Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 19.10.2021:
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Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien mit dem Stern für Jean-Claude Juncker

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Bürgermeister Ludwig überreichte Auszeichnung an ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission und langgedienten Luxemburger Regierungschef

Das Bussi und die Umarmungen waren während seiner Amtszeit so etwas wie ein Markenzeichen. Ebenso leidenschaftlich wie die Begrüßung von Staatschef*innen, Kommissionsmitgliedern oder Gastgeber*innen bei Auslandsreisen ausfiel, war auch die EU-Politik von Ex-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Heute, Dienstag, wurde der langgediente EU-Politiker und langjährige Regierungschef des Großherzogtums Luxemburg im Wiener Rathaus mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien mit dem Stern ausgezeichnet.

Bürgermeister Ludwig hob in seiner Rede anlässlich der Ehrung „eines großen Europäers, aber auch eines großen Freundes der Stadt Wien“ die Leistungen Junckers hervor: Er hätte als Vorsitzender der Euro-Gruppe und als Kommissionspräsident die EU in Zeiten der Finanzkrise, über den Brexit bis hin zum Handelsstreit mit Donald Trump durch besonders turbulente und herausfordernde Zeiten geführt: „Jean-Claude Juncker war und ist ein großer Freund Österreichs und Wiens. Er hat sich schon während des österreichischen EU-Beitritts stark engagiert. Er ist persönlich nach Österreich gekommen, um Skepsis und Sorgen zu zerstreuen“, erinnerte Ludwig. Juncker habe das europäische Projekt stets als ein Friedensprojekt begriffen – als Antithese zu Nationalismus, Diktaturen, Holocaust und Krieg in Europa im 20. Jahrhundert, sagte der Bürgermeister.

In seiner Laudatio beschrieb Bundespräsident a.D. Heinz Fischer Präsident Juncker als „großen Europäer, ein Politiker mit Charakter, klarer Haltung und Weltanschauung“. Juncker hätte ein „Sensorium für soziale Fragen und eine „menschliche Haltung zum Thema Migration.“ Fischer blickte auf die lange und erfolgreiche EU-Politik Junckers zurück: In den 1990er-Jahren verhandelte er als Vorsitzender des Rates der Finanz- und Wirtschaftsminister der Europäischen Gemeinschaft den Maastrichter Vertrag mit und trieb die Umgestaltung der EG zur Europäischen Union voran. Als Kommissions-Chef ab 2014 verfolgte er eine nachhaltige Wirtschaftspolitik und setzte sich für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und die Forderung nach einem Mindestlohn in allen EU-Mitgliedsstaaten ein. Sein diplomatisches Verhandlungsgeschickt stellte Juncker gegen Ende seiner Amtszeit unter Beweis: Mit dem damaligen US-Präsident Donald Trump handelte er 2018 einen „Deal“ aus, der Strafzölle auf europäische Automobil-Importe abwendete.

Jean-Claude Juncker bedankte sich augenzwinkernd für die lobenden Worte von Bürgermeister und Bundespräsident a.D. – es sei „ein genussvolles Ereignis“ für den Geehrten solchen Reden zu lauschen, auch wenn es sich ein bisschen anfühle wie ein verfrühter Nachruf, scherzte Juncker. Er betonte die vielen, auch persönlichen Verbindungen mit Österreich und Wien. Er appellierte an den Zusammenhalt in Europa, insbesondere unter kleinen Ländern. Die könnten durchaus auch selbstbewusster gegenüber größeren EU-Mitgliedern auftreten, denn: „Ein kleiner Floh kann einen Löwen zum Wahnsinn treiben, umgekehrt ist das nicht so einfach möglich.“ Juncker warnte vor dem wachsenden Einfluss von Populisten und Nationalisten: „Populisten und extreme Rechte sind eine Gefahr für Europa, der man sich entschieden entgegenstellen muss.“ In Europa müssen Rechtsnormen gelten, nicht das Recht des Stärkeren – andernfalls seien die kleinen Staaten die Verlierer, sagte Juncker. Auch für die österreichische Innenpolitik hatte Juncker mahnende Worte parat – insbesondere zu den publik gewordenen Chats des zurückgetretenen Bundeskanzlers. Er kritisierte die Art, Politik zu machen, die aus den Chats herauszulesen sei. Die internationale Reputation Österreichs stehe auf dem Spiel – Europa brauche Österreich und umgekehrt, mahnte Juncker.

Jean-Claude Juncker war schon mehrmals in Wien zu Gast, in unterschiedlichen Funktionen: Noch als Premierminister des Großherzogtums Luxemburg und trug sich Juncker im Juni 2001 im Goldenen Buch der Stadt Wien ein. Bei seinem Besuch betonte er die wichtige Rolle Wiens bei der damals bevorstehenden EU-Erweiterung nach Mittel- und Osteuropa. Seinen jüngsten Besuch in der Stadt absolvierte er im Mai 2019, als er als Gastredner bei der Tagung des Europäischen Gewerkschaftsbundes auftrat. Im Oktober 2018 besuchte er als EU-Kommissionspräsident den Wiener Stadttempel in der Seitenstettengasse, wo er ein klares Statement zur Bekämpfung des Antisemitismus setzte.

Zur Person

Jean-Claude Juncker wurde 1954 geboren. Nach der Matura trat der Luxemburger der Christlich-Sozialen Volkspartei (CSV) bei. Der studierte Jurist übernahm 1979 das Amt des Fraktionssekretärs der CSV in der luxemburgischen Abgeordnetenkammer. 1982 wurde er Staatssekretär für Arbeit und soziale Sicherheit. Es folgten Aufgaben in der EU-Politik in den 1990er Jahren, unter anderem als Vorsitzender des Rates der Finanz- und Wirtschaftsminister der EG. 1995 wurde Juncker Regierungschef in Luxemburg und bekleidete das Amt 19 Jahre. 2005 bis 2013 war Juncker der Vorsitzende der sogenannten „Euro-Gruppe“, ein wichtiges Beratungsgremium der Finanzminister*innen der Euro-Zone. Im Juni 2014 wurde er zum EU-Kommissionspräsidenten nominiert und vom Europäischen Rat und EU-Parlament bestätigt. Das Amt bekleidete Juncker vom 1. November 2014 bis 31. Oktober 2019.

Juncker wurde 2010 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Außerdem ist der überzeugte Europäer Ehrenbürger mehrerer europäischer Städte und Träger von Ehrendoktoraten einer Reihe europäischer Universitäten. 2006 wurde er mit dem Karlspreis der Stadt Aachen geehrt.

Fotos in Kürze unter www.wien.gv.at/presse/bilder abrufbar. (Schluss) ato

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