Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.01.2020:
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42. Wiener Landtag (4)

Mitteilung des Landeshauptmanns

EP-Abg Harald Vilimsky (FPÖ) meinte, die EU brauche dringend eine „Zielsetzung, wo es hingehen soll“. Laut Vilimsky hätten alle Beteiligten im EU-Parlament die gleichen Interessen, nämlich „Frieden, Freiheit und Wohlstand für möglichst viele“. Niemand wolle etwas Schlechtes für den Kontinent, führte Vilimsky fort, es gehe um die Gestaltung des „Regelwerks“. Er warnte vor zunehmender „Zentralisierung“, die den Staaten „Kompetenzen rauben“ und die „direkte Demokratie zurückdrängen“ würde. Vilimsky äußerte sich auch zum anstehenden Brexit: Er begrüße, dass ein demokratischer Mehrheitsentscheid umgesetzt werde, bedauere jedoch, die Briten als „Reformpartner für eine neue Europäische Union“ zu verlieren. Abschließend widmete Vilimsky sich „zwei großen Fragen“ der EU: der Migration und der Klimapolitik. Er forderte die EU auf, in den Herkunftsländern der Migrantinnen und Migranten „mehr sichere Regionen“ zu schaffen. In der Klimapolitik kritisierte er „lebensfremde“ und „scheinheilige“ Maßnahmen, forderte die Reduktion von „Tier- und Landwirtschaftstransporten quer durch Europa“ und ein gemeinsames Auftreten gegen Atomstrom.

EP-Abg. Mag. Andreas Schieder (SPÖ) betonte die Bedeutung der Städte in Europa: 80 Prozent der Menschen in der EU würden laut Schieder in Städten leben, die Stadtpolitik habe angesichts dieser Zahl noch zu wenig Gewicht in der EU. Schieder wolle in der entsprechenden Arbeitsgruppe im EU-Parlament für die Städte eintreten. Das bedeute in erster Linie dafür zu sorgen, dass öffentliche Dienstleistungen – vom sozialen Wohnbau, der Kinderbetreuung bis zum öffentlichen Verkehr – weiterhin in öffentlicher Hand bleiben könnten und nicht privatisiert würden. Die EU „ist das größte demokratische Projekt der Welt“ und stehe vor großen Herausforderungen, etwa in der Steuer-, Sozial- oder Klimapolitik und in der Wahrung der Grundrechte in den Mitgliedsstaaten. Schieder kritisierte die „illiberalen Strömungen“ in Polen oder Ungarn. Er forderte die Schließung von Steuerschlupflöchern für große Konzerne, einen europäischen Mindestlohn und weitere Maßnahmen im Bereich Datenschutz. Schieder wünschte sich baldige Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien, der gesamte Balkan habe ein Recht auf Stabilität und Wachstum als Teil der EU. Wien sei für ihn ein Referenzprojekt in der Europäischen Union und könne mit seinen Allianzen mit den großen Metropolen wie Paris oder Amsterdam auf der einen Seite und Städten wie Tirana, die noch nicht Teil der Union sind, eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Zukunft der EU spielen.

LAbg. Klaus Handler (DAÖ) sah positive Seiten an der EU, meinte aber gleichzeitig, dass sich die Union verändern müsse. Sie sei ein „bürokratisches Monster“ geworden, das sich zu stark in nationale Interessen einmische. Dies zeige sich laut Handler auch anhand steigender EU-Skepsis. Er kritisierte „skurrile“ Vorschriften wie die „Pommes-Richtlinie“ oder das „Glühlampenverbot“, das Industrieinteressen über die Interessen der Bevölkerung stelle und ein Produkt mit „hochgiftigen“ Komponenten verpflichtend mache. Seine Fraktion stehe für Zusammenarbeit in einem „Europa der Vaterländer“.

LAgb. Thomas Weber (NEOS) betonte die europäischen Werte: Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Minderheitenrechte. Dies seien alles „liberale Werte“, die er mit „Stolz“ verteidige, die aber auch Verantwortung mit sich brächten. Weber wünschte sich die Entwicklung der EU zu den „Vereinigten Staaten von Europa“. Das bedeute: Es gäbe eine EU-Verfassung, eine Kommission als echte Regierung, eine direkt gewählte Kommissionspräsidentin oder einen -präsidenten und ein Zwei-Kammern-Parlament. Die großen Fragen der EU seien für Weber nicht die von mehr oder weniger Subsidiarität, sondern beträfen die Bereiche, in denen „Nationalstaaten versagen“. Als Beispiele nannte Weber unter anderem Klimaschutz und Migration. Er vermisste auch in der österreichischen Europapolitik oft ein klares Bekenntnis zur EU und kritisierte die Tendenz, die „Schuld in Brüssel“ zu suchen, wenn etwas schlecht laufe. Er sehe darin einen „Geist des Zündelns mit der europäischen Integration“, der letzten Endes auch zum Brexit geführt habe. Der Umgang mit „Desinformations-Kampagnen“ sei eine der größten Herausforderungen, der man nur mit mehr Bildung und mehr BürgerInnen-Beteiligung begegnen könne.

LAgb. Mag.a Caroline Hungerländer (ÖVP) meinte, 25 Jahre Österreich in der EU seien eine „Erfolgsgeschichte, aber keine friktionslose“. Österreich habe stark vom EU-Betritt profitiert und auch die EU wäre ohne Österreich heute eine andere, verwies Hungerländer auf die Rolle Österreichs bei der Ost-Erweiterung der Union. Die EU sei als Wirtschafts- und Friedensprojekt erfolgreich; heute zeige sich aber, dass Konflikte nicht zwangsläufig zwischen Nationen stattfinden müssen. „Wirtschaftliche Verflechtung und Bündnispolitik sind kein Garant für Frieden“ warnte Hungerländer. Österreich könne hier in einer Vermittlerrolle zwischen Ost und West beitragen, „Gräben zu überwinden“, besonders bei den Herausforderungen in der Migration, der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der Vereinbarkeit von Umweltschutz und Wirtschaftswachstum. Hungerländer sprach sich für eine Erweiterung der EU auf dem Westbalkan aus. Diese mache „aus wirtschaftlicher, idealistischer und außenpolitischer Sicht“ Sinn. Auch hier falle Österreich historisch bedingt eine wichtige Rolle zu.

LAgb. Nikolaus Kunrath (Grüne) betonte in seiner Wortmeldung die erste Osterweiterung im Jahr 2004 als wichtigen Beitrag zum Friedensprojekt EU. Er kritisierte Ungarn und Polen, die damals „Vorreiter“ gewesen seien und heute als „Nachzügler“ dastünden. Kunrath warnte vor der Entstehung einer neuen „Kluft“. Er wünschte sich bessere Mittel gegen rechtsstaatliche Verstöße als das Artikel-7-Verfahren - dies sei aufgrund seiner hohen Hürden „ungenügend“. Kunrath forderte ein kontinuierliches Monitoring der Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Mitgliedsstaaten. Die Stimmung in der Bevölkerung sei in den sogenannten Visegrad-Staaten laut Kunrath nicht „monolithisch“. So hätten alle Hauptstädte der Visegrad-Staaten aktuell progressive Bürgermeister. Kunrath regte an, diese Städte über Städtepartnerschaften zu unterstützen. Wie seine Vorrednerin Hungerländer wünschte sich auch Kunrath Beitrittsperspektiven für die Staaten des Westbalkans. (Forts.) gaa

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