Historischer Rückblick aus dem Jahr 1966

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

April 1966

April

4.4.1966: Österreichs erster Kabelpflug in der Lobau

In der Unteren Lobau werden derzeit zwei Erdkabel verlegt, die zur Fernsteuerung der Grundwasserbrunnen erforderlich sind. Die Pumpwerke der Brunnen sollen von einem Schaltraum des neuen Grundwasserwerkes Lobau aus zentral gesteuert werden. Dazu müssen über eine Entfernung von neun Kilometer zwei Erdkabel verlegt werden. Die Wiener Wasserwerke bedienen sich dazu einer neuen Erfindung, die auf dem Gebiet der Kabelverlegung revolutionierend sein dürfte: Eine Seilwinde, die auf einem schweren Lastwagen montiert ist, zieht ein pflugähnliches Gerät. Dieses verlegt in einem Arbeitsgang Kabel bis zu sechs Zentimeter Durchmesser in einer maximalen Tiefe von 90 Zentimeter, ohne dass vorher ein Graben ausgehoben werden muss, legt darüber ein leuchtend gelbes Kunststofff-Warnband und gräbt den Erdschlitz gleichzeitig wieder so zu, dass hinter dem Gerät nur ein ganz schmaler Erdwulst zurückbleibt. Dabei macht es dem von einer Zugkraft bis zu 35 Tonnen gezogenen Kabelpflug nichts aus, wenn das Erdreich hart oder gefroren ist. Der Vorteil liegt in der beträchtlichen Einsparung von Arbeitskräften und Bauzeit. Die neun Kilometer Kabelstrecke in der Unteren Lobau bewältigt das Gerät beispielsweise in fünf Tagen, wobei zu seiner Bedienung acht Mann erforderlich sind. Müsste man diese Strecke mit einem Künettenbagger aufgraben, hätten etwa 40 Arbeiter rund zwei Monate lang zu tun.

6.4.1966: Paris empfiehlt schon jetzt kommende Wiener Toulouse-Lautrec-Ausstellung

Das in Paris befindliche Internationale Ratskomitee der Museen (International Council of Museums, ICOM) hat der in Wien bevorstehenden Henri de Toulouse-Lautrec-Ausstellung das Prädikat "Agree" zuerkannt. Mit dieser Bezeichnung hat die ICOM die Exposition der Werke des großen französischen Malers in der österreichischen Bundeshauptstadt als international wertvoll empfohlen.

Die Ausstellung wird vom Kulturamt der Stadt Wien in den Monaten Juni und Juli 1966 im Österreichischen Museum für Angewandte Kunst veranstaltet.

7.4.1966: 65. Geburtstag von Walter Schneiderhan

Der 1. Konzertmeister der Wiener Symphoniker, Prof. Walter Schneiderhan, feiert seinen 65. Geburtstag.

Schneiderhan gehört seit nunmehr 18 Jahren den Wiener Symphonikern an.

7.4.1966: 200 Jahre Wiener Prater: Calafatti und Fortuna kehren in den Wurstelprater zurück

In den nächsten Tagen wird ein denkwürdiger Tag für den Wiener Wurstelprater sein. Zwei legendäre Figuren aus der Geschichte dieses weltberühmten Vergnügungsparks werden wieder in den Prater zurückkehren. Anlässlich der 200-Jahr-Feier hat die akademische Bildhauerin Ilse Pompe-Niederführ den "Calafatti" und die "Fortuna" nach historischen Vorbildern gestaltet. Der "Calafatti", die überlebensgroße Gestalt eines Chinesen und die "Fortuna", eine ebenso große echt wienerische Glücksgöttin, werden neuerlich im Prater aufgestellt.

Der neue "Calafatti" und die neue "Fortuna" sind je vier Meter groß und aus Styroporr hergestellt. Da sie während des Praterjubiläums im Freien stehen werden, sind sie nicht wie ihre geschichtlichen Vorbilder mit Textilien bekleidet, sondern mit einem wetterfesten Lack färbig bemalt. Jede der Figuren kommt auf ein meterhohes Podest und zwar der Calafatti natürlich auf den Calafatti-Platz, das ist das erste Praterrondeau bei der Lindwurmgrottenbahn, während die Fortuna das zweite Rondeau beim Trudelrad schmücken wird.

Ein Stück Pratergeschichte

Der Calafatti hat seinen Namen von einem Praterunternehmen. Basileo Calafatti begründete im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts im Wurstelprater ein "Kunstkabinett", in dem er erstaunliche Taschenspielerkünste und Geistererscheinungen produzierte. In der recht primitiven Bretterbude zeigte er auch ausgestopfte Tiere und für die damalige Zeit staunenswerte Automaten. Er stellte später ein Karussel auf, das er 1840 in ein Ringelspiel umgestaltete, in dem sich mehrere auf Schienen laufende Eisenbahnwaggons, von zwei Lokomotiven gezogen, bewegten.

Es zählte zu den Sehenswürdigkeiten der damaligen Zeit und seine Anziehungskraft erhöhte sich noch, als 1854 eine riesige, sich um die eigene Achse drehende Chinesenfigur aufgestellt wurde. Sie ist den Kriegsereignissen des Jahres 1945 zum Opfer gefallen.

Auch die Fortuna, eine mehr als drei Meter hohe Frauengestalt, war Mittelpunkt eines Ringelspiels, das an der Straße des 1. Mai lag. Es wurde noch vor dem großen Praterbrand modernisiert und der Besitzer bot die Fortuna und andere Teile des Ringelspiels dem bekannten Praterhistoriker Professor Pemmer an. Pemmer hat die Fortuna dann bis zur Errichtung des Pratermuseums in seiner Wohnung aufbewahrt.

16.4.1966: 70. Geburtstag von Alois Melichar

Der Komponist Professor Alois Melichar feiert seinen 70. Geburtstag.

Er wurde als Sohn eines bekannten Kapellmeisters in Wien geboren, absolvierte an der Musikakademie seine Studien und besuchte gleichzeitig die Lehrerbildungsanstalt. 1920 folgte er seinem Lehrer Franz Schreker nach Berlin, 1923 verpflichtete er sich für drei Jahre nach Russland, wo er sich als Orchesterdirigent, Musiklehrer und Chorleiter hervorragend bewährte. Nach seiner Rückkehr wurde er ständiger Dirigent der Berliner Philharmoniker und erster Dirigent der Deutschen Grammophon-Gesellschaft, für die er zahlreiche Schallplattenaufnahmen symphonischer Werke schuf, die seinen Namen weltbekannt machten. Gleichzeitig betätigte er sich als Musikkritiker und Schriftsteller. Das Jahr 1933 war für ihn das Ende seiner Dirigentenlaufbahn. Erich Kleiber vermittelte ihm ein Engagement als Tonfilmkomponist. Schon seine erste Filmmusik "Der Walzerkrieg" wurde ein so großer Erfolg, dass zahlreiche weitere Aufträge folgten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Melichar nach Wien zurück, war vorübergehend beim Sender Rot-Weiß-Rot beschäftigt und wandte sich dann abermals dem Film zu. Sein kompositorisches Schaffen umfasst außer der Filmmusik alle Zweige der ernsten Musik, Klavierwerke, Kammermusik, Orchesterwerke, Lieder, Chöre und eine Oper.

18.4.1966: Schottisches Stadtoberhaupt besucht Wien

Der Bürgermeister der schottischen Stadt Dundee, Lord Provost - so lautet der Titel des Stadtoberhaupts - Maurice Mac Manus und seine Gattin Lillian, trafen heute in Wien ein und wurden von Bürgermeister Marek im Rathaus empfangen.

Lord Provost Mac Manus ist zur Eröffnung einer Sonderausstellung der Handelskammer Dundee nach Wien gekommen. Der schottische Politiker war ursprünglich Bergmann und wurde später ein Mitarbeiter der Stromversorgungsbetriebe Nordschottlands. Seit Mai 1960 ist er Bürgermeister der Stadt mit ihren rund 185.000 Einwohnern.

Die Ausstellung "Dundee kommt nach Wien" wurde heute von Bürgermeister Marek eröffnet.

21.4.1966: Letzte Ehrung für Wiener Raketenfachmann

Der im 86. Lebensjahr verstorbene österreichische Raketenforscher, Dipl.-Ing. Guido Peter Pirque, wird in der Familiengruft am Hirstettner Friedhof beigesetzt. Die Wiener Stadtverwaltung hat dem Wissenschaftler, dessen Arbeit in den Zwanziger- und Dreißigerjahren wichtige Voraussetzungen für die heutige Weltraumforschung geschaffen hat, die Familiengruft ehrenhalber auf Friedhofsdauer gewidmet.

22.4.1966: Aus dem Wiener Gemeinderat:

Der Wiener Gemeinderat wählte heute die sechs Mitglieder einer Kommission, die die Voraussetzung prüfen und vorbereiten soll, die in Wien für den Sitz weiterer internationaler Organisationen gegeben sind.

Der Antrag auf Errichtung einer Kinderkrankenpflegeschule im Allgemeinen Krankenhaus wurde einstimmig angenommen. Die neue Schule soll mit drei Klassen zu je 20 Schülerinnen geführt werden.

Ebenfalls einstimmig angenommen wurde der Vorschlag auf Umbau der großen Ausstellungshalle im Donaupark in eine Kunsteislaufhalle, da im Jahre 1967 die Eishockeyweltmeisterschaften in Wien abgehalten werden.

25.4.1966: Jugendzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde eröffnet

In Wien 2, Krummbaumgasse 8 (Leopoldstadt) wurde ein "Haus der Jugend" eröffnet, das von der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien errichtet worden war. Die Eröffnung fand heute durch Bürgermeister Marek statt.

25.4.1966: Angehende "Wikinger des Südens" in Wien - Ständchen für den Bürgermeister

Eine Gruppe von Marineschülern aus Venedig brachte heute Bürgermeister Marek ein Ständchen. Die Schüler der privaten Kadettenschule "Giorgio Cini" - von Marek als "Wikinger des Südens" bezeichnet - verbringen einige Tage in Wien.

25.4.1966: 70. Geburtstag von Philipp Zeska

Kammerschauspieler Philipp Zeska feiert seinen 70. Geburtstag.

Er wurde in Wien geboren und erhielt bereits 1914 sein erstes Engagement in Frankfurt. Seit 1920 ist er Mitglied des Burgtheaters. In den Jahren 1940 bis 1943 war er auch als Gastregisseur am Deutschen Volkstheater tätig. Philipp Zeska trat nicht nur als Schauspieler und Regisseur, sondern auch als Schriftsteller mit Gedichten und Novellen hervor. Nach 1945 gründete er in den Wiener Volkshochschulen ein Studio und widmete sich der Pflege des Schauspielernachwuchses. Eine zweite Gründung war die "Gesellschaft zur Förderung neuer Dramatik". Bei der Organisierung und Durchführung der Forchtensteiner Burgfestspiele hat sich Zeska gleichfalls Verdienste erworben.

26.4.1966: Elisabethspital wird ferngeheizt

Als die Wiener Stadthalle errichtet wurde, hat man das Fernheizwerk im Zentralberufsschulgebäude in der Hütteldorfer Straße so modernisiert und vergrößert, dass der Stadthallenkomplex von dort aus mit Wärme versorgt werden kann. Eine weitere Ausbaustufe wird nun die Leistung des Fernheizwerkes auf 14 Millionen Kilokalorien pro Stunde erhöhen, so dass auch das Elisabethspital an diese Anlage angeschlossen werden kann.

28.4.1966: Amtsgehilfen auf Rädern. Motorisierter Zustelldienst zwischen Rathaus und Dienststellen

Die moderne Zeit macht auch vor den Amtsstuben nicht Halt. Denn auch hier ist die Motorisierung im Vormarsch begriffen: Als neueste Errungenschaft wird es nun den "Amtsdiener auf Rädern" geben. Für den Transport von Drucksorten, Akten etc. vom Rathaus in die einzelnen Dienststellen (außerhalb) wird nun ein Zustellwagen eingesetzt.

30.4.1966: Die Preisträger der Stadt Wien 1966

Die Verleihung der Preise der Stadt Wien für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung erfolgen jährlich als Anerkennung für ein Lebenswerk oder ein einzelnes Werk, das geeignet ist, die Bedeutung Wiens und Österreichs als Pflegestätten der Kunst, Wissenschaft und Volksbildung hervorzuheben.

  • für Dichtkunst: Dr. Elias Canetti
  • für Publizistik: Prof. Friedrich Torberg
  • für Malerei: Prof. Arnulf Neuwirth
  • für Bildhauerei: akad. Bildhauer Franz Fischer
  • für angewandte Kunst: Prof. Hans Thomas
  • für Architektur: Prof. Herbert Thurner
  • für Musik: Prof. Armin Kaufmann
  • für Geisteswissenschaften: Prof. Dr. Otto Erich Deutsch
  • für Naturwissenschaften: Dipl.-Ing. Hans Böhmer
  • für Volksbildung: Prof. Alois Jalkotzy