Historischer Rückblick aus dem Jahr 1975

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

April 1975

April

1.4.1975: "Kleines Archiv" für Stadtarchiv

Eine wertvolle Sammlung von 1962 Autographen, Porträts und Dokumenten aus Geschichte und Zeitgeschichte, Wissenschaft und Forschung, Literatur, Musik, bildende Kunst und Theater, die Prof. Walther Jary in 40-jähriger gezielter Sammeltätigkeit eingebracht hatte und "Kleines Archiv" bezeichnet, wurde der Stadt Wien geschenkt. Die ihm zugehörige Reihe "Österreichische Literatur von Adalbert Stifter bis zur Gegenwart" verleiht dem Sammelwerk einen speziellen Charakter.

Dem Willen des Schenkers entsprechend werden die Objekte bis zu dessen Ableben in seiner Verwahrung bleiben und danach dem Wiener Stadt- und Landesarchiv übergeben. Damit soll gewährleistet sein, dass das "Kleine Archiv", dem Wiener Publikum bereits seit zwei Jahrzehnten durch interessante Ausstellungen bekannt, einem volksbildnerischen Zweck erhalten bleibt.

2.4.1975: Hochbau in Wien: Vollbeschäftigung

Auf dem Hochbausektor in Wien herrscht Vollbeschäftigung. Mit rund 8.000 Arbeitern und Angestellten gibt es derzeit mehr Beschäftigte denn je.

Der Schwerpunkt liegt nach wie vor auf dem Spitalbausektor, wie zum Beispiel beim Neubau des Allgemeinen Krankenhauses, des Rudolfspitals und durch die Fertigstellung der Neurologischen Kinderklinik auf dem Rosenhügel. In nahezu allen Wiener Spitälern läuft ein großzügiges Sanierungsprogramm.

Auch hat der Wohnbau nach wie vor Vorrang. Die Stadtverwaltung baut nicht nur selbst, sondern fördert auch Wohnbaugenossenschaften und private Bauwillige. Parallel dazu wird auch die Verbesserung der alten Wohnungen durch die Stadt Wien sehr gefördert. Mehr als 500 Anträge auf Wohnungsverbesserungskredite wurden heuer bereits positiv erledigt.

2.4.1975: Ehrenzeichen des Landes Wien und Ehrenring der Österreichischen Liga für die Vereinten Nationen für Mayer-Gunthof

Der Präsident der Österreichischen Liga für die Vereinten Nationen, Dr. Franz Mayer-Gunthof erhielt heute zwei Auszeichnungen - das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien sowie den Ehrenring der Österreichischen Liga für die Vereinten Nationen - durch Bürgermeister Leopold Gratz überreicht.

2.4.1975: Sensationeller archäologischer Fund in Hernals - römische Legionsziegelbrennanlage entdeckt

In Hernals (17. Bezirk) wurde eine sensationelle archäologische Entdeckung gemacht. Bei dem Fund handelt es sich um die Brennanlage eines Ziegelofens der zehnten römischen Legion, die dank der Initiative des Leiters des Hernals Bezirksmuseums, Prof. Franz Zabusch, entdeckt wurde. Der Fundort befindet sich in der Steinergasse 15, wo bis vor kurzem ein Hernalser Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert gestanden ist. Bei Baggerarbeiten wurden nun außer einer Kulturschicht bisher zwei Heizgänge mit entsprechenden Lüftungsanlagen dieser aus dem ersten Jahrhundert nach Christi stammenden Brennanlage der römischen Legionsziegelei sowie original Legionsziegel freigelegt. Mit der zuständigen Baufirma wurde ein Stopp der Baggerarbeiten vereinbart, um die fachgerechte Bergung der Fundstücke gewährleisten zu können.

3.4.1975: 8,8 Millionen Schilling für Passagen

Für den Betrieb der Rolltreppen und die Reinigung der Opern-, Albertina-, Babenberger- und Bellariapassage sowie jener beim Schottentor wurden 8,8 Millionen Schilling genehmigt.

3.4.1975: Modellversuch "Gesundheitsschwestern" wird weitergeführt

Die vom Gesundheitsministerium gemeinsam mit der Gemeinde Wien durchgeführte Aktion "Gesundheitsschwestern" wird fortgesetzt. Der Modellversuch wird nunmehr von der Gemeinde Wien weitergeführt. Insgesamt stehen dafür fünf "mobile" teilzeitbeschäftigte diplomierte Krankenschwestern zur Verfügung, die in Zusammenarbeit mit den praktischen Ärzten des 22. Bezirkes vor allem alten Menschen und Patienten, die keine stationäre Behandlung benötigen, ambulante Pflege bringen. Sollten sich die weiteren Erfahrungen mit dieser Einrichtung als positiv erweisen, ist daran gedacht, die Aktion auch auf andere Bezirke Wiens auszudehnen.

5.4.1975: Polnische Parlamentsdelegation besichtigt Wiener Kommunaleinrichtungen

Die siebenköpfige polnische Parlamentsdelegation mit Sejmmarschall-Stellvertreter Andrzej Benesz an der Spitze, die sich zu einem offiziellen Besuch in Österreich aufhält, besichtigt eine Reihe kommunaler Einrichtungen und Großbauten in Wien.

Unter anderem steht auf dem Besichtigungsprogramm der Großmarkt Inzersdorf, die Per-Albin-Hansson-Siedlung, das Kurzentrum und der Kurpark Oberlaa, das Stadion und im Bau befindliche Hallenstadion im Prater sowie die UNO-City.

7.4.1975: Amerikanische Zeitungs-Boys bei Bürgermeister Gratz

Junge Zeitungsverkäufer aus den Vereinigten Staaten besuchten das Wiener Rathaus. Bürgermeister Leopold Gratz empfing die 126 Zeitungs-Boys - es waren allerdings auch einige Mädchen darunter - im Alter von zwölf bis 17 Jahren und ihre Begleiter. Die Zeitungsausträger arbeiten für den Parade-Verlag und wurden für ihre guten Verkaufserfolge mit einer Europareise belohnt. Auf Einladung einer österreichischen Tageszeitung kamen sie nun auch nach Wien.

8.4.1975: "Haus der Psychoanalyse" für Wien - Räumliche Erweiterung der Sigmund Freud-Gesellschaft gesichert

Mit dem Kauf einer Hälfte des Hauses Berggasse 19 aus Privatbesitz durch die Stadt Wien, kann der Plan der Sigmund Freud-Gesellschaft verwirklicht werden, in Wien ein "Haus der Psychoanalyse" einzurichten.

Die Sigmund Freud-Gesellschaft benützt bereits in dem Haus jene Räume, in denen der Begründer der Psychoanalyse in den Jahren von 1908 bis 1938 seine Ordination etabliert hatte. Durch den Kauf der Haushälfte gelangen nun die Wohnung Sigmund Freuds sowie dessen Ordinationsräume aus der Zeit von 1891 bis 1907 in den Besitz der Stadt Wien. Die Sigmund Freud-Gesellschaft kann in diesen Räumen beabsichtigte Erweiterungen vornehmen, wie die Einrichtung einer Fachbibliothek und einer Fachbuchhandlung sowie eines Veranstaltungsraumes für Seminare. Im Zusammenwirken mit anderen wissenschaftlichen Institutionen könnte schließlich der Plan verwirklicht werden, das Haus Berggasse 19 zu einem Wiener "Haus der Psychoanalyse" auszubauen.

Historisch interessant ist auch die Tatsache, dass in der jetzt hinzukommenden einstigen Ordination von Freud vorher Viktor Adler gewohnt hat. Die ursprüngliche Architektur des Hauses kann im Sinne des Denkmalschutzes wieder hergestellt werden.

8.4.1975: 1,3 bis 1,7 Milliarden Schilling für Konjunkturimpulse

Der Wirtschaftsbeirat der Stadt Wien, der unter dem Vorsitz von Bürgermeister Leopold Gratz seine konstituierende Sitzung abhielt, empfahl die Ausschöpfung aller im Wiener-Budget gegebenen Möglichkeiten, um die Konjunktur anzukurbeln. Auf Vorschlag von Wirtschaftsstadtrat Hans Mayr sollen nun die 700 Millionen Schilling des Konjunkturausgleichsbudgets eingesetzt und bei den Stadtwerken Investitionen von 600 Millionen Schilling freigegeben werden. Dazu kommen noch 400 Millionen Schilling, die im Budget für "Unvorhergesehenes" vorgesehen sind. Sie können zielgerichtet für Aufträge an Betriebe eingesetzt werden, die trotz an sich gesunder Struktur in Schwierigkeiten geraten.

Im neugeschaffenen Wirtschaftsbeirat sind Vertreter der Wiener Stadtverwaltung, Interessensvertretungen und Wissenschaft zusammengeführt. Der Wirtschaftsbeirat soll sich mit aktuellen Problemen befassen und dabei notfalls als "Feuerwehr" fungieren, er soll aber auch die Zielvorstellung verfolgen, Wien als einen erstrangigen Wirtschaftsfaktor zu erhalten, in dem sowohl der sekundäre als auch der tertiäre Sektor ihren Platz behalten.

Im Beirat wurden drei Ausschüsse gebildet: ein allgemeiner, ein arbeitsmarktpolitischer und ein bauwirtschaftlicher.

Die Zusammensetzung des Wirtschaftsbeirates:

  • Stadtsenat: Bürgermeister Leopold Gratz, Wirtschaftsstadtrat Hans Mayr, Planungsstadtrat Ing. Fritz Hofmann, Wohnungsstadtrat Vizebürgermeister Hubert Pfoch, Stadtwerke-Stadtrat Franz Nekula
  • Finanz- und Wirtschaftsausschuss: Gemeinderat Franz Schreiner (SPÖ), Gemeinderat Adalbert Busta (SPÖ), Gemeinderat Präsident Fritz Hahn (ÖVP).
  • SPÖ-Klub: die Gemeinderäte Reinhold Suttner, Adolf Czettel, Ing. Walter Hofstetter, Bezirksvorsteher Otmar Emerling.
  • ÖVP-Klub: Stadtrat Wilhelm Neusser, Gemeinderat Karl Daller
  • FPÖ-Klub: Dipl.-Ing. Dr. Helmut Krünes.
  • Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien: Präsident Abg. z. Nationalrat Kommerzialrat Otto Mitterer, Kammeramtsdirektor DDr. Karl Kehrer.
  • Kammer für Arbeiter und Angestellte: Präsident Ing. Wilhelm Hrdlitschka, Kammeramtsdirektor-Stellvertreter Dr. Otto Zöllner.
  • Österreichischer Gewerkschaftsbund: Abgeordneter zum Nationalrat Erich Hofstetter, Dr. Thomas Lachs.
  • Prof. DDr. Helmut Frisch (Technische Hochschule, Institut für Volkswirtschaftslehre), Prof. Dr. Walter Stöhr (Hochschule für Welthandel, Institut für Raumordnung), Prof. Dr. Erich Streissler (Wiener Universität, Institut für Wirtschaftswissenschaften), Prof. Dr. Franz Nemschak (Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche), Dr. Felix Butschek (Institut für Wirtschaftsforschung).

Der Wirtschaftsbeirat hat beschlossen, auch die Wiener Landwirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung zur Entsendung von Vertretern einzuladen.

10.4.1975: Hohe Auszeichnung für Dipl.-Ing. Cabana

Der Vizedirektor der Wiener Verkehrsbetriebe, Dipl.-Ing. Rudolf Cabana, wurde heute mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet. Cabana erhielt die Auszeichnung in Würdigung seiner Verdienste um den Wiederaufbau des Betriebes in der Nachkriegszeit, an dem er von Anfang an beteiligt war, um die Rationalisierung und um die Planung des U-Bahn-Netzes und des U-Bahn-Betriebes.

11.4.1975: Krankenhaus- und Pflegeheimkommission konstituiert

Unter dem Vorsitz von Bürgermeister Leopold Gratz, konstituierten sich im Wiener Rathaus die Krankenhaus- und Pflegeheimkommission, deren Aufgabe es ist, die jeweilige Situation in den Krankenanstalten und Pflegeheimen zu prüfen und den Organen der Stadt Wien Vorschläge zu unterbreiten.

12.4.1975: Neue Aufzüge für ältere Gemeindebauten

Fast acht Millionen Schilling werden für den Einbau von Aufzügen in ältere städtische Wohnhäuser bereitgestellt.

12.4.1975: RK-International: Grüner Brief für Spitalspatienten in Bayern

Einen grünen Brief werden die Hausärzte Bayerns in Zukunft ihren Patienten bei einer Einweisung ins Krankenhaus mitgeben. Dieser Brief enthält alle vorliegenden Befunde, Röntgenaufnahmen und andere Untersuchungsergebnisse. Dadurch sind Voruntersuchungen im Spital oft nicht mehr notwendig, der Klinikaufenthalt des Patienten wird in vielen Fällen verkürzt.

Die neue Regelung wurde an den städtischen Krankenanstalten Nürnbergs erfolgreich erprobt. Sie soll in den nächsten Monaten in ganz Bayern eingeführt werden. (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

14.4.1975: "wien aktuell" bringt: Zum ersten Mal Farbfotos von der Staatsvertragsunterzeichnung

Mit einer kleinen Sensation wartet das kommunale Monats-Magazin "wien aktuell" auf: Das soeben erschienene April-Heft bringt zum ersten Mal Farbfotos von der feierlichen Zeremonie der Staatsvertragsunterzeichnung im Oberen Belvedere am 15. Mai 1955. Es handelt sich dabei tatsächlich um eine "Weltpremiere", denn, so unglaublich es auch klingen mag: vom spektakulärsten Ereignis in der Geschichte der Zweiten Republik wurden keine Farbfotos gemacht.

Bei den Bild-Recherchen für das April-Heft, das zur Gänze den Themen "30 Jahre Zweite Republik" und "20 Jahre Staatsvertrag" gewidmet ist, stellte sich heraus: Nur eine einzige Illustrierte - eine bundesdeutsche - hatte Farbaufnahmen in Auftrag gegeben, jedoch niemals veröffentlicht, aus den Aufnahmen war nichts geworden. Aber: ein einziger Farbfilm war wenigstens gedreht worden, und zwar von den Kameraleuten der Austria-Wochenschau. "wien aktuell" ließ nun Farbfotos von einzelnen Szenen dieses Films herstellen - und kam so, zwanzig Jahre nach dem Ereignis, zu seiner Farbbild-Weltpremiere.

Zum Thema "Staatsvertrag" enthält das Heft ferner einen Beitrag von Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky, der 1955 als Staatssekretär an den Staatsvertragsverhandlungen in Moskau teilnahm, zum Thema "Republikgründung" einen Beitrag von Bürgermeister Leopold Gratz, Alt-Bürgermeister Felix Slavik und Univ.-Prof. Dr. Ludwig Jedlicka.

15.4.1975: "Kommission Wien 1945" gebildet - Gratz ruft alle Wienerinnen und Wiener zur Mitarbeit auf

Bürgermeister Leopold Gratz hat alle Wienerinnen und Wiener, die das Jahr 1945 miterlebt haben, zur Mitteilung ihrer Erinnerungen an diese Zeit aufgerufen. Eine wissenschaftliche Kommission, die sich unter seinem Vorsitz konstituiert hat, wird diese Informationen auswerten.

Etwa die Hälfte der heute lebenden Wienerinnen und Wiener hat das Jahr 1945 nicht bewusst erlebt, erklärte Gratz. Will sich die junge Generation heute über das Wiedererstehen eines freien, demokratischen Österreich informieren, finden sie gerade über die entscheidenden Wochen zwischen März und Juni 1945 nur lückenhaftes Material vor. Diese Zeugnisse können im Wesentlichen nur von Menschen beigestellt werden, die aus eigenem Erleben wissen, was damals geschah. An sie alle richtet sich der Aufruf des Bürgermeisters: persönliche Erinnerungen, Fotos, Dokumente, Schallplatten, Unterlagen aus Archiven von Parteien, Betrieben, Pfarren, Schulen, Krankenhäusern usw. werden gesucht. Die Informationen werden auf Wunsch vertraulich behandelt.

Die Auswertung aller Unterlagen wird von der von Bürgermeister Gratz ins Leben gerufenen "Kommission Wien 1945" vorgenommen werden. Ihr gehören Wissenschaftler, Repräsentanten der 1945 in der provisorischen Gemeindeverwaltung vertretenen politischen Parteien und je ein Vertreter der drei Gemeinderatsklubs an.

Die Mitglieder der "Kommission Wien 1945":

  • W. Hofrat Dr. Rudolf Neck (Österreichisches Staatsarchiv), Vorsitzender.
  • Oberarchivrat Dr. Felix Czeike (Wiener Stadt- und Landesarchiv), stellvertretender Vorsitzender; Direktor Dkfm. Kurt Biak (Verlag für Jugend und Volk); Univ.-Prof. Dr. Ludwig Jedlicka (Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien); Christine Klusacek, Schriftstellerin, wissenschaftliche Sekretärin der Kommission; Prälat Univ.-Prof. Dr. Franz Loidl (Institut für Kirchengeschichte der Universität Wien); Prof. Dr. Herbert Steiner (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes); Kurt Stimmer (Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien), Sekretär der Kommission.
  • Repräsentanten der Parteien, die 1945 die demokratische Gemeindeverwaltung gebildet haben:
    Bürgermeister a. D. Dr. hc Felix Slavik (SPÖ), Präsident Kommerzialrat Karl Mühlhauser (ÖVP), Gemeinderat a. D. Josef Lauscher (KPÖ).
  • Vertreter der Gemeinderatsklubs:
    SPÖ: Gemeinderat Leopold Mayrhofer; ÖVP: Gemeinderat Prof. Markus Bittner, Hofrat, Gymnasialdirektor, Stellvertretender Präsident des Stadtschulrates für Wien; FPÖ: Dr. Manfred Sauer.

Gespräche mit weiteren Persönlichkeiten wegen ihrer Mitarbeit in der Kommission werden noch geführt.

Der Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes überreichte dem Bürgermeister das erste Exemplar des Dokumentarwerkes "Verfolgung und Widerstand in Wien 1934 - 1945", das gemeinsam vom Österreichischen Bundesverlag und vom Verlag Jugend und Volk herausgebracht wurde. Mehr als 10.000 Dokumente wurden in diesem Werk verarbeitet.

16.4.1975: Die "neue Donau" ist schon 2,3 Kilometer lang

Die Bauarbeiten für die Hochwasserschutzanlagen der Stadt Wien sind planmäßig soweit fortgeschritten, dass für das Einlaufbauwerk nur noch gewisse Innenarbeiten ausständig sind und die "neue Donau" im Bereich der Lobau bereits eine Länge von 2,3 Kilometer erreicht hat. Noch vor dem Sommer werden das zwölf Kilometer lange Baulos von Langenzersdorf bis zum Wehr 1 am Ende der Alten Donau und diese Wehranlage ausgeschrieben.

Im heurigen Frühjahr soll überdies noch Vorsorge getroffen werden, zumindest im Bereich von rund 500 Meter der "neuen Donau" unterhalb der Steinsportbrücke auf der Donauinsel provisorische Einrichtungen zu schaffen, um den Wienerinnen und Wienern dort das Wildbaden zu erleichtern: eine WC-Anlage, Umkleidemöglichkeiten und einige Flösse sind vorgesehen. Die Einrichtungen haben nur provisorischen Charakter, da die Gestaltung der Insel beziehungsweise der Ufer im Detail noch nicht festgelegt worden ist.

Das Baulos 2 reicht vom Einlaufbauwerk in Langenzersdorf - Gesamtkosten etwa 350 Millionen Schilling - rund zwölf Kilometer weit bis zum Ende der Alten Donau. Die Kosten dafür werden bei etwa einer Milliarde Schilling liegen. In der Ausschreibung werden die Empfehlungen der Jury bezüglich der Achsverschwenkung der "neuen Donau" ebenso wie jene für eine benutzerfreundlichere Ufergestaltung berücksichtigt. Das Wehr 1 im Endbereich der Alten Donau wird ebenso wie das Einlaufbauwerk fünf Felder mit einer Breite von je 24 Meter aufweisen und gleichzeitig als Brücke dienen. Die Kosten dieser Wehranlage werden etwa 400 Millionen Schilling betragen.

16.4.1975: Floridsdorf bekommt Franz Jonas-Platz

Der Platz vor dem Schnellbahnhof Floridsdorf wird nach dem verstorbenen Bundespräsidenten und langjährigen Wiener Bürgermeister Franz Jonas benannt.

17.4.1975: Initiativen - Ideenwettbewerb für Wiener Plätze

Gestaltungsvorschläge und Konzepte für Veränderungen, durch die im Bereich der Plätze Wiens die Lebensqualität verbessert werden kann, werden im Rahmen eines Wettbewerbs "Initiativen" erwartet: die Zentralsparkasse lädt alle in Wien lebenden und arbeitenden bildenden Künstler, Arbeits- und Projektgruppen ein, entsprechende Vorschläge und Projekte einzureichen. Dabei sollen in erster Linie die Aspekte der Fußgänger in der Stadt berücksichtigt werden.

Jeder Teilnehmer kann ein bis drei Arbeiten, verbunden mit einer Kostenschätzung einsenden.

Es sind drei Hauptpreise, in der Höhe von 25.000 Schilling, 15.000 Schilling und 10.000 Schilling sowie vier Anerkennungspreise zu je 5.000 Schilling, zu vergeben. Einer dieser Hauptpreise und zwei der Anerkennungspreise sollen für Projekte vergeben werden, die den historischen Aspekt eines Wiener Platzes besonders miteinbeziehen.

18.4.1975: Kahlenberg-Restaurant wieder geöffnet

Das Kahlenberg-Restaurant auf Wiens berühmtesten Aussichtspunkt wurde nach fünfmonatiger Bauzeit nun wieder geöffnet. Die Restaurant-Anlagen, die aus den dreißiger Jahren stammen, wurden völlig neugestaltet und 13 Millionen Schilling von der "wigast" investiert.

19.4.1975: Rätsel um "Wiens ersten Bürgermeister" Prikryl gelöst

Der Aufruf von Bürgermeister Gratz, Erinnerungen an das Jahr 1945 zur Verfügung zu stellen, hat schon am ersten Tag ein starkes Echo gefunden und auch zu einem wichtigen Erfolg geführt: Das Rätsel um Rudolf Prikryl, der im April 1945 drei Tage lang im Wiener Rathaus als Bürgermeister amtierte, ist so gut wie gelöst. Nachdem sich bei einer Wiener Tageszeitung der Sohn und bei der "Kommission Wien 1945" die geschiedene Frau von Rudolf Prikryl gemeldet hatten, konnte das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes den sehr umfangreichen Gewerbeakt Prikryls aufstöbern, der zahlreiche Dokumente, Lebensläufe und auch einen Brief des Bundespräsidenten Dr. Adolf Schärf enthält. Auch mehrere Freunde von Rudolf Prikryl haben sich gemeldet.

"Wiens erster Bürgermeister der Zweiten Republik" ist 1965, völlig verarmt, gestorben. Er war vor 1934 Sozialdemokrat, wurde 1935 in Wöllersdorf interniert, kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Republikaner und wurde dann in einem französischen Internierungslager festgehalten. Von dort konnte er sich nach Wien durchschlagen, war hier berufstätig und hatte Verbindung zu Widerstandsgruppen. Unmittelbar nach der Befreiung Wiens im April 1945 nahm er Kontakt mit der Zentrale der Widerstandsbewegung 05 im Palais Auersperg auf, die ihm das Amt eines provisorischen Bürgermeisters von Wien antrug. Er erklärte sich mit Vorbehalt dazu bereit, sowjetische Offiziere stimmten ebenfalls zu. Als zwei Tage später die demokratischen Parteien konstituiert waren und eine provisorische Gemeindeverwaltung mit Theodor Körner an der Spitze bildeten, trat Prikryl sofort freiwillig zurück. Dr. Schärf würdigte sein Verhalten als einen "wesentlichen und idealen Beitrag zur Ordnung der Dinge".

Rudolf Prikryl erlangte dann sein Gewerberecht als Installateur, das ihm die Nationalsozialisten entzogen hatten, wieder zurück. Er hatte zuerst ein Geschäft in der Wipplingerstraße, dann in der Judengasse, scheiterte jedoch geschäftlich. Er wurde Hotelelektriker und ging dann in Pension. Zuletzt wohnte er Margaretengürtel 126. Er ist auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben.

21.4.1975: Stadtbibliothek übernimmt Plakatsammlung der Gewista

Die umfangreiche Plakatsammlung der Gewista - Belegexemplare aller jener Plakate, die von diesem Unternehmen seit seiner Gründung vor mehr als 50 Jahren in Wien plakatiert worden sind - wird nunmehr von der Wiener Stadtbibliothek schrittweise übernommen werden.

Die Plakatsammlung der Wiener Stadtbibliothek, die schon jetzt bis etwa 1870 zurückreicht, wird durch diesen bedeutenden Zuwachs wesentlich erweitert.

22.4.1975: Wiener Altstadterhaltungsfonds lässt Stadtbahnstationen instand setzen

Die Kosten für die denkmalpflegerische Wiederinstandsetzung der von Otto Wagner stammenden und teilweise denkmalgeschützten Stadtbahnstationen der Gürtellinie wird der Wiener Altstadterhaltungsfonds übernehmen. Als erstes sollen die Stationen "Nußdorfer Straße" und "Währinger Straße" in Angriff genommen werden. Hier wird eine Sanierung der Dächer und Fassaden mit ihren für die Bauzeit charakteristischen Fassadengliedern durchgeführt. Die denkmalpflegerischen Mehrkosten werden sich dabei auf rund drei Millionen Schilling belaufen.

23.4.1975: Wiener Orden für Ellen Müller-Preis

Der zweifachen Olympia-Medaillen-Gewinnerin im Fechten Ellen Müller-Preis wurde das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien überreicht. Müller-Preis errang fünf Mal den Weltmeistertitel - 1947, 1948, 1949, 1950 und 1952.

23.4.1975: RK-International: Ein Stecker für alle Welt

In etwa drei Jahren sollen weltweit einheitliche Elektrostecker und Steckdosen eingeführt werden. Wie bei Siemens in Regensburg bekannt wurde, hat sich eine Fachgruppe der "International Electro-Technical Commission (iec)" darauf geeinigt, von 1978 an weltweit einen neuen Dreistiftstecker mit flachen Stiften und den dazugehörigen Steckdosen einzuführen. Dabei soll es sich um ein völlig neues System handeln, für das keines der bisherigen Systeme passt. Der neue Sicherheitsstecker soll für alle Elektrogeräte, von der Zahnbürste bis zur Waschmaschine, verwendet werden. (Quelle: die Welt)

25.4.1975: Aus dem Wiener Gemeinderat

Der Antrag, für die Renovierung von 64 Objekten aus dem Altstadterhaltungsfonds 16 Millionen Schilling zur Verfügung zu stellen, wurde einstimmig angenommen. Seit der Gründung des Altstadterhaltungsfonds vor drei Jahren sind insgesamt 77 Millionen Schilling für die Renovierung von 381 Objekten ausgegeben worden.

Einstimmig angenommen wurde auch der Antrag, die bisher bei Veranstaltungen im Praterstadion eingehobene Miete von 6,4 Prozent der Bruttoeinnahmen abzuschaffen. Stattdessen soll künftig nur ein Erhaltungskostenaufwand von zwei Prozent der Einnahmen eingehoben werden.

Das letzte Geschäftsstück betraf die Einbeziehung des Kahlenberger Dorfes in den Einheitstarif der Wiener Verkehrsbetriebe. Auch hier wurde einstimmig dafür entschieden.

29.4.1975: Dr. Bandion - neuer Magistratsdirektor - einstimmiger Beschluss des Stadtsenats

Mi 1. Jänner 1976 wird der derzeitige Präsidialchef des Bürgermeisters, Obersenatsrat Dr. Josef Bandion, Wiens neuer Magistratsdirektor und Landesamtsdirektor sein. Dies wurde heute einstimmig vom Wiener Stadtsenat beschlossen.