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Die aktuell geltende Fassung dieser Wiener Rechtsvorschrift, die im Landesgesetzblatt für Wien kundgemacht wurde, kann im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) nachgelesen werden.

Diese Fassung berücksichtigt nur Änderungen bis zum Stichtag 31. Dezember 2013.


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Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festlegung von Rechtsträgern und Mindestanforderungen für die Umsetzung der Grundsätze einer risikoaversen Ausrichtung der Finanzgebarung (Wiener Verordnung über die Ausrichtung der Finanzgebarung – WVAF)


Fundstellen der Rechtsvorschrift
Datum
Publ.Blatt
Fundstelle
20.12.2013
LGBl


Auf Grund der §§ 1 Abs. 2, 2 und 3 Abs. 3 des Gesetzes über die risikoaverse Ausrichtung der Finanzgebarung, LGBl. für Wien Nr. 36/2013, wird verordnet:

1. Abschnitt
Festlegung von Rechtsträgern

§ 1. Rechtsträger im Sinne des § 2 des Gesetzes über die risikoaverse Ausrichtung der Finanzgebarung, LGBl. für Wien Nr. 36/2013, sind:
1. der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds
2. die Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien
3. der Fonds zur Beratung und Betreuung von Zuwanderern
4. der Wiener Tourismusverband
5. der Fonds Soziales Wien
6. das Kuratorium für Psychosoziale Dienste in Wien
7. die Museen der Stadt Wien
8. der Filmfonds Wien
9. der Medizinisch-Wissenschaftliche Fonds des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien
10. die Landwirtschaftskammer für Wien
11. der Wiener Gesundheitsfonds

2. Abschnitt
Mindestanforderungen

§ 2. Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind anzuwenden auf:
1. das Land bzw. die Gemeinde Wien als Einheit des Sektors Staat gemäß Europäischem System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) und
2. sonstige Rechtsträger im Sinne des § 2 des Gesetzes über die risikoaverse Ausrichtung der Finanzgebarung, LGBl. für Wien Nr. 36/2013.

§ 3. (1) Bei der Umsetzung der Grundsätze zur Sicherstellung der im Gesetz über die risikoaverse Ausrichtung der Finanzgebarung, LGBl. für Wien Nr. 36/2013, geregelten Mindeststandards haben das Land bzw. die Gemeinde Wien sowie sonstige Rechtsträger gemäß § 2 Z 2 in ihrer Finanzgebarung, insbesondere bei der Aufnahme von Schulden, beim Schuldenportfoliomanagement, bei der Veranlagung öffentlicher Mittel und beim Risikomanagement die nachstehenden Mindestanforderungen zu berücksichtigen.
(2) Die im Abs. 3 und den §§ 4 bis 7 festgelegten Verpflichtungen und Vorgaben sind bei den sonstigen Rechtsträgern gemäß § 2 Z 2 durch das nach den maßgeblichen Organisationsvorschriften zur Geschäftsführung berufene Organ unter Berücksichtigung des Kosten/Nutzen-Verhältnisses sinngemäß wahrzunehmen.
(3) Festzulegen ist eine Richtlinie für das Finanzmanagement, die im Zusammenhang mit den Grundsätzen
1. eines sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Umganges mit öffentlichen Mitteln (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit),
2. einer risikoaversen Finanzgebarung (Grundsatz der Risikoaversität),
3. einer strategischen Jahresplanung bezüglich Schulden- und Liquiditätsmanagement entsprechend den Vorgaben der zuständigen Organe (Grundsatz der Jahresplanung),
4. der Umsetzung einer Aufbau- und Ablauforganisation unter Einhaltung der personellen Trennung von Treasury/Markt und Risikomanagement/Marktfolge (Grundsatz der spezifischen Organisation),
5. der Transparenz über getätigte Transaktionen (Grundsatz der Transparenz) und
6. der Gewährleistung der jederzeitigen Liquidität zu möglichst niedrigen Kosten (Grundsatz der Liquidität)
die Definitionen der §§ 4 bis 8 Abs. 1 berücksichtigt und in weiterer Folge einen Rahmen für die Finanzgebarung bildet.
(4) Die Richtlinie für das Finanzmanagement sowie deren Änderungen sind nach Genehmigung durch die amtsführende Stadträtin für Finanzen bzw. den amtsführenden Stadtrat für Finanzen dem Gemeinderatsausschuss für Finanzen zur Kenntnis zu bringen. Bei sonstigen Rechtsträgern gemäß § 2 Z 2 ist die Richtlinie für das Finanzmanagement sowie deren Änderungen von dem nach den maßgeblichen Organisationsvorschriften befugten Organ zu genehmigen.

§ 4. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bedeutet, dass die mittel- bis langfristigen Kosten der Finanzgebarung unter Berücksichtigung von relevanten Risiken zu minimieren sind (Optimierung des Kosten/Risiko-Verhältnisses).

§ 5. Der Grundsatz der Risikoaversität zieht das Erfordernis der Darstellung und Berücksichtigung der maßgeblichen Risikoarten nach sich.
1. Zu unterscheiden sind jedenfalls:
a) vermeidbare und unvermeidbare Risiken sowie
b) die Risikoarten
ba) Kreditrisiko
bb) Marktrisiko
bc) operationelles Risiko
bd) Liquiditätsrisiko
be) sonstige Risiken
2. Vermeidbare Risiken stellen jedenfalls dem Marktrisiko zuzuordnende Fremdwährungs- und Optionsrisiken dar.
3. Dem Kreditrisiko sind das Ausfalls- bzw. Gegenparteirisiko sowie Kreditrisikokonzentrationen zuzuordnen. Das Ausfalls- bzw. Gegenparteirisiko hat das allgemeine Risiko eines Verlustes oder eines entgangenen Gewinns infolge eines Ausfalls einer Vertrags- oder Geschäftspartnerin bzw. eines Vertrags- oder Geschäftspartners zum Gegenstand.
4. Unter dem Marktrisiko wird das Risiko, finanzielle Verluste auf Grund der Änderung von Marktpreisen (zB Zinsen, Wechselkurse) zu erleiden, bezeichnet. Relevante Unterformen sind das Zinsänderungs-, das Fremdwährungs- und das Optionsrisiko.
a) Das Zinsänderungsrisiko bringt die Gefahr, durch Bewegungen im Zinssatz größeren finanziellen Belastungen, als dies bei jederzeit möglichen Ausnützen der aktuellen Marktgegebenheiten notwendig wäre, ausgesetzt zu sein, zum Ausdruck.
b) Das Fremdwährungsrisiko beschreibt die Gefahr der Realisierung eines finanziellen Nachteiles auf Grund einer Veränderung der Wertrelation zwischen dem Euro und einer Fremdwährung, die in den Devisenkursschwankungen als Ausdruck der Verschiebung dieser Wertrelation ihren Niederschlag findet.
c) Bei Optionen (Derivaten) handelt es sich generell um Finanzgeschäfte, deren Preis bzw. Wert von den jeweiligen Kursen oder Preisen der zugrunde gelegten Basiswerte abhängig ist. Das Optionsrisiko beschreibt die Gefahr der Realisierung eines finanziellen Nachteiles auf Grund einer Veränderung der maßgeblichen Kurse oder Preise.
5. Dem operationellen Risiko sind Risiken aus dem laufenden Geschäftsbetrieb sowie Rechtsrisiken zuzuordnen. Gegenstand bilden dabei die Gefahren finanzieller Beeinträchtigungen, die in Folge unzulänglicher oder fehlgeschlagener interner Prozesse und Systeme, menschlichen Versagens, nachteiliger oder unklarer rechtlicher Rahmenbedingungen oder auf Grund externer Ereignisse eintreten können.
6. Das Liquiditätsrisiko setzt sich mit Ereignissen, die zur Folge haben, finanziellen Verpflichtungen mangels liquider Mittel nicht zeitgerecht nachkommen zu können, auseinander.
7. Das Reputations- und das Budgetrisiko sind der Risikoart sonstige Risiken zuzuordnen.
a) Das Reputationsrisiko setzt sich mit Situationen und Ereignissen, die zu öffentlicher Berichterstattung über Transaktionen, Geschäftspartnerinnen bzw. Geschäftspartner oder Geschäftsabläufe führen, und den Ruf des Landes bzw. der Gemeinde Wien negativ beeinflussen können, auseinander.
b) Das Budgetrisiko bildet die Gefahr der Nichterreichung der Budgetziele insbesondere infolge von negativen Mengen-, Kosten- und gleichartigen Entwicklungen ab.

§ 6. (1) Zur Umsetzung des Grundsatzes der Jahresplanung ist dem Schulden- und Liquiditätsmanagement eine strategische Vorschau zugrunde zu legen und dem Gemeinderatsausschuss für Finanzen gleichzeitig mit der Vorlage des Voranschlagsentwurfes zur Kenntnis zu bringen. Die Jahresplanung und der Voranschlagsentwurf beziehen sich auf das gleiche Rechnungsjahr.
(2) Die strategische Vorschau hat bezüglich des
1. Schuldenmanagements die Finanzierung eines im Voranschlagsentwurf präliminierten Abganges zu berücksichtigen und Aussagen über die angestrebten Laufzeiten(verhältnisse) von Fremdmittelaufnahmen sowie deren Verzinsungsart (variable oder fixe Verzinsung) zu treffen;
2. Liquiditätsmanagements die vorhersehbaren wesentlichen Zahlungsströme zum jeweiligen Monatsultimo abzubilden.

§ 7. Der Grundsatz der spezifischen Organisation erfordert, dass sowohl bei Schuldaufnahmen als auch bei Veranlagungen eine personelle Trennung der Aufgabenbereiche Treasury/Markt und Risikomanagement/Marktfolge sicherzustellen ist. Das Zusammenfallen von haushaltstechnischen Anordnungen betreffend diese Transaktionsformen und die effektive Ausführung derselben ist unzulässig.

§ 8. (1) Zur Sicherstellung des Grundsatzes der Transparenz ist dem Gemeinderatsausschuss für Finanzen gleichzeitig mit der Vorlage eines Rechnungsabschlussentwurfes ein Bericht über alle im selben Rechnungsjahr getätigten Fremdmittelaufnahmen zur Kenntnis zu bringen. Aus diesem Anlass sind die gesamten bestehenden Finanzierungen des Haushaltes der Gemeinde Wien in aggregierter Form darzustellen.
(2) Ein dem Gemeinderatsausschuss für Finanzen bereits zur Kenntnis gebrachter Bericht im Sinne des Abs. 1 ist vom Magistrat der gemäß einer Vereinbarung eingerichteten Kontrollgruppe auf elektronischem Weg zu übermitteln. Gleiches gilt für die vom Magistrat dem jeweils zuständigen Gemeinderatsausschuss im Sinne des § 10 zur Kenntnis gebrachten Berichte von sonstigen Rechtsträgern gemäß § 2 Z 2, die im Verantwortungsbereich des Landes bzw. der Gemeinde Wien gemäß Art. 13 Abs. 3 der Vereinbarung über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 – ÖStP 2012, LGBl. für Wien Nr. 13/2013, liegen.

§ 9. Sonstige Rechtsträger gemäß § 2 Z 2 haben die in § 6 Abs. 2 geregelten Planungen ihren nach den maßgeblichen Organisationsvorschriften jeweils zuständigen Aufsichtsorganen so zeitgerecht vorzulegen, dass diese bei der Beschlussfassung über die Budgets, Wirtschaftspläne oder Haushalte darüber verfügen.

§ 10. Sonstige Rechtsträger gemäß § 2 Z 2, die im Verantwortungsbereich des Landes bzw. der Gemeinde Wien gemäß Art. 13 Abs. 3 der Vereinbarung über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 – ÖStP 2012, LGBl. für Wien Nr. 13/2013, liegen, haben zur Sicherstellung des Grundsatzes der Transparenz einen Bericht über alle im selben Rechnungsjahr getätigten Fremdmittelaufnahmen samt Darstellung der gesamten bestehenden Finanzierungen in aggregierter Form an den jeweils zuständigen Gemeinderatsausschuss im Wege des Magistrates vorzulegen. Dieser Bericht hat auf elektronischem Weg bis spätestens 31. März des Folgejahres beim Magistrat einzutreffen. Der erste oder, wenn dies aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist, der zweite derartige Bericht hat jedenfalls eine Darstellung der gesamten bestehenden Finanzierungen in aggregierter Form zu umfassen.

3. Abschnitt
Inkrafttreten

§ 11. Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag, frühestens jedoch mit 1. Jänner 2014, in Kraft.


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