Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter - Vermögensentzug in der NS-Zeit
Von Zwangsarbeit im Nationalsozialismus ist dann zu sprechen, wenn eine Person aus rassistischen, nationalen, ethnischen, religiösen und/oder politischen Gründen arbeiten musste, insbesondere dann, wenn diskriminierende arbeitsrechtliche Sonderbedingungen geschaffen wurden. Die Lebensverhältnisse der Menschen, die von NS-Behörden zur Arbeit gezwungen wurden, waren höchst unterschiedlich. Rassistische Hierarchisierungen, Schwere der Arbeit, materielle Versorgung, Ernährung und Unterkunft, Arbeitszeiten, Entlohnung und die Behandlung durch Vorgesetzte bestimmten die Lebensumstände. Dazu kamen erschwerende Umstände wie Strafen und Zwangsabtreibungen bei Frauen.
Mehr als ein Drittel der Arbeitsplätze in Industrie und Gewerbe wurden 1944 von zivilen Ausländerinnen und Ausländern besetzt. Besondere Bedeutung erlangte der Einsatz am Bau und bei der Reichsbahn. Bei den Kriegsgefangenen dominierte zunächst der Einsatz in Land- und Forstwirtschaft. Dem Einsatz in Handwerk und Industrie, vor allem in der Bauwirtschaft, kam zunehmend Bedeutung zu. Die über das ganze Land verteilten 40 Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen und 13 kleinere Außenlager des Konzentrationslagers Dachau in Westösterreich wurden zum Zweck der durchwegs lebensbedrohenden Zwangsarbeit eingerichtet.
Ab 1942 wurden KZ-Häftlinge als eine der letzten Arbeitskraftreserven für die deutsche Kriegswirtschaft gesehen. Im Frühsommer und Herbst 1944 wurden mindestens 55.000 ungarische Jüdinnen und Juden zur Zwangsarbeit nach Ostösterreich deportiert. Katastrophale Arbeits- und Lebensbedingungen (insbesondere am Südostwallbau) forderten das Leben Tausender Menschen. Bei Herannahen der Front wurden die Jüdinnen und Juden in Todesmärschen Richtung Mauthausen und das Auffanglager Gunskirchen (Oberösterreich) getrieben, wobei es in vielen Orten zu regelrechten Massakern kam.
Landwirtschaft
Kennzeichnend für die Zwangsarbeit in der Landwirtschaft ist eine im Vergleich zum Einsatz in der Industrie größere Bandbreite zwischen "guter" und "schlechter" Behandlung. Bei aller Unterschiedlichkeit der individuellen Situationen kann davon ausgegangen werden, dass Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in der Land- und Forstwirtschaft in der Regel besser verpflegt und nicht schlechter untergebracht waren als jene in der Rüstungsindustrie. Für Bauern als Produzenten ließen sich aufgrund von Lieferverpflichtungen mit Zwangsarbeitskräften kaum große Gewinne erwirtschaften. Jedoch sicherte die Zwangsarbeit auch in der Landwirtschaft den Fortbestand von Betrieben. Persönliche Dienstleistungen kamen den bäuerlichen Besitzerinnen und Besitzern unmittelbar zugute.
Industriebetriebe
Die Arbeitsproduktivität von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern war aufgrund der Arbeitsumstände wahrscheinlich niedriger als die der heimischen Arbeitskräfte. Aus dieser Sicht war der Einsatz ausländischer Arbeitskräfte für die Industriebetriebe kein unmittelbarer Vorteil. Jedoch waren vor allem sowjetische Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge oft unter Arbeitsbedingungen tätig, die inländischen Arbeitskräften nicht zugemutet werden konnten. Ohne Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter hätten die Industriebetriebe die Produktion zurücknehmen müssen oder wären zur Stilllegung gezwungen gewesen.
Staat
Für den Staat war die Zwangsarbeit ein Mittel zur gesellschaftlichen Stabilisierung und zur Aufrechterhaltung der Kriegswirtschaft. Die nationalsozialistische Herrschaft profitierte mehrfach: durch Steuern und Abgaben, durch die Nutzung von Arbeitskräften und durch den generellen Stabilisierungseffekt, der mit der Zwangsarbeit für das Herrschaftssystem verbunden war.
Im Bereich der Infrastrukturinvestitionen spielte Zwangsarbeit bei der Durchführung einzelner Projekte (Wohnbauten, Kraftwerksbauten) eine wesentliche Rolle. Hier wurden zweifellos Werte geschaffen, die der österreichischen Volkswirtschaft nach 1945 zufielen.
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