Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.01.2020:
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42. Wiener Landtag (5)

Mitteilung des Landeshauptmanns

LAbg. Leo Kohlbauer (FPÖ) sagte, dass die FPÖ keinesfalls einen Austritt aus der EU anstrebe, sehr wohl aber Kritik äußern wolle, um „die EU zu verbessern“. Kohlbauer meinte, das „größte Problem“ an Debatten über die EU sei eine „fehlende Ehrlichkeit“. Schon vor dem Beitritt Österreichs zur EU sei die Bevölkerung „falschen Behauptungen“ ausgesetzt gewesen, etwa wenn es um die Beibehaltung des Schillings als Währung ging, so Kohlbauer. Und auch heute würden die Debatten „nicht ehrlich geführt“. Als Beispiel zog Kohlbauer das Thema Klimaschutz heran: Mittlerweile würde der Klimaschutz selbst mehr Energie verbrauchen, als manche von der EU gesetzte Maßnahmen zur Energieeinsparung, meinte Kohlbauer, der hier ein vor einigen Jahren verhängtes Verbot von Glühbirnen ansprach. Auch seien Elektroautos nicht völlig klimaneutral, da ihre Produktion CO2 ausstoße. Zur EU als Friedensprojekt sagte Kohlbauer, es sei gut, dass es in Europa derzeit keinen Krieg gebe. Man müsse aber sehr wohl Überlegungen der EU kritisieren, sich kriegerisch in Libyen zu betätigen. Eine europäische Armee lehnte Kohlbauer ab, ihm werde beim Gedanken daran „schlecht“.

LAbg. Peter Florianschütz (SPÖ) nannte den Beitritt Österreichs zur EU eine „Erfolgsstory“. Als solche werde er aber zu wenig wahrgenommen, bedauerte er. Dabei sei die EU die „soziale Säule Europas“. In diesem Zusammenhang sprach Florianschütz über einen Mindestlohn auf Europäischer Ebene, den er für genauso wichtig hielt, wie eine europäische Mindestsicherungsstrategie „auf dass niemand von Armut betroffen ist“. Ein „Europa der Vaterländer“ lehnte er ab, dabei handle es sich um einen „altmodischen Begriff“. Vielmehr solle man von einem „Europa der Regionen und Kulturen“ sprechen bzw. einem „Europa der vielen Heimaten“. Diese Idee gelte es zu „stärken und stützen“, forderte Florianschütz. Er hielt zudem das Wahlrecht für EU-BürgerInnen auf Bezirksebene für vernünftig, die Partizipation der BÜrgerInnen innerhalb Europas wollte er gestärkt sehen. Er, Florianschütz, sprach auch über seine Tätigkeit als Mitglied im Ausschuss der Regionen, wo er sich für eine Stärkung von Städten und Regionen innerhalb der EU einsetze. Erst kürzlich habe Wien einen Bericht zur heimischen Plattformökonomie eingebracht, welcher einstimmig angenommen worden sei - „über alle Regionen und Parteifamilien hinaus“, betonte er. Zum Schluss seiner Rede sprach Florianschütz noch „ein anderes Jubiläum“ an, und zwar den 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Angesichtes eines wachsenden Antisemitismus in den Ländern der EU forderte er auf, auf europäischer Ebene gegen Antisemitismus zu kämpfen.  

LAbg. DI Dr. Stefan Gara (NEOS) wollte „nicht nur 25 Jahre in die Vergangenheit“ blicken, sondern auch in die Zukunft. Er stellte sich die Frage: Wie sieht die EU im Jahr 2045 aus? Schließlich gehe es ja um die Zukunftsfragen Europas, nicht nur um einen Rückblick. Für Gara sei Europa der Kontinent, „der die Zukunftsfragen der Menschheit zumindest teilweise beantworten kann“. Vor diesem Hintergrund befürwortete er die prononcierte Verankerung des „Green Deal“ in der Agenda der EU-Kommission. Die Verpflichtung zur Klimaneutralität sei aber „nichts Neues“, erinnerte Gara, denn diese sei auch schon im Pariser Klimaabkommen verankert. Dennoch hieß er ein erneutes Bekenntnis gut. Gara meinte, ein klimaneutraler Kontinent sei bis zum Jahr 2050 „zwar ambitioniert, aber technisch machbar“. Europa könne hier eine Vorbildfunktion einnehmen: Indem die Subventionen fossiler Energieträger abgeschafft würden, könnte man einen Markt schaffen, in dem auch Anbieter klimaneutraler Energie bestehen könnten. Hierbei sei es wichtig, die Interessen einzelner Staaten hintan zu stellen und eine „Klimadiplomatie“ zu etablieren. Bis 2050 klimaneutral zu werden, würde eine Emissionsreduktion von drei Prozent pro Jahr bedeuten. Dafür brauche es aber eine „komplette Trendumkehr und keine kleinen Lösungen“.

LAbg. Michael Stumpf, BA (FPÖ) erklärte, „was die „europakritischen Parteien wollen“: Sie streben den Erhalt der Freiheit, des Wohlstands und des Friedens in Europa an. Um das alles zu wahren, müsse man gegen „unkontrollierte Zuwanderung und offene Grenzen“ vorgehen. Die FPÖ wolle die EU nicht verlassen, sondern „von innen heraus reformieren“. Das bedeute auch eine Rückkehr zu einem Europa der Vaterländer. Dieser Begriff sei für ihn „nicht negativ konnotiert“, sondern bedeute für ihn „in Vielfalt vereint zu sein“. Vielfalt sei das Besondere an Europa, „Vereinigte Staaten von Europa“ würden diese Vielfalt zerstören, meinte Stumpf. Er sprach sich für die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips aus, denn es dürfe nicht sein, „dass die Großen über die Kleinen drüber fahren“. Zum Thema Antisemitismus in der EU sagte Stumpf: Dieser werde seit 2015 „importiert“. Es seien nun alle aufgefordert, „null Toleranz walten zu lassen“.

LAbg. Dr. Gerhard Schmid (SPÖ) erinnerte sich an eines der wichtigsten Argumente für den Beitritt Österreichs zur EU: Es sei das größte Friedensprojekt der europäischen Geschichte. Angesichts mehrerer Jubiläen, wie dem 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs sowie der Gründung der Zweiten Republik, müsse man sich dieser Grundidee besonders besinnen. Man müsse sich aber auch fragen, wie man Europa heute sieht. Schmid sah es als ein „weltoffenes Europa der Vielfalt, der unterschiedlichen Kulturen und Traditionen“. Den „alten Ansatz“ eines Europas der Nationalstaaten hielt er für überholt, dieser stehe für ihn der Idee einer fortgesetzten, verdichteten Integration entgegen. Das Wichtigste sei für ihn, dass sich die EU nicht nur als politische und wirtschaftliche Gemeinschaft verstehe, sondern sich auch dem sozialen Gedanken verpflichtet fühlt. Wenn sich Demokratie und Freiheit entwickeln sollen, brauche es eine soziale und gesellschaftliche Grundlage – für Schmid sei diese Grundlage der Sozial- und Wohlfahrtsstaat. Das Gedenken anlässlich 25 Jahre EU-Beitritt Österreichs müsse für Schmid auch mit einem Bekenntnis zu Humanität, Demokratie und Toleranz verbunden sein. Wenn das gelinge,  „werden die Menschen in Europa eine gute Heimat finden und die europäische Idee mittragen“. (Forts.) sep

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