Historischer Rückblick aus dem Jahr 1951

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

Dezember 1951

Dezember

3.12.1951: Eröffnung der neuen Aspernbrücke

Tausende Menschen nahmen heute an der Eröffnung der Aspernbrücke teil. Sogar auf das Dach der Urania waren einige geklettert, um von dort aus die Ereignisse zu verfolgen. Die Belastungsprobe für die neue Brücke fiel überaus zufriedenstellend aus.

Viele Vertreter der Bundesregierung und Stadtregierung hatten sich zur Eröffnung eingefunden. Stadtrat Thaller erinnerte in einem kurzen historischen Rückblick an die im jahre 1863 errichtete Kettenbrücke, die im Jahre 1913 einer Bogenbrücke mit bedeutend höherer Leistungsfähigkeit weichen sollte. Durch den Ersten Weltkrieg verzögerte sich die Fertigstellung dieser Brücke bis 1919. Anläßlich der Kampfhandlungen des Jahres 1945 wurde die Bogenbrücke wie die anderen Donaubrücken gesprengt und völlig zerstört.

Die nach Kriegsende von der Roten Armee errichtete Hilfsbrücke wurde jetzt durch eine Brücke ersetzt, die als Spitzenleistung des modernen Brückenbaus angesprochen werden kann.

Die Länge der Brücke beträgt 88,97 Meter, die gesamte Breite ist 27,95 Meter. Gesamtgewicht: 925 Tonnen. Baukosten: 15,5 Millionen Schilling.

Gleichzeitig wurde auf dem Aspernplatz durch Schaffung eines Kreisverkehrs eine bedeutende Verkehrsverbesserung erzielt.

3.12.1951: Der Umbau der Malinowskibrücke - Straßenbahngeleise wurden in die Mitte verlegt

Im Verlauf der umfangreichen Umbauarbeiten auf der Malinowskibrücke (Floridsdorfer Brücke) wurde dieser Tage einer der wichtigsten Bauabschnitte beendet: die Verlegung der Straßenbahngeleise in die Brückenmitte.

5.12.1951: Zwei neue städtische Kindergärten in Favoriten

Bürgermeister Jonas eröffnete heute in Favoriten in der Laaer-Siedlung und in der Per Albin-Hansson-Siedlung zwei neue städtische Kindergärten. Der Kindergarten in der Laaer-Siedlung wurde auf den Fundamenten eines im Krieg völlig zerstörten Kindergartens neu aufgebaut; der Kindergarten in der Hansson-Siedlung ist eine Neuschöpfung. Er wurde nach den Plänen der Architektin Marie Tölzer errichtet.

6.12.1951: Das Parlament auf Besuch im Rathaus

Die Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates folgten einer Einladung Bürgermeister Jonas und besuchten heute das Rathaus. Die Abgeordneten, mit Nationalratspräsident Leopold Kunschak an der Spitze, besichtigten den Festsaal, Roten Salon usw.

Zum ersten Mal in der Geschichte des Wiener Rathauses hielt dann der Nationalrat und der Bundesrat eine gemeinsame "Sitzung" im Gemeinderatssitzungssaal, allerdings nur um einen kurzen Vortrag über die Geschichte des Hauses anzuhören.

7.12.1951: Popper-Lynkeus-Denkmal wieder im Rathauspark

Im Rathauspark wurde das Denkmal des Sozialethikers und Philanthropen Josef Popper-Lynkeus wiederaufgestellt. Dieses von dem Bildhauer Taglang geschaffene Denkmal wurde 1926 enthüllt. 1938 mußte es abgetragen werden. Die Neuherstellung der Büste nach einem vorhanden gewesenen Gipsmodell besorgte der Bildhauer August Bodenstein.

Während des Jahres 1951 konnten von der Stadt Wien wieder einige Denkmäler aufgestellt werden. Die Bronzeteile des Kneipp-Brunnens im Stadtpark wurden neu gegossen und das Denkmal Friedrich Schmidts in vereinfachter Form aufgestellt. Das Suess-Denkmal wurde nicht mehr auf den alten Platz, sondern vor die Geologische Bundesanstalt, 3, Rasumofskygasse 23, gesetzt. Die Plastik "Reh und Mädchen" in Wien 18, Hartäckerpark, die während des Krieges eingeschmolzen worden war, wurde neu gegossen und wiederaufgestellt.

Die Büste des Feuerwehrhauptmannes Karl Kantner wird in nächster Zeit am alten Platz (16, Thaliastraße-Montleartstraße-Ottakringer Straße) wieder aufgestellt werden.

10.12.1951: Kindernachmittag in den Städtischen Büchereien

In der Städtischen Bücherei (5, Siebenbrunnenfeldgasse 13) liest die bekannte Verfasserin vieler Jugendschriften, Anneliese Umlauf-Lamatsch, aus ihren Werken und neuen Geschichten vor. Dazu eingeladen sind alle Buben und Mädchen, die in den Städtischen Büchereien lesen.

11.12.1951: Beginn der Vorarbeiten der großen städtischen Wohnhausanlage "Am Schöpfwerk"

Stadtrat Thaller referierte heute im Wiener Stadtsenat einen Antrag auf Errichtung des ersten Bauabschnittes einer großen städtischen Wohnhausanlage im 12. Bezirk, zwischen den Straßenzügen "Am Schöpfwerk - Tscherttegasse". Es handelt sich um 754 Wohnungen nach einem Entwurf von Prof. Schuster. Die Kosten werden 30 Millionen Schilling betragen. Die Anlage soll nach ihrer vollkommenen Fertigstellung über 922 Kleinwohnungen verfügen.

13.12.1951: 7 Personen und 3 Körperschaften. Die ersten Preisträger der Dr. Karl Renner-Stiftung

Folgende Personen und Personengemeinschaften wurden dem Bürgermeister für die Zuerkennung von Preisen aus der am 26. Jänner 1951 gegründeten Dr. Karl Renner-Stiftung vorgeschlagen:

Johann Böhm, geboren 1886, trat 1903 der Maurerorganisation (späteren Baugewerkschaft) bei, wurde 1905 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, war Obmann der Wiener Baugewerkschaft, dann Vorstandsmitglied der Wiener Bezirkskrankenkasse, Vorsitzender-Stellvertreter der Industriellen Bezirkskommission, 1926 Wiener Gemeinderat, Vorsitzender der Baugewerkschaft, 1930 bis 1934 Mitglied des Nationalrates, nach 1945 provisorischer Vorsitzender des ÖGB, Staatssekretär für soziale Verwaltung, zweiter Präsident des Nationalrates, seit 1948 Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes.

Ludwig Brim, geboren 1900 in Wien, trat 1918 in den Dienst der Österreichischen Bundesbahnen, wurde als Fahrdienstleiter, Bahnhofvorstand und Bahnhofbeamter verwendet. Am 1. Jänner 1951 sprang er im Bahnhof Freiland auf eine von Kernhof kommende führerlose Lokomotive, brachte sie zum Stehen und verhütete hierdurch ein schweres Unglück.

Oberschwester Amalie Hofmann, geboren 1914 in Wien, Leiterin des Säuglingsheimes 13, Lainzer Straße 172, hat sich um die Säuglingspflege hervorragende Dienste erworben.

Dipl.-Ing. Rudolf Keck, geboren 1912 in Wien, im Dienste der Städtischen Gaswerke, hat durch eine Änderung in der Beheizung des Kammerofens im Gaswerk Simmering bewirkt, dass jährlich um ca. 30.000 Tonnen Koks im Gaswerk weniger verbracht werden.

Leopold Kunschak, geboren 1871 in Wien, erlernte das Sattlerhandwerk. Er trat der Christlichsozialen Partei bei, in der er als Obmann der Wiener Organisation und Mitglied der Reichsparteileitung fungierte. 1904 wurde er in den Wiener Gemeinderat, 1907 in den Österreichischen Reichstag entsendet, seit 1908 gehörte er dem Niederösterreichischen Landtag an. Seit 1945 ist Kunschak Präsident des Nationalrates. Anläßlich seines 75. Geburtstages wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt.

Schulrat Hans Radl, geboren 1894 in Wien, wirkt seit 25 Jahren als Dozent am Pädagogischen Institut der Stadt Wien und hat einen bedeutenden Beitrag zur Eingliederung körperbehinderter Kinder in die Gemeinschaft geleistet. 1951 wurde er von der UNESCO zum internationalen Experten für den Unterricht und die Erziehung körperbehinderter Kinder ernannt.

Ewald Schild, geboren 1899 in Wien, begründete das Forschungslaboratorium für wissenschaftliche und angewandte Mikroskopie, Mikrophotographie und Mikrokinematographie, das er aus eigenen Mitteln erhält. Schild entwickelte nach 1945 eine neue Methode der "Küvetten-Mikroskopie" zur Beobachtung lebender Organismen.

Die Körperschaften:
Der Entminungsdienst für Wien und Niederösterreich;
die Wiener Philharmoniker;
die Wiener Symphoniker.

Bürgermeister Jonas hat die Preiszuerkennung an die genannten Personen und Personengemeinschaften genehmigt.

15.12.1951: Ein Zentralgebäude für "Jugend am Werk". Gemeinde Wien - eine helfende Hand für Jugendliche

Heute wurde in der Grundsteingasse, das von der Stadt Wien errichtete Zentralgebäude der Aktion "Jugend am Werk", durch Bürgermeister Jonas eröffnet.

Der Umbau der einstigen alten Volksschule, die im Krieg durch Bomben schwer getroffen wurde, konnte in elf Monaten wieder vollendet und für die Zwecke von "Jugend am Werk" mit einem Kostenaufwand von 1,1 Millionen Schilling eingerichtet werden.

15.12.1951: Eröffnung der Kläranlage in Inzersdorf. Wiens neuestes Wunderwerk der Technik

Heute wurde die von der Stadt Wien in Inzersdorf gebaute Kläranlage durch Bürgermeister Jonas dem Betrieb übergeben.

Das Einzugsgebiet dieser Anlage, die "Auf der gelben Haide" errichtet wurde, umfaßt 470 Hektar kostbaren Wiener Bodens, auf dem gegenwärtig rund 16.000 Menschen wohnen, wo aber bei voller Besiedelung in Zukunft Platz für mehr als 100.000 Menschen sein wird. Das neue Projekt der Kläranlage wurde von der Magistratsabteilung 30 ausgearbeitet.

18.12.1951: Präsident Kunschak widmet Renner-Preis wohltätigen Zwecken

Wie der Präsident des Nationalrates, Kunschak, sofort nach Erhalt der Nachricht über den an ihn verliehenen Renner-Preis Bürgermeister Jonas schriftlich mitteilte, wird er den damit verbundenen Geldbetrag wohltätigen Zwecken zur Verfügung stellen. Nach dem Wunsch Präsident Kunschaks sollen 5.000 Schilling den Armen Wiens gewidmet, 2.500 Schilling für den Wiederaufbau des Stephansdomes und 2.500 Schilling für die Blindenanstalten zur Verfügung gestellt werden.

21.12.1951: Weihnachtsfeier für die Kinder der Kriegsgefangenen

Die Kinder der Wiener Kriegsgefangenen (rund 150), deren Väter sechs Jahre nach Kriegsende noch immer nicht zu Hause sind, wurden heute zu einer Weihnachtsfeier in das Rathaus eingeladen. Alle Kinder erhielten von Firmen gespendete Weihnachtsgeschenke.

22.12.1951: Stadtbahnstation Westbahnhof fertiggestellt - Tageslicht aus 160 Neonröhren

Vor etwa acht Monaten wurde mit dem Umbau des nach dem Entwurf Otto Wagners erbauten Stadtbahnstationsgebäudes Westbahnhof begonnen, das nunmehr allen modernen Anforderungen eines Großstadtverkehrs entspricht. Das Vestibül, die Kassen und Sperren wurden unter das Straßenniveau verlegt. Zwischen dem neuen Westbahnhof und dem Hesser-Denkmal wurde ein Personentunnel errichtet. Der 110 m lange Haltestellen-Einschnitt erhielt eine massive Betondecke.

Bei der Ausstattung wurde zum ersten Mal ausschließlich Metall und Glas verwendet. Ein weiteres Glanzstück ist die aus etwa 160 Neonröhren montierte Tageslichtbeleuchtung, die beim eventuellen Ausfall des Verbundnetzes automatisch durch eine Notbeleuchtung ersetzt wird. Für den von der Magistratsabteilung für Brücken- und Wasserbau geleiteten Umbau wurden rund 3,5 Millionen Schilling aufgewendet.

22.12.1951: Die Unterführung auf dem Matzleinsdorfer Platz dem Verkehr übergeben. Bürgermeister Jonas: Unser gemeinsames Ziel - ein modernes Wien!

In Anwesenheit aller Stadträte übergab heute Bürgermeister Jonas die neue Straßenunterführung auf dem Matzleinsdorfer Platz dem Verkehr. An der Realisierung des von Prof. Brunner vorgelegten Projektes haben sich besonders die Magistratsabteilungen Straßenbau, Brücken- und Wasserbau, Kanalisation und Wasserwerke zusammen mit den Wiener Verkehrsbetrieben große Verdienste erworben.

Die fertiggestellte Unterführung ist 250 m lang und kostete mehr als 15 Millionen Schilling.

22.12.1951: Fahrpreis zu Weihnachten und Neujahr

Am 25. und 26. Dezember gilt auf der Straßenbahn und Stadtbahn der Sonntagsfahrpreis. Die Sonntags- und Feiertagsfahrscheine kosten 2,40 Schilling, die Kinderfahrscheine 50 Groschen.

28.12.1951: Der Kampf gegen das Glatteis

Die Glatteisbekämpfung während der Weihnachtsfeiertage erforderte den Einsatz des gesamten Personals der Magistratsabteilung 48. Durchschnittlich waren täglich 1.000 bis 1.200 städtische Straßenarbeiter eingesetzt. Das Glatteis war am 24. Dezember schlagartig aufgetreten, so dass das dienstfreie Personal durch Radioaufrufe an die Arbeitsplätze beordert werden mußte. Die Streuarbeiten dauerten ununterbrochen bis zum Mittag des 26. Dezembers, zu welchem Zeitpunkt es zu tauen begann.

31.12.1951: Neujahrsempfang beim Bürgermeister

Anläßlich des Jahreswechsels empfing Bürgermeister Jonas die Mitglieder des Wiener Stadtsenats sowie Oberbeamte des Magistrats in seinem Arbeitszimmer.