Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.01.2020:
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Zusammenfassung des 42. Wiener Landtags

Heute, Dienstag, hat der Wiener Landtag seine 42. Sitzung in der laufenden Legislaturperiode abgehalten. Neben den üblichen Tagesordnungspunkten stand eine „Europastunde“ mit einer Mitteilung des Bürgermeisters und Landeshauptmanns Michael Ludwig am Programm.

Begonnen wurde aber wie üblich mit der Fragestunde. Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky von der SPÖ beantwortete gleich vier Anfragen der Mandatarinnen und Mandatare, und zwar zu den Themen: ein kolportierter „politischer Machtkampf“ zwischen dem „schwarzen“ Bildungsministerium und der „roten“ Wiener Bildungsdirektion; die Verankerung des „SchülerInnen-Parlaments“ in der Landesverfassung; die Entwicklung des städtischen Schulwesens angesichts wachsender Bevölkerungszahlen; die Haltung Wiens hinsichtlich Überprüfung doppelter Staatsbürgerschaften. In der fünften Anfrage sprach Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) über den Fahrplan, den Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) in eine Anstalt öffentlichen Rechts umzuwandeln.

Aktuelle Stunde

Das Thema der Aktuellen Stunde hatte diesmal die FPÖ eingebracht, die darin „mehr Sicherheit im öffentlichen Raum“ forderte. Die Freiheitlichen vermissten Konzepte und Lösungen, etwa die Bettelei im öffentlichen Raum betreffend. Die Stadtregierung wolle der Polizei offenbar nicht die notwendigen Rechte einräumen – entweder, weil sich die SPÖ „nicht die Blöße geben“ wolle, FPÖ-Forderungen umzusetzen, oder weil sie den grünen Koalitionspartner „nicht vergrämen“ wolle.

Die Allianz für Österreich (DAÖ) sah bei Gewaltdelikten und dem Alkoholmissbrauch vor allem „Ausländer“ in der Schuld – mehr als 50 Prozent der Gefängnis-Insassen seien keine Staatsbürger, so DAÖ. Die Cyberkriminalität sei eine ernste Bedrohung – es liege in der Verantwortung der Stadt, hiesige Unternehmen davor zu verteidigen, um den Wirtschaftsstandort zu schützen.

Die NEOS traten gegen Verbote auf, egal ob von Bettelei oder Alkoholkonsum. Verbote seien keine Lösung und würden das Problem bloß verdrängen. Wichtig sei die gute Zusammenarbeit von Polizei und Sozialarbeit; die Politik müsse die Rahmenbedingungen dafür schaffen.

Die ÖVP vermisste den ausgeprägten Willen der Stadtregierungsparteien, entschieden gegen die gewerbsmäßige Bettelei vorzugehen. „Erschreckend“ seien die Zahlen von Gewalt an Schulen und Spitälern. Der Krankenanstaltenverbund (KAV) sei ein Sicherheitskonzept bislang schuldig geblieben.

Die Grünen meinten: Ein Land sei dann sicher, wenn „Mindestsicherung, Schule für alle Kinder, Gesundheits- und Pflegeversorgung, eine solidarische Gesellschaft, und in Notlagen ein Dach über dem Kopf“ garantiert seien. Verkehrsmaßnahmen wie mehr Tempo-30-Zonen hätten zu einer deutlichen Reduktion der Verkehrstoten geführt – auch das sei ein Sicherheitsaspekt.

Die SPÖ unterstrich die Statistik, wonach Wien eine der sichersten Großstädte der Welt sei. Die Kriminalitätsstatistik verzeichne einen Rückgang, gleichzeitig stiegen die Aufklärungsraten. Noch mehr Maßnahmen seien im Bereich der Gewalt an Frauen notwendig, wenngleich Wien ein fünftes Frauenhaus auf Schiene gebracht habe. Hätte nicht der Bund, sondern die Stadt die Verantwortung für die Polizei in der Stadt, „wären die Polizeiinspektionen in besserem Zustand“.

Mitteilung des Landeshauptmanns

In seiner Mitteilung zum Landtag sprach Landeshauptmann und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zum 25-Jahres-Jubiläum der Mitgliedschaft Österreichs – und somit Wiens – bei der Europäischen Union. Die Vorteile der EU – vom kontinentalen Frieden bis zu Grundrechten wie dem freien Personen- und Güterverkehr – seien enorm. Wichtig sei es, jeder einzelnen Wienerin und jedem einzelnen Wiener vor Augen zu führen, welche konkreten Vorteile sie von der EU hätten – Projekte wie das Verschönern der Gürtelbögen oder die Neugestaltung von ganzen Straßenzügen seien erst mit EU-Fördergeldern möglich geworden. Und über den Europäischen Sozialfonds ESF habe der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (waff) mehr als 55 Millionen Euro für 63.000 Betroffene lukrieren können. Ludwig sprach sich aus für ein „soziales Europa der Städte“, in dem nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern die Grundbedürfnisse der BewohnerInnen im Fokus stehen müssten.

In der „Europastunde“ zu Gast im Landtag waren auch die Abgeordneten zum Europäischen Parlament, Sarah Wiener (Grüne), Harald Vilimsky (FPÖ), Andreas Schieder (SPÖ) und Lukas Mandl (ÖVP).

DAÖ sah positive Seiten an der EU, meinte aber gleichzeitig, dass sich die Union verändern müsse. Sie sei ein „bürokratisches Monster“ geworden, das sich zu stark in nationale Interessen einmische.

Die NEOS betonten europäische Werte wie Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Minderheitenrechte. Dies seien „liberale Werte“, die große Verantwortung mit sich brächten. Erneut forderten sie eine Entwicklung der EU zu den „Vereinigten Staaten von Europa“.

Die ÖVP erinnerte an die Funktion Österreichs als Brückenbauer, als Vermittler zwischen Ost und West, der „Gräben überwinden“ helfen könne. Eine Erweiterung der EU um die Westbalkanländer mache „aus wirtschaftlicher, idealistischer und außenpolitischer Sicht“ Sinn. Hier falle Österreich, historisch bedingt, eine wichtige Rolle zu.

Die Grünen bedauerten den Rückfall von Ungarn und Polen von „Vorreitern“ zu „Nachzüglern“, was die Rechtsstaatlichkeit in Europa betreffe. Es brauche kontinuierliches Monitoring der Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Mitgliedsstaaten. Die Hauptstädte der Visegrad-Staaten – allesamt „mit progressiven Bürgermeistern“ – müssten über Städtepartnerschaften unterstützt werden.

Die FPÖ strebe „keinesfalls“ einen Austritt aus der EU an, äußere aber „sehr wohl“ Kritik, um „die EU zu verbessern“ – als „Europa der Vaterländer“. Es fehle in der Debatte an Ehrlichkeit - schon vor dem Beitritt Österreichs zur EU sei die Bevölkerung „falschen Behauptungen“ ausgesetzt gewesen, etwa wenn es um die Beibehaltung des Schillings als Währung ging. Weil die EU ein Friedensprojekt sei, lehne die FPÖ eine europäische Armee ab.

Die SPÖ erinnerte: Die EU sei das größte Friedensprojekt der europäischen Geschichte. Es brauche ein „weltoffenes Europa der Vielfalt“. Der „alte Ansatz“ eines Europas der Nationalstaaten sei überholt, dieser stehe dem Gedanken einer verdichteten Integration entgegen. Die EU dürfe sich nicht nur als politische und wirtschaftliche Gemeinschaft verstehen, sondern sich auch dem sozialen Gedanken verpflichtet fühlen.

Weitere Debatten

Der Wiener Landtag beschloss heute außerdem eine Änderung des Wiener Abfallwirtschaftsgesetzes und eine Änderung des Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetzes; auch wurde der Bericht über die im Jahr 2019 abgeschlossenen Petitionen gemäß Wiener Petitionsrecht einstimmig zur Kenntnis genommen.

Die 42. Sitzung des Landtags endete um 16.30 Uhr. Termine der nächsten Sitzungen von Gemeinderat und Landtag auf www.wien.gv.at/politik/gemeinderat/presse/termine.html.

In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter www.wien.gv.at/infodat/ können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden, dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) esl

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