Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 20.11.2022:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

Checkit!: 2021 enthielten 14% der Proben gesundheitlich besonders bedenkliche Zusammensetzungen

Deutlicher Anstieg von unerwarteten neuen Psychoaktiven Substanzen durch synthetische Cannabiniode.

Von 1.336 vermeintlich psychoaktiven Substanzen, die im Jahr 2021 bei Checkit! abgegeben und analysiert wurden, enthielten 59% ausschließlich den erwarteten psychoaktiven Wirkstoff. In 27% der Fälle fanden sich neben dem erwartbaren Wirkstoff ein unerwarteter oder ausschließlich unerwartete. In 14% der analysierten Proben musste eine Warnung ausgegeben werden. „Dabei kann es sich um eine gesundheitlich besonders bedenkliche Zusammensetzung oder um einen extrem hohen Wirkstoffgehalt handeln“, erläutert Bettina Hölblinger, Leiterin von Checkit! die Zahlen des Jahresberichts zum Thema Drug Checking von Checkit!, der Info- und Beratungsstelle zum Thema Freizeitdrogen, deren Wirkung, Nebenwirkung und Risiken der Suchthilfe Wien.

Neue Psychoaktive Substanzen

Erstmals seit 2010 ist die Zahl der unerwarteten „neuen Psychoaktiven Substanzen“ im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr wieder gestiegen. „Dies liegt in erster Linie an in Cannabis nachgewiesenen synthetischen Cannabinioden, die seit Ende 2020 vermehrt nachgewiesen wurden“, so Hölblinger. „Bisher sind kaum aussagekräftige Informationen zu Wirkung, Dosierung, negativen Effekten und möglichen Langzeitfolgen von neuen Psychoaktiven Substanzen verfügbar. Daher rät Checkit! hier zu besonderer Vorsicht.“

Speed und Kokain

35% der abgegebenen Speed-Proben enthielten in unterschiedlich hohen Dosierungen ausschließlich den erwartbaren psychoaktiven Wirkstoff, nämlich Amphetamin.  In mehr als der Hälfte der untersuchten Substanzen fand sich Koffein als unerwarteter Streckstoff. „Der Wirkstoffgehalt von Koffein ist in den vergangenen beiden Jahren stark gestiegen. Auch bei der Kombination von Coffein und Amphetamin  ist große  Vorsicht geboten“, informiert  Hölblinger, „denn die Kombination aus Amphetamin und Koffein kann zu einer starken Belastung des Herz-Kreislaufsystems führen und das Risiko einer Überhitzung und großem Flüssigkeitsverlust deutlich erhöhen.“

Kokain, die am häufigsten untersuchte Substanz – mehr als ein Viertel aller analysierten Proben bezogen sich auf diese Substanz -, enthielt ebenfalls nur zu 50% ausschließlich Kokain als psychoaktiven Wirkstoff. Am häufigsten werden Levimasol und verschiedene Lokalanästethika als Streckmittel verwendet. In 37% der Proben, und damit einem Anstieg um mehr als 50% gegenüber dem Vorjahr, wurde Levimasol gefunden, das zu allergischen Reaktionen und Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems, aber auch möglichen Veränderungen des Blutbildes führen kann.  Auch Lidocain wird, wenn es nach den Auswertungen der analysierten Substanzen geht, vermehrt als Streckmittel verwendet. Dies kann in Kombination mit Kokain zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen.

Ecstasy

Mit 23% war Ecstasy die Substanz, bei der die meisten Warnungen ausgesprochen werden mussten. Trotz des, im Vergleich zu dem Beginn der 2010er Jahre sehr hohen ausschließlichen MDMA Wirkstoffs mit 87%  ist Vorsicht geboten. „Viele Tabletten enthalten eine hohe oder sehr hohe Dosierung an MDMA. „Die MDMA Dosierung ist bei Konsum einer ganzen Tablette oft viel zu hoch. Die Gefahr unerwünschter Nebenwirkungen steigt bei Dosierungen von 1,5 mg pro kg Körpergewicht bei Männern und 1,3 mg pro kg bei Frauen deutlich an – also 90 mg bei einem 60 kg schwerem Mann und 78mg  bei  einer ebenso schweren Frau“, erläutert Hölblinger. Mehr als 40% aller untersuchten Tabletten hatten allerdings einen MDMA-Wert von mehr als 150 mg. Durchschnittlich lag der Wert bei 129 mg.

„Das Aussehen, der Geruch oder die Konsistenz sagt nichts über die tatsächlichen Inhaltsstoffe aus.  Daher ist Drug Checking die effektivste Variante, Risiken,  welche immer mit dem Substanzkonsum einhergehen, zu minimieren. Darüber hinaus erhalten wir durch die wissenschaftliche Auswertung einen guten Überblick über aktuelle Trends und können so schneller reagieren, wenn dies notwendig erscheint. Diese Vorteile haben auch andere Städte in Österreich mittlerweile erkannt und setzen hier Maßnahmen“, unterstreicht der Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner.

Über Checkit!

Checkit!, die Info- und Beratungsstelle zum Thema Freizeitdrogen, deren Wirkungen, Nebenwirkungen und Risiken, ist eine Einrichtung der Suchthilfe Wien GmbH und betreibt in Zusammenarbeit mit dem Klinischen Institut für Labormedizin der Medizinische Universität Wien ein Projekt zur Erforschung aktueller Konsumtrends und Veränderungen am Markt. Im Rahmen dieser Kooperation bietet Checkit! den Konsumierenden von so genannten Freizeitdrogen die Möglichkeit, psychoaktive Substanzen analysieren zu lassen. Die Substanzen können bei Events, beim stationären Drug Checking in der Checkit! Homebase oder bei kooperierenden Apotheken zur Analyse abgegeben werden. Die Ergebnisse werden durch psychosoziales Personal kommuniziert und Harm Reduction Informationen sowie Konsumreflexion vernknüpt. Darüber hinaus bietet Checkit! Informationen und psychosoziale Beratung an.

Rückfragehinweis für Medien

  • Mag. Markus Stradner
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Büro des Koordinators für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien
    Telefon: +43 1/4000-53598
    E-Mail: markus.stradner@psd-wien.at