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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 121

 

selbst vor zu hohen Ansprüchen schützen, besser vertraut, als mit Paragraphen, die die Rechte anderer zu Wort kommen lassen wollen. Allerdings hat nach Auskunft der Historikerkommission die USA wieder eine Klage eingereicht und das Ganze wird sich also wieder hinziehen. Man wird mit viel juristischem Geschick sich weiterhin vor finanziellen Überforderungen schützen und so winden wir uns wieder aus ein paar Verpflichtungen. Juristisch ist das sicher alles korrekt, aber in manchen Fällen ist Korrektheit vielleicht nicht genug.

 

Doch kommen wir zu Punkt 2. Der Magistrat wird ermächtigt, die österreichische Historikerkommission zu ersuchen, der Stadt Wien allfällig relevante Befunde in Bezug auf arisiertes Vermögen und im Eigentum der Stadt Wien stehendes Vermögen möglichst bald bekannt zu geben. Ich glaube nur, ersuchen allein wird da nicht angehen, da für neue Aufträge eine neue Finanzierung gesucht werden muss. Und auch hier wird die Arbeit ihre Zeit brauchen. Ich hoffe nur, dem sehr geehrten Herrn Bürgermeister geht es hier nicht wie dem Kollegen vom Bund, Dr Gusenbauer, der jetzt auf Sponsorensuche ist und für die Historikerkommission Ausschau hält. Die Prüfung von Anträgen auf Naturalrestitution von öffentlichem Vermögen der Stadt Wien durch die Schiedskommission ist eine gute Sache. Sie soll Ungerechtigkeiten aufdecken. Ungerechtigkeiten wie zum Beispiel die Arisierung des Bärentals, die dann wohl abgegolten wurde, aber zu einem lächerlichen Betrag. Das soll in Zukunft durch diese Schiedskommission verhindert werden.

 

Jetzt komme ich allerdings zu einem Punkt, der mir auch besonders am Herzen liegt, und das ist der Sportplatz der Hakoah. Ich bin schon lange damit beschäftigt, ich komme aus dem 2. Bezirk, und ich freue mich sehr, dass die Stadt Wien die Sache in die Hand nimmt und der Hakoah ein adäquates Grundstück für die Errichtung einer Sportstätte zur Verfügung stellen will. Und ich plädiere nachdrücklich dafür, dass diese Sportstätte auch im 2. Bezirk errichtet wird, in der Leopoldstadt. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich mich freue, dass hier nicht der Augarten für eine Betriebsanlage der Sportstätte als Ersatzgrundstück der Hakoah angeführt ist. Ich nehme daher an, dass die Stadt Wien ein Ersatzgrundstück gefunden hat, das sich zur allseitigen Zufriedenheit herausgestellt hat und sich bestens für das Betriebsgelände eines Sportplatzes eignet. Wir GRÜNE begrüßen nachdrücklich die Errichtung eines Sportplatzes der Hakoah und wir können auch, falls doch kein passendes Grundstück gefunden wurde, mit passenden Grundstücken aufwarten.

 

Es gibt ja neue Pläne zu einem Sport-Prater. Es wäre ein sehr reizvoller Gedanke, diesen Sport-Prater um eine Sportanlage der Hakoah zu bereichern. Wir würden es auch sehr begrüßen, wenn die jüdischen Schulen am Rande des Augartens oder eine zumindest so halb im Augarten einen der drei Sportplätze, die im Augarten ohnedies nicht sehr frequentiert sind, als Sportplatz zur Verfügung gestellt bekämen und die Hakoah einen zweiten Sportplatz für die Betriebsanlage, für ihre Sporthallen, da die Errichtung von Sporthallen in einer inzwischen sogar denkmalgeschützten wertvollen Grünanlage, mitten in einem stark verbauten Stadtteil, einen derartigen Eingriff darstellen würde, der nie wieder gutzumachen wäre. Ich glaube, das würden wahrscheinlich, müssten jedenfalls alle Beteiligten einsehen. (Beifall bei den GRÜNEN.)    

 

Ich hoffe sehr, dass die Stadt Wien hier den Mut hat, die Pläne mit der Hakoah offen zu diskutieren und dass der angeführte Betrag von 80 Millionen, die der Bund entrichten soll, für die Errichtung von Sporthallen vorgesehen ist.

 

Nun zu einem weiteren Thema, das uns der Nationalsozialismus zur Aufarbeitung hinterlassen hat. Viel war in den vergangenen Tagen die Rede von einer Bevölkerungsgruppe, die sich endlich zu ihrer Veranlagung bekennen kann und will und nicht länger diskriminiert und geächtet werden darf. Zu ihrer vollen Anerkennung ist allerdings noch viel zu tun. Veranstaltungen tragen dieser Tage dazu bei, Barrieren bei der Bevölkerung abzubauen, es sind Europride-Wochen, vor kurzem hat ein Ball der Lebenslust und Großzügigkeit in diesem Haus stattgefunden, und am Heldenplatz wurde im Rahmen der Europride-Wochen von der Hosi-Wien, unterstützt vom Nationalfonds, die Ausstellung "Aus dem Leben, die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien von 1938 bis 45" errichtet. Diese Ausstellung zeigt sehr eindringlich, unter welchen Repressionen homosexuelle Menschen unter der Herrschaft der Nationalsozialisten gelitten haben. Entlassungen, Diskriminierungen, Verhaftungen, Konzentrationslager. Und es war eine Gruppe, die auch besonders unter den sadistischen Quälereien des Aufsichtspersonals zu leiden hatte. Die Todesrate dieser Gruppe war besonders hoch. Leider wurde in der Nacht vor der Eröffnung die Ausstellung durch einen Vandalenakt verwüstet und dieser Vandalenakt, meine Damen und Herren, ist für Österreich und insbesondere für Wien beschämend, da es sich zeigt, dass die Ideologie der NS-Herrschaft für einige sehr lebendig in ihren Hirnen wütet.

 

Leider stellte sich auch die Politik nicht sehr mutig hinter diese Ausstellung. Es wäre erfreulich gewesen, wenn sich die Stadt Wien an den Kosten dieser Ausstellung beteiligt hätte. Die Gründe der Ablehnung würden mich wirklich interessieren. Ich weiß, dass die Wiederherstellung der Ausstellung von der Stadt Wien übernommen wird, immerhin ein kleiner Beitrag.

 

Wir möchten hier einen Beschlussantrag stellen, dass der Wiener Gemeinderat aufs Schärfste die vandalenmäßige Zerstörung der Ausstellung verurteilt und sich mit den Personen solidarisch erklärt, die sich mit der Aufarbeitung, der Verfolgung und Unterdrückung homosexueller Menschen in der Nazizeit beschäftigen.

 

Darf ich diesen Antrag zur Weiterreichung übergeben.

 

Ein weiterer Anlass für die Politiker dieser Stadt,

 

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