Weg und auch zur Verwendung von öffentlichen Mitteln, um den Spielbetrieb der Josefstadt zu sichern und auch in Zukunft zu garantieren. Diese Bereitschaft der öffentlichen Hand, die im Übrigen, wie Beispiele aus anderen Städten und Ländern zeigen, keineswegs selbstverständlich ist, darf aber nicht zum Freibrief dafür werden, Budgets zu überziehen.

 

Lassen Sie mich die Gelegenheit dazu nützen, ein paar Worte über die Zukunft der Josefstadt zu sagen. Ich nehme an, dass der Gemeinderat wahrscheinlich daran interessiert ist, etwas darüber zu erfahren, weil das ein bisschen auch öffentlich in Diskussion steht.

 

Ich halte nicht viel davon, dass man daraus - wie es heute in einer Zeitung steht - ein Match zwischen Gebietskörperschaften macht. Das ist kein Spiel, dazu ist die Zukunft der Josefstadt viel zu wichtig. Wie Sie wissen, habe ich mich dafür eingesetzt, dass Neubesetzungen in Kulturinstitutionen in Wien - soweit ich darauf Einfluss habe - grundsätzlich ausgeschrieben werden. Die Josefstadt als Gesellschaft hat diesen Vorschlag dankenswerterweise aufgegriffen und diese Frist einer Ausschreibung ist bekanntlich am 15. September abgelaufen. Heute - und zwar deshalb erst heute, weil in den letzten Tagen noch immer Briefe mit Poststempel vom 15. September eingegangen sind - wird das eingegangene Material von der Josefstadt, der ausschreibenden Gesellschaft - wir haben uns als Subventionsgeber mit der Josefstadt darüber geeinigt -, auch den Subventionsgebern übermittelt.

 

Ich habe mit beiden Partnern, sowohl mit dem Bund als auch mit der Josefstadt, vereinbart, dass wir uns nach einer ersten Durchsicht der eingegangenen Interessenten, Konzepte, Ideen darüber verständigen werden, ob es notwendig ist, zu dem vorhandenen Material noch eine Expertise einzuholen oder nicht. Ich stehe dem sehr offen gegenüber. Ich freue mich, dass es offensichtlich - das wurde mir schon vermittelt - eine größere Anzahl von Interessenten, Ideen und Konzepten gibt, und sehe mich auch darin bestätigt, im Konzept diese Ausschreibung angeregt zu haben. Es ist offensichtlich etwas eingetreten, was man vorher vielleicht nicht so gesehen hat, nämlich dass sich sehr viel mehr Persönlichkeiten mit der Zukunft des Theaters in der Josefstadt auseinander gesetzt haben und diese gestalten wollen.

 

Ich bin mit den Partnern, also den Gesellschaftern und dem Bund, auch übereingekommen, dass wir danach trachten, bis Mitte Oktober endgültig eine Entscheidung zu treffen. Sie wissen, dass formal letztendlich die Gesellschaft selbst zuständig ist, ich habe aber von allen Beteiligten die Bereitschaft vernommen, dass wir gemeinsam eine Lösung im Interesse der Josefstadt finden.

 

Ich sehe einen nächsten Schritt darin, dass man in der Tat die Probleme weiter so behandelt, wie sie auch in dem Sanierungskonzept von vor eineinhalb Jahren vorliegen. Man muss darüber mit allen Beteiligten sprechen, was ich in der Zwischenzeit auch getan habe. Allerdings musste ich herausfinden, dass einiges, was als Basis angenommen oder als Voraussetzung gesehen wurde, jedenfalls mit heutigem, mit gegenwärtigem Datum nicht mehr zutrifft. Das heißt, man wird sich das eine oder andere wahrscheinlich neu überlegen müssen. Aber ich bin gerne bereit, darüber in den zuständigen Gremien, im Ausschuss oder auch hier, Auskunft zu geben.

 

Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Danke. - Die erste Zusatzfrage stellt Herr GR Dr Salcher.

 

GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Sie haben ohnehin gleich zu dem entscheidenden Thema übergeleitet, nämlich dazu, wie es mit der Josefstadt weitergeht. Das ist meiner Ansicht nach von öffentlichem Interesse. Daher ist auch meine erste Frage gekommen, dass Sie Ihre Klageandrohung zu einem meiner Meinung nach nicht sehr günstigen Zeitpunkt gemacht haben. Denn wenn ich ausschreibe und die ehemalige Geschäftsführung oder Leitung öffentlich mit Klage bedrohe, könnte das, glaube ich, einen negativen Einfluss auf die Bewerber haben.

 

Ich möchte Sie aber etwas anderes fragen: Auf Grund welcher formelljuristischen Zuständigkeit fühlen Sie sich eigentlich zuständig, den neuen Direktor der Josefstadt zu bestimmen oder über ihn mitzubestimmen?

 

Sie haben sich letztlich das Recht dazu vorbehalten. Sie sagen, Sie haben die Josefstadt darum ersucht, oder Sie haben auch alle anderen Vereine darum ersucht. Aber es könnte einmal einen Verein oder ein Theater geben, der oder das diesem Ersuchen nicht nachkommt.

 

Daher möchte ich Sie auch für die Zukunft fragen: Was ist sozusagen Ihr formelles Recht, das Sie sich nehmen, um derart massiv in diese Direktorenbestellung einzugreifen - ich meine nicht politisch, sondern formell?

 

Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ich muss eines festhalten: Es gibt einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss aus dem Vorjahr, der einen

 

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