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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 78

 

belästigen, dann kommen sie ins Gefängnis, ich glaube nicht, dass diese Stadt eine bessere Stadt ist, eine menschlichere Stadt ist und eine wärmere Stadt ist. Und insofern bin ich absolut und schärfstens gegen ein generelles Bettelverbot, denn genau dazu würde dieses Bettelverbot führen.

 

Ansonsten möchte ich, was die vorliegende Gesetzesnovelle betrifft, sagen: Ich glaube Ihnen schon den guten Vorsatz, aber die Art und Weise, wie Sie das ausführen, ist genau das Gegenteil von gut gemacht. Es war bloß gut gemeint, und deshalb findet es keine Zustimmung seitens der Grünen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Ulm. Ich erteile es ihm.

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Zunächst einmal möchte ich doch ein bisschen auf die Suada, die da jetzt von der Klubobfrau der Grünen gekommen ist, replizieren. Es ist leider Gottes einer der seltenen Fälle, wo ich feststellen muss, dass meine Vorrednerin völlig Skurriles und Absurdes von sich gegeben hat, gespickt mit Unterstellungen und unrichtigen Behauptungen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es wäre jetzt viel leichter und naheliegender für uns, Ihnen vorzuwerfen, dass Ihnen das Kindeswohl nicht am Herzen liegt, wenn Sie bei einer ganz selbstverständlichen Novelle des Landes-Sicherheitsgesetzes, nämlich, dass es ein Bettelverbot für Kinder und mit Kindern geben soll, nicht mitstimmen wollen.

 

Ich bin nicht sehr im Verdacht, ein großer Verteidiger der Sozialdemokratie zu sein, aber ich weiß sehr genau, wie sich hier die Jugendwohlfahrt um die Kinder kümmert. Es hat auch die Stadträtin in sehr eindrucksvoller Weise ihr Konzept präsentiert. Wir haben die Experten von der „Drehscheibe" gehört. Bitte, es gibt kein einziges Kind, das von der Mutter oder vom Vater getrennt wird. Das muss man einmal sagen. Richtig ist allerdings, wenn fremde Personen mit Kindern unterwegs sind, dass dann auf die Rückführung und damit auch die Zusammenführung mit den leiblichen Eltern geachtet wird. Genau das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben, ist wahr.

 

Und was jetzt die fürchterlichen Umstände des Sozialniveaus in manchen dieser Länder betrifft, so sage ich Ihnen: Eines können wir sicherlich nicht – und so ehrlich muss man auch sein und das muss man auch aussprechen dürfen –, wir können sicherlich nicht alle Sozialprobleme hier in Wien lösen, die es in Rumänien gibt, die es in der Slowakei gibt, in Ungarn oder wo auch immer.

 

Und jetzt stellt sich für mich, wenn ich einen logischen Schluss ziehe, schon die Frage: Warum soll man da jetzt zufällig für einen gewissen Kreis, der irgendwelche besonderen Kontakte hat oder besser organisiert ist, eine gewisse Leistung erbringen, wenn wir wissen, diese Leistung ist begrenzt? Es ist ja nicht so – das sagen mir ja auch alle anderen aus dem eher linken Bereich –, dass man sagt: Okay, solange auf der Wollzeile nur zwei, drei, vier Bettler sind, können wir das irgendwie akzeptieren, sind es einmal 30 oder 40 ginge das selbstverständlich nicht mehr. Wo ziehen Sie denn da jetzt wirklich die Grenze? Ist das fair gegenüber denen, wo wir dann sagen, okay, jetzt ist die Grenze überschritten, die können wir nicht mehr hineinlassen. Also Ihre Argumente sind auch nicht schlüssig, und es ist absolut nicht nachzuvollziehen, dass Sie bei der größten Selbstverständlichkeit nicht mitstimmen können. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber mit meiner Kritik wende ich mich natürlich in erster Linie, nachdem wir dieser Novelle zustimmen, gegen die SPÖ, einfach deshalb, weil sie hier zu langsam agiert, weil sie mit zu wenig Mut agiert und weil sie das Bettelunwesen mit dieser Regelung nicht endgültig wirksam bekämpfen kann.

 

Es wird heute für strafbar erklärt, wenn Kinder zum Betteln angestiftet werden und wenn man Kinder beim Betteln mitführt. Das ist eine Selbstverständlichkeit, das Kindeswohl verlangt es. Das Einzige, wo ich der Frau Kollegin Vassilakou recht geben muss, ist, dass diese Form der Bettelei wahrscheinlich in vielen Fällen auch heute bereits strafbar wäre, weil sie organisiert und zum Teil aggressiv oder aufdringlich erfolgt. Sinnvoll ist sie aber jedenfalls – und da kann ich auch dem Kollegen Schock recht geben –, weil es bisher schwer nachweisbar war, dass diese Form der Kriminalität organisiert passiert. Es kommen sicherlich auch einige Fälle hinzu, die bisher nicht strafbar waren. Das macht die Regelung dennoch sinnvoll.

 

Vollziehen muss es weiterhin die Bundespolizeidirektion Wien. Insofern bleibt alles beim Alten. Man konnte sich noch nicht zur Einrichtung einer Stadtwache durchringen. Die arme Bundespolizei muss jetzt wiederum dieses sowie zehn andere Landes-Sicherheitsgesetze vollziehen und kann sich nicht der eigentlichen Kriminalitätsbekämpfung widmen.

 

Die heutige Novelle ist natürlich richtig, ist aber viel zu wenig, bringt uns keine echte Problemlösung beim Bettelunwesen in Wien. Sie tun mit dieser Novelle so, als würden Sie Probleme lösen, in Wahrheit agieren Sie im Zeitlupentempo. Sie lösen ein Problem, aber Sie brauchen so lange dafür, dass in dieser Zeit zwei neue entstehen. Die organisierte Bettelei wird sehr rasch reagieren. Es wird neue Formen der Bettelei geben – nicht mit Kindern, das wird man in den Griff bekommen, Gott sei Dank –, aber es gibt ganz neue und flexiblere Formen. Es wird mit Tieren gebettelt, es wird zwischen den stehenden Autos bei roten Ampeln gebettelt.

 

Wir haben mittlerweile fünf Bettelstraftatbestände, fünf an der Zahl: organisiert, aggressiv, aufdringlich, Anstiftung von Kindern, Betteln mit Kindern. Ich sage es Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, so viel Einzelbetteltatbestände können Sie gar nicht schaffen, dass wir dem Bettelunwesen in dieser Stadt Herr werden. Es wäre daher ganz einfach, eine Lösung zu finden, die im Interesse der Stadt, aber auch der Bettler wäre, nämlich ein generelles Bettelverbot zu erlassen. Nur dafür fehlen der Sozialdemokratie leider der Mut und die Kraft. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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