Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 03.02.2023:
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Stadtrat Hanke: „Bund muss bei Schutzschirm für Energieunternehmen endlich handeln“

Wiener ExpertInnengremium berät Beschleunigung von „Raus aus Gas“

Am 31. Jänner 2023 trat das ExpertInnengremium für Energieversorgungsicherheit der Stadt Wien zu ihrem bisher dritten Treffen zusammen. Die Aufgabe der Arbeitsgruppe, die im Auftrag von Bürgermeister Michael Ludwig durch Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke eingesetzt wurde, ist die laufende Beobachtung und Verfolgung von Entwicklungen am Energiemarkt und der Versorgung der Stadt.

In den bisherigen Sitzungen des ExpertInnengremiums ging es vorrangig um die Versorgungslage Wiens und die Erarbeitung eines Energiesparplans für die Stadt Wien. Beim jüngsten Treffen wurden Themenbereiche zu „Raus aus Gas“ und Maßnahmen diskutiert, wie der Ausbau erneuerbarer Energieträger in Wien beschleunigt werden kann.

Seit der konstituierenden Sitzung Anfang November 2022 hat sich sowohl die Lage an den Energiemärkten als auch die Unsicherheit der Energieversorgung für den Winter entspannt: Der Speicherstand der Gasspeicher liegt aktuell bei rund 76% in der EU und bei 82% in Österreich; ein sehr hoher Wert für Ende Januar. Begünstigt wurde der geringere Gasverbrauch vor allem durch den bisher großteils warmen Winter und das steigende Bewusstsein in der Bevölkerung Energie zu sparen.

Die gut gefüllten Gasspeicher sowie die Diversifizierung des Gasbezuges – etwa durch ein gestiegenes Angebot an LNG-Lieferungen – haben auch zu einer Senkung der Energiepreise an den Börsen geführt. Lagen diese am als „black Friday“ bekannt gewordenen 26. August 2022 bei rund 315 EUR pro MWh, beträgt dieser derzeit 65 Euro pro MWh. Damit kostet Erdgas aber immer noch rund das dreifache verglichen zu April 2021.

„Wiener Schutzschirm war das einzig richtige, Bund muss endlich nachziehen“

„Unsere Einschätzung, dass wir gut durch den heurigen Winter kommen, hat sich bestätigt. Ich habe aber auch immer klar gesagt, dass die Vorbereitung für den Winter 2023/2024 die größere Herausforderung wird. Zudem gilt es weiterhin wachsam zu sein, denn weitere Einschränkungen der Gasversorgung sind jederzeit möglich. Ob und wann die Pipelines Nordstream 1 und 2 wieder in Betrieb gehen und russisches Gas nach Europa liefern, ist weiter völlig unklar“, so Stadtrat Hanke. Somit können auch weiterhin Extremausreißer wie Ende August 2022 geschehen – umso wichtiger wäre endlich die Schaffung eines bundesweiten Schutzschirmes für Energieunternehmen.

„Zahlreiche andere Staaten wie Finnland oder die Schweiz haben längst gehandelt und ihre Energieversorger mit Schutzschirmen in Milliardenhöhe abgesichert. In Deutschland wurde gerade durch die Bundesregierung das Margining-Finanzierungsinstrument für Handel an Terminbörsen bis Ende 2023 verlängert. Doch die österreichische Bundesregierung bleibt hier weiter untätig. Vor diesem Hintergrund war das Aufspannen des Wiener Schutzschirmes für Wien Energie der einzig richtige Schritt. Der Bund muss nun endlich nachziehen, denn nur so können wir die Energieversorgung weiterhin vor unvorhersehbaren internationalen Turbulenzen absichern“, betont Hanke.

Wien tritt aufs Gas bei „Raus aus Gas“, Bund muss gesetzliche Rahmenbedingung schaffen

Die aktuell wohl größte Herausforderung in der Sicherung der Energieversorgung liegt bei einem möglichst raschen Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Erdgas. Bei der Regierungsklausur unterstrich die Wiener Fortschrittskoalition das Bekenntnis zu einer klimaneutralen Stadt 2040.

Pläne, wie dieses ambitionierte Ziel erreicht werden kann, wurden auch in der jüngsten Sitzung des ExpertInnengremiums diskutiert. Der Ausstieg basiert im Wesentlichen auf zwei Säulen: Der Dekarbonisierung der Raumwärme und -kühlung und der weiteren Einsparung von Energie durch Sanierungen.

Die Senkung des Raumwärme-Energieverbrauchs ist einer der wichtigsten Bausteine zur Erreichung der ambitionierten „Raus aus Gas“ Ziele. Hier kommt der thermisch-energetischen Sanierung „TheWoSan“ eine bedeutende Rolle zu. Im Jahr 2022 gab der wohnfonds_wien Förderungsempfehlungen für 85 Sanierungsprojekte mit rund 5.500 Wohneinheiten ab. Um die Sanierungsrate künftig zu beschleunigen und damit unabhängiger von fossilen Energieimporten zu werden, verdoppelt die Stadt Wien ihre diesbezüglichen Förderungen. Ab dem nächsten Doppelbudget beträgt das Budget für TheWoSan 60 statt bisher 30 Millionen Euro.

„Sanierungsanreize zu schaffen und die Bevölkerung einzubinden, ist besonders wichtig. Die Stadt Wien widmet sich mit viel Kraft der Sanierung im Bereich der bestehenden Gebäude und vorhandenen Grätzl. Unsere kostenlose Sanierungsberatung ‚Hauskunft‘ ist am neuen Standort für alle Wienerinnen und Wiener da, die Häuser sanieren wollen“, so Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.

Der zweite große Schwerpunkt liegt im Umbau der Energie- und Wärmeversorgung unserer Stadt. Dafür nimmt die Stadt Wien viel Geld in die Hand: „Wir investieren in den nächsten drei Jahren über 4,2 Milliarden Euro in den Ausstieg aus Gas“, so Hanke. Beispiel dafür ist der Ausbau der Fernwärme. Künftig sollen pro Jahr rund 850 Häuser neu an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Aktuell stammt gut die Hälfte der Wiener Fernwärme aus den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Zur Spitzenabdeckung kommen außerdem Heizkraftwerke zum Einsatz. Bis 2040 soll die Fernwärme ohne den Einsatz von Erdgas produziert werden: 55 Prozent sollen aus Geothermie und Großwärmepumpen stammen, der übrige Anteil wird im Wesentlichen aus der Müllverbrennung, der industriellen Abwärme, Kraft-Wärme-Kopplung und Biomasse kommen. Doch gerade bei der Nutzung von Geothermie könnte es deutlich schneller gehen – wenn der Bund endlich dafür die gesetzlichen Rahmenbedingungen schafft.

„Derzeit ist die Gewinnung von Tiefen-Geothermie nicht eindeutig geregelt und auf mehrere Gesetze, etwa das Mineralrohstoffgesetz, das Wasserrechtsgesetz und die Gewerbeordnung zersplittert. Dies hat umfangreiche Genehmigungsverfahren und eine geringe Rechtssicherheit zur Folge, was wesentliche Barrieren für Investoren darstellt. Tiefen-Geothermie ist in Österreich somit rechtlich schlechter gestellt als Öl und Gas“, so Hanke.  Zudem müsse das angekündigte „One-Stop-Shop“-Modell im Rahmen des zukünftigen Erneuerbaren-Beschleunigungsgesetzes auch für Tiefen-Geothermie gelten.

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