Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.03.2020:
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66. Wiener Gemeinderat (1)

Das Wiener Stadtparlament reagiert auf die Corona-Situation. Gemeinderat und Landtag treten heute, Donnerstag, direkt nacheinander zusammen. Die Tagesordnung wurde jeweils auf das absolut Notwendige reduziert.

Der 66. Wiener Gemeinderat in der laufenden Wahlperiode hat heute, Donnerstag, um 9 Uhr begonnen. Vor der Aktuellen Stunde wandte sich der Erste Vorsitzende des Gemeinderats, Mag. Thomas Reindl (SPÖ), an die Öffentlichkeit.

Reindl wies auf die Außergewöhnlichkeit dieser Sitzung als „Beginn einer neuen Ära“ hin. Die Stadt Wien müsse „die zum Schutz der Bevölkerung und zur Hintanhaltung der Ausbreitung des Virus erlassene Maßnahmen der Bundesregierung einhalten und unterstützen“. Aber als höchste politische Gremien in Wien hätten „der Gemeinderat und der Landtag eine hohe Verantwortung gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt“. Daher sei es wichtig, dass das Funktionieren der politischen Entscheidungsgremien gewährleistet sei. „So haben alle Fraktionen des Gemeinderats eine ,Sonderfraktionsvereinbarung Pandemie‘ geschlossen, die ein Funktionieren der politischen Arbeit in Wien absichert“, sagte Reindl. Folgende Punkte seien in dieser Vereinbarung festgehalten: Eine Anwesenheitsquote von 66 statt 100 Mandatarinnen und Mandataren, um Personen der Risikogruppe zu schützen; eine Beschleunigung der Sitzungsdauer durch Entfall der mündlichen Fragestunde, die Anfragen an Stadtregierungsmitglieder erfolgen nur schriftlich; alle Abstimmungen zur Tagesordnung und Anträge finden am Ende der Sitzung statt; durch einen neuen Sitzplan wird der empfohlene Sicherheitsabstand von einem Meter eingehalten; der Zugang zum Saal für Nicht-Abgeordnete ist limitiert. Abschließend hielt Reindl fest, „wie gut unsere Stadt auch diesen Krisenzeiten mit großen persönlichen Einschränkungen und einer insgesamt gesellschaftspolitisch sehr schwierigen Zeit funktioniert“. Hier zeige sich, dass der "erfolgreiche Wiener Weg, die Daseinsvorsorge in kommunalen Händen zu belassen, sehr gut funktioniert“, sagte Reindl, der sich bei allen Personen in Politik und Verwaltung für das Zustandekommen bedankte.

Aktuelle Stunde zum Thema „Corona-Krise: Wiener Schulen dürfen kein Kind zurücklassen!“

Das Thema der Aktuellen Stunde wurde von den NEOS eingebracht und lautete: „Corona-Krise: Wiener Schulen dürfen kein Kind zurücklassen! Gemeinde Wien ist bei der Bereitstellung von digitalen Lehrmitteln und Geräten für den Unterricht gefordert.“

Christoph Wiederkehr, MA (NEOS) sagte, dass in der Coronakrise „ein Bereich spärlich oder gar nicht behandelt wird: die Bildung“. Die Auswirkungen der Krise würden die bildungspolitischen Ungerechtigkeiten in dieser Stadt verschärfen, sie dürfe sich „nicht zu einer Bildungskrise entwickeln“. Denn durch die Schließung der Schulen würden sich diese Ungerechtigkeiten verstärken. Viele Familien seien in der jetzigen Situation überfordert, weil es an Platz und an technischen Voraussetzungen für das Home-Learning fehle. „Dadurch geht die Schere weiter auf“, sagte Wiederkehr. Auch in Schulen gäbe es Mängel: Volksschul-LehrInnen hätten keine offizielle E-Mail-Adresse, trotzdem verlange die Bildungsdirektion, dass private Daten wie Telefonnummern nicht weitergegeben werden sollen. Wiederkehr brachte den Antrag ein, dass die Stadt Wien 10 Millionen Euro für die digitale Ausrüstung von SchülerInnen bereitstelle.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) bedankte sich bei allen Eltern, „die durch die gegenwärtige Krisensituation durch Homeoffice, Hausarbeit und Kinderunterstützung in einer Dreifachbelastung stecken“. Man sähe in der Stadt, dass die Online-Systeme „nicht so schlecht“ funktionieren würden. Das Problem der Digitalisierung sei das „dringendste Problem, man dürfe andere Probleme wie etwa den frühzeitigen Schulabbruch  nicht aus den Augen verlieren“, sagte Hungerländer.

GR David Ellensohn (Grüne) schloss sich dem Dank an alle LehrerInnen an. Auch er stellte fest, dass die „Schere in der Bildung zwischen finanzstarken und finanzschwachen Haushalten weiter aufgeht. Eigentlich sollten alle Kinder digital ausgerüstet sein“. Lobend erwähnte Ellensohn Maßnahmen der Stadt wie die Summer City Camps, die - gegen die Stimmen der Opposition von der Stadtregierung beschlossen - jetzt aber von der Bundesregierung gelobt würden. Projekte wie der flächendeckende WLAN-Ausbau an Schulen werde „bereits jetzt ausgerollt“. 

StR Maximilian Krauss (FPÖ) sagte, dass die Freiheitlichen „hinschauen werden, wo Fehler passieren und diese später  aufzeigen“. Für Krauss kämen die Maßnahmen der Stadt zu spät, nur „Notlösungen“ zu schaffen sei der „falsche Weg“. Maturantinnen und Maturanten stünden heuer vor großen Herausforderungen, denn es fehle „wegen des wackelnden Maturatermins an Planungssicherheit“. Krauss kündigte an, dass seine Fraktion den Antrag der NEOS unterstützen werde.

GR Heinz Vettermann (SPÖ) sagte, „dass Wien in diesem unfreiwilligen Feldversuch natürlich gefordert“ sei. Homelearning funktioniere auch deshalb, „weil der Bildungshub, der LeherInnen unterstützt, bereits ist“. Auch Vettermann lobte die Summer City Camps, denn diese würden „für bessere Chancen für viele Schülerinnen und Schüler sorgen“. Von 380 Schulen seien bereits 300 auf schnelles Internet umgestellt, alle Lehrkräfte würden eigene virtuelle Arbeitsplätze erhalten und 15.000 Computer und Laptops seien an Neuen Mittelschulen und an den Polytechnischen Schulen vorhanden. Vettermann hoffte darauf, dass die Krise dafür sorge, dass der flächendeckende Ausbau von WLAN an allen Schulen „einen Boost“ bekomme. „Wir sind zwar gefordert, aber bereits auf einem guten Weg.“ 

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) sagte, die Problematik, dass es enorme Unterschiede und Chancenungerechtigkeit im Bildungssektor gäbe, sei allen bewusst: „Die verschränkte Ganztagesschule sei ein guter Weg, alle Kinder optimal zu unterstützen.“ In der jetzigen Situation aber seien dringend digitale Endgeräte wie Computer und Tablets für SchülerInnen gefragt und deshalb „eine finanzielle Unterstützung für Familien notwendig“. Durch die Schulsperren seien viele Schüler auf sich selber gestellt, dadurch würden Unterschiede im Lernerfolg „jetzt viel größer werden“. 

(Forts.) nic

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