Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 25.01.2023:
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33. Wiener Gemeinderat (2)

Fragestunde

In der fünften Anfrage wollte GR Wolfgang Seidl (FPÖ) von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) wissen, wie viele steuergeldfinanzierte Berichte und Studien Hacker bisher im Jahr 2022 in Auftrag gegeben habe. Hacker erklärte, dass die Frage nicht einfach zu beantworten sei, weil sie „nicht unbedingt klar gestellt“ sei. Es werde konkret danach gefragt, welche Studien und Berichte er in Auftrag gegeben hätte. Das betreffe zum Beispiel auch Berichte für die Beantwortung von Anfragen im Gemeinderat. Im Jahr 2022 seien 224 Anfragen eingegangen und beantwortet worden. Stellungnahmen an den Rechnungshof 41 Berichte. Wenn es um Aufträge für Studien und Berichte an Externe gehe, dann hätte er „null solcher Berichte in Auftrag gegeben.“ Die Abteilungen in seinem Ressort würden jedenfalls alle Auflagen der Magistratsdirektion zu Berichten einhalten, betonte Hacker.

Aktuelle Stunde 

Das Thema der „Aktuellen Stunde“ hatten die NEOS eingebracht. Es lautete: „Klimapolitik ist Standortpolitik: 'Raus aus Gas' - Wiener Wärme und Kälte 2040 ist der zentrale Baustein der Wärmewende und gleichzeitig Innovationsmotor für den Wiener Wirtschaftsstandort“

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) betonte, dass die Klimapolitik auch wesentlicher Teil der Standortpolitik und Bildungspolitik sei. Es brauche den Aufbau des Know-hows zur Funktionsweise alternativer Heiz- und Kühlungsmethoden wie Wärmepumpen und Erdwärme. Die Entwicklung modernster Technologien sei auch ein Wirtschaftsfaktor, weil die neuen Technologien auch neue Jobs bringen würden. Auch Unternehmen, die aus Gas aussteigen wollten, bräuchten Perspektiven und Planungssicherheit – mit der Stadt als Innovationspartnerin würden sich auch internationale Unternehmen für den Standort Wien entscheiden, sagte Gara. Er verglich das Programm „Raus aus Gas“ mit dem Bau der ersten Hochquell-Leitung vor 150 Jahren zwischen dem Rax-Gebiet und Wien: Mit dieser „mutigen Leistung“ sei die Wasserversorgung mit sauberem Wasser aus den Alpen langfristig gesichert worden; jetzt gehe es um saubere Energie. Wien sei das einzige Bundesland in Österreich, das einen mutigen Schritt in Richtung Aus für die fossile Energie mache; der klare Schritt raus aus Gas auch im Wohnbau bis 2040 sei „einzigartig“ und der richtige Schritt für langfristig leistbare Energie. Wien habe den Schritt nicht erst mit dem Ukraine-Krieg gesetzt, sondern schon vorher am Ausstieg vom russischen Gas gearbeitet. Es gelte tausende Anlagen zu tauschen; das gehe nicht ohne Unterstützung und Förderung und entsprechende smarte Lösungen für die unterschiedlichen Situationen im Altbau und Wohnbau-Bestand: „Wir lassen die Wiener*innen nicht im Stich“, versprach Gara.

GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ) erinnerte an seinen Vorschlag für den Ausbau der Solarenergie vor einigen Jahren – damals hätte die rot-grüne Stadtregierung bei seinem Antrag im Gemeinderat nicht mitgezogen, beklagte Guggenbichler. Er kritisierte den „Skandal“ rund um die Wien Energie, die durch die Verwerfungen an den Energiebörsen unter Druck gekommen sei. Wien habe zu wenig vorausschauend gehandelt und erst im Juni des letzten Jahres mit Not-Krediten durch den Bürgermeister in der Höhe von 700 Millionen Euro reagiert. Er kritisierte außerdem die steigenden Strompreise in Wien; Stromkundinnen und -kunden müssten mit ihren Energie-Rechnungen für die Spekulationen der Wien Energie geradestehen, sagte Guggenbichler.

GRin Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE) meinte, die Grünen seien beim Thema Energie und „Raus aus Gas“ mit den Regierungsparteien NEOS und SPÖ „einer Meinung“, allerdings weniger beim Thema Verkehr. Sie forderte „analog zur „Energiewende“ auch eine „Mobilitätswende“ für die Stadt; schließlich sei der Verkehr die größere Herausforderung bei der Vermeidung von CO2. Durch den hohen Wohnungsbestand an Gemeindebauten könne Wien Vorreiterin beim Einsatz von Solarenergie oder Geothermie sein, im eigenen Wirkungsbereich setze die Stadt zu wenig alternative Energie ein. Auch bei den thermischen Sanierungen und energetischen Modernisierungen hinke die Stadt hinter den eigenen Vorgaben hinterher. Auch die Fernwärme müsse dekarbonisiert werden; die Fernwärme werde weiterhin zu mindestens 20 Prozent durch das Verbrennen von Gas erzeugt. Auch wenn „grünes Gas“ eingesetzt werden solle, brauche es einen Plan für die Ablöse von Gas, wenn es Wien mit der Wärme-Wende ernst meine, sagte Otero Garcia.

GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) meinte, im Neubau sei klimaneutrale Bauweise, Heizung und Kühlung einfach; im Bestand seien praktikable Lösungen schwieriger zu finden. In den Plänen der Stadt werde das Themenfeld der thermischen Sanierungen eher gestreift, diese müsse die Basis sein um sich mit weiteren Energiethemen an Gebäuden zu beschäftigen. Durch die thermische Sanierung würden sich „viele Variablen am Gebäude ändern“, was auch andere Möglichkeiten bei technischen Lösungen zu Wärme oder Kühlung eröffnen würde, argumentierte Olischar. Die Fernwärme sei eine wesentliche Komponente bei der Energiewende – allerdings warnte Olischar vor einem Monopol bei der Versorgung durch ein kommunales Unternehmen: Olischar sprach von einer „Black box“ bei der Tarifgestaltung, die Fernwärme-Tarife müssten „transparenter gestaltet werden“. Anschlüsse für die Fernwärme seien „horrend teuer“, das führe dazu, dass Hauseigentümer*innen und Wohnungseigentums-Gemeinschaften zuwarten würden, bis Liegenschaften in der Nachbarschaft erschlossen würden und damit ihre Kosten sinken würden, was den Netz-Ausbau generell bremsen würde. Hier sei die Stadt gefordert, die Konditionen zu verbessern, sagte Olischar.

GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) forderte die Opposition auf, beim „größten Klima-Programm der Stadt“ mitzuarbeiten: Es gehe um „warme Wohnzimmer, warme Kinderzimmer, ohne Gas oder Pellets“, sagte Taucher. Er betonte die Geschäftsgruppen-übergreifende Zusammenarbeit zwischen dem Klima-Ressort, der Wohnbaustadträtin und dem Finanz-Ressort beim Programm „Raus aus Gas“. 2040 sei noch nicht erreicht, mit dem Klimaschutz-Programm stünden aber schon Leuchtturm-Projekte, „wo man hineinschauen kann und sehen, wie es geht, wie es funktioniert und wie der Weg weitergeht und wie die Zukunft ausschauen wird“, sagte Taucher. Wien habe schon in den letzten Jahren den Energiebedarf bei Gebäuden um 17 Prozent gesenkt – das habe kein anderes Bundesland geschafft. Taucher strich als Leuchtturmprojekte unter anderem die größte Wärmepumpe Europas in Simmering hervor, mit der die Kläranlage zu Energieanlage werde; außerdem setze Wien auf die Geothermie mit einem Geothermie-Kraftwerk in Aspern und habe sich den Ausbau von umweltschonenden Zentralheizungen in allen Gebäuden in der Stadt vorgenommen.

GR Wolfgang Kieslich (Klubungebundener Mandatar) meinte, für das Ziel „Raus aus Gas“ müssten rund eine halbe Million private Gasthermen getauscht werden. Die Kosten würden bei den Mieterinnen und Mieter „picken bleiben“, warnte Kieslich. Vor allem in den „alten Mietskasernen“ würden die „sozial Schwachen“ wohnen, dort sei auch der Platz für den Einbau neuer Wärmepumpen oder Pellets-Anlagen knapp bemessen. Auch fehle das Know-how bei den Installateur-Betrieben. Das „böse russische Gas aus dem jetzt alle raus wollen“ habe den Wohlstand der Republik gesichert; mit Windrädern begebe sich Österreich künftig in die Abhängigkeit „der Chinesen“, von denen die Ersatzteile für die Windräder stammen würden, sagte Kieslich.

GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) erinnerte daran, dass gleich nach dem Verkehr die Heizung von Gebäuden das meiste CO2 in der Stadt produziere. 600.000 Gasthermen seien in Wien verbaut, 100.000 davon seien zentrale Anlagen, der Rest in privaten Wohnungen und 300.000 in unsanierten Altbau-Gebäuden. Ziel der Fortschrittskoalition sei, dass alle Gebäude bis 2040 klimaneutral, emissionsfrei und mit erneuerbarer Energie geheizt würden und die Nachfrage nach Energie auch gedeckt würde. Wien könne diese große Herausforderung auch bewältigen, versicherte Arapovic. Auch sie erinnerte an den Bau der Hochquell-Leitung und ergänzte das Beispiel um den Umstieg vom Stadtgas aus Kohle auf Erdgas, der vor rund 100 Jahren in Wien vollzogen worden sei. Die Stadtregierung habe sich die Klimawende als Arbeitsprogramm vorgenommen. Im dicht verbauten Gebiet solle die Fernwärme ausgebaut werden, in Neubaugebieten die Installation von Wärmepumpen Gas-Heizungen ablösen. Am Ende solle Wien bis 2040 die erste klimaneutrale Großstadt der Welt sein, kündigte Arapovic an. Die Bewohner*innen würden durch Informationsangebote und Service-Angebote beim Umstieg und dem „Raus aus Gas“ mitgenommen, versicherte Arapovic.

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) ortete den größten Treiber des Ziels „Raus aus Gas“ die „explodierenden Gaspreise“: „Der Weg ist richtig eingeschlagen, auch auf Wiener Ebene“, sagte der Grünen-Mandatar – bei dem Thema dürfe es kein Zurück geben, auch wenn der Gaspreis wieder sinkt, warnte Margulies. Auch bei der Mobilität brauche es effektive und entschiedene Schritte wie bei der Wärmeproduktion in der Stadt. Es brauche eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs, plädierte Margulies: „Das geht nur mit günstigen Öffis, ausgebauten Öffis, besseren Radwegen und besseren Fußwegen.“ (Forts.) ato

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