7.4 Wohnsituation: Pfade am Mietwohnungsmarkt
Für die Betrachtung der Wohnsituation wurden die durchschnittlichen Quadratmeter pro Kopf sowie die durchschnittliche Miete pro Quadratmeter Wohnfläche in Bezug zueinander gesetzt. Damit kann die Position unterschiedlicher Teile der Wiener Bevölkerung am Mietwohnungsmarkt dargestellt und im Zeitverlauf aufgezeigt werden, wie sich diese Position verändert hat.
Zur Orientierung ist es bei einer solchen Darstellung vorteilhaft, die wünschenswerteste Ecke des Diagramms festzulegen. Die Antwort darauf ist im vorliegenden Fall nicht völlig klar. Man wird zunächst zu der Annahme neigen, dass möglichst viel Fläche bei möglichst geringem Preis die größte Präferenz habe. Wenn man es sich leisten kann, wird man aber wahrscheinlich viel Fläche verbunden mit einem hohen Quadratmeterpreis bevorzugen, sofern der Preis durch andere Annehmlichkeiten als die bloße Fläche gerechtfertigt ist. Wohlhabende Menschen wohnen nicht dort, wo die Quadratmeterpreise niedrig sind. Während die Präferenz auf der waagrechten Achse des folgenden Diagramms eindeutig auf der rechten Seite liegt, bleibt die Präferenz auf der senkrechten Achse ambivalent. Entlang der durchgebogenen Kurven (Indifferenzkurven) sind die Mietkosten pro Kopf gleich und betragen auf jeder Position entweder 200 Euro oder 300 Euro.
Werden die Pfade am Mietwohnungsmarkt nach dem Ort des Bildungsabschlusses sowie Migrationshintergrund für die fünf Teile der Wiener Bevölkerung differenziert abgebildet, so zeigen sich große Unterschiede zwischen den Herkunftsregionen. Gleichzeitig ähneln sich aber die Ergebnisse zwischen beiden Gruppen mit EU/EFTA-Bezug beziehungsweise mit Bezug zu Drittstaaten, da sie häufig als Eltern und Kinder oder auch als PartnerInnen in denselben Haushalten zusammen wohnen (Abb. 4).

WienerInnen ohne Migrationshintergrund wohnen am geräumigsten und günstigsten: Sie leben im Durchschnitt auf 43 Quadratmeter pro Kopf und zahlen pro Quadratmeter 7,6 Euro Miete.
WienerInnen ohne Migrationshintergrund haben in Mietwohnungen im Durchschnitt rund 43 Quadratmeter pro Kopf zur Verfügung. Zu Beginn der Berichtszeitspanne in der Periode 2007 – 10 gab es einen Anstieg von einem Ausgangswert von rund 41 Quadratmeter, seither hat sich dieser Wert nur mehr geringfügig verändert. Die im Durchschnitt bezahlten Mieten stiegen von 5,7 Euro auf 7,6 Euro pro Quadratmeter. Dem Trend nach war das eine Zunahme um 0,20 Euro pro Periode und damit die geringste Steigerung von allen fünf Bevölkerungsteilen.
WienerInnen mit Bildung oder Migrationshintergrund aus Drittstaaten haben mit durchschnittlich 28 Quadratmetern pro Kopf am wenigsten Wohnfläche zur Verfügung.
Am wenigsten Wohnraum pro Kopf haben die Wiener MieterInnen mit Bildung oder Migrationshintergrund aus Drittstaaten zur Verfügung. Sie lebten im gesamten Berichtszeitraum in Haushalten mit rund 27 oder zuletzt 28 Quadratmetern pro Kopf. Ihre Mietkosten sind jedoch deutlich angestiegen: bei der Bevölkerung mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus Drittstaaten von durchschnittlich 6,0 Euro auf zuletzt 8,3 Euro pro Quadratmeter und bei jenen mit Bildung aus Drittstaaten von durchschnittlich 6,1 Euro auf 8,5 Euro pro Quadratmeter. Dem Trend nach betrug die Zunahme 0,25 Euro bei jenen mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus Drittstaaten sowie 0,28 Euro pro Periode bei jenen mit Bildung aus Drittstaaten.
Die Wiener Bevölkerung mit Bildung aus EU/EFTA-Staaten bezahlt mit durchschnittlich 9,8 Euro pro Quadratmeter die höchsten Mieten. Steigende Mieten wurden in den vergangenen Jahren durch sinkende Wohnflächen kompensiert.
Steigende Preise kennzeichnen auch die Pfade der Bevölkerung mit Bildung oder Migrationshintergrund aus Staaten der EU/EFTA am Mietwohnungsmarkt, allerdings ist hier seit der Periode von 2011 – 14 eine Verringerung der Wohnfläche pro Kopf zu beobachten. Von zuvor rund 37 Quadratmeter pro Kopf ging die durchschnittliche Wohnfläche bei jenen mit Bildung aus Österreich und EU/EFTA-Migrationshintergrund auf rund 34 und bei jenen mit Bildung aus EU/EFTA-Staaten auf rund 32 Quadratmeter pro Kopf zurück. Diese Entwicklung liegt vermutlich zu einem Teil am Familiennachzug in bestehende Haushalte, die trotz des Zuwachses nicht in eine größere Wohnung umziehen, und zum anderen Teil am Neuzuzug von Personen, die einkommensbedingt in kleinere Wohnungen einziehen als die zuvor schon anwesende Bevölkerung. Die durchschnittlichen Mieten pro Quadratmeter sind bei WienerInnen mit Bildung oder Migrationshintergrund aus Staaten der EU/EFTA am höchsten: Bei jenen mit Bildung aus EU/EFTA-Staaten stiegen sie von anfänglich 7,2 Euro auf 9,8 Euro pro Periode um durchschnittlich 0,29 Euro und bei jenen mit Bildung aus Österreich und EU/EFTA-Migrationshintergrund von 6,5 Euro auf 8,8 Euro im Trend um 0,26 Euro pro Periode.
Neu zugewanderte Menschen leben beengter und teurer als alle anderen Teile der Wiener Bevölkerung.
Wird alternativ nach dem Aufenthaltsbeginn der im Ausland ausgebildeten Wiener Bevölkerung unterschieden, so zeigt sich eine deutliche Abstufung: Später zugewanderte Teile der Wiener Bevölkerung haben im Durchschnitt pro Kopf weniger Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung und müssen dafür gleichzeitig pro Quadratmeter höhere Preise bezahlen (Abb. 5).

Pro Kopf am meisten Wohnraum zur Verfügung hatte die Bevölkerung, die bereits vor 1985 nach Österreich kam und keine Ausbildung mehr erfolgreich abschloss. Der Verlauf quer zur Indifferenzkurve von 200 Euro zeigt steigende Mietkosten pro Kopf an.
Im Diagramm weiter links und weiter oben (also weniger Fläche und höherer Preis pro Fläche) findet man die Bevölkerung, die zwischen 1985 und 1996 aus dem Ausland zuzog und keine Ausbildung mehr erfolgreich abschloss. Trotz einer leichten Verringerung des Wohnraums am Ende der Berichtsspanne war dies der Bevölkerungsteil mit den größten durchschnittlichen Gewinnen an Wohnfläche pro Kopf. Zumindest zum Teil kann dies durch den Auszug der Kinder während der Berichtszeitspanne verursacht sein.
Noch weiter links oben und vollständig über der Indifferenzkurve von 200 Euro pro Kopf findet man die zwischen 1997 und 2010 zugezogene Bevölkerung in Mietwohnungen, die in Österreich keinen Bildungsabschluss mehr machte oder bisher nicht gemacht hat. Im Verlauf stehen hier während etlicher Perioden steigenden Preisen sinkende Quadratmeter pro Kopf gegenüber.
Am weitesten oben und am Ende auch am weitesten links im Diagramm (also mit den wenigsten Quadratmetern pro Kopf und dem höchsten Preis pro Quadratmeter) befindet sich die ab 2011 aus dem Ausland zugezogene Bevölkerung in Mietwohnungen, die in Österreich keinen Bildungsabschluss mehr machte oder bisher nicht gemacht hat. Der Verlauf befindet sich etwas unterhalb der Indifferenzkurve von 300 Euro pro Kopf und zeigt, dass steigende Preise durch sinkende Quadratmeter pro Kopf ziemlich genau kompensiert wurden, sodass die Kosten pro Kopf zunächst rund um 280 Euro stabil blieben. Erst in der letzten Periode machte der Verlauf einen Knick in Richtung Indifferenzkurve, wodurch die Kosten pro Kopf auf 293 Euro stiegen.