Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 25.11.2019:
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60. Wiener Gemeinderat: Budget-Debatte 2020 (9)

Spezialdebatte Kultur und Wissenschaft

GR Mag. Gerald Ebinger (FPÖ) begrüßte die Aufstockung des Kulturbudgets um 26 Millionen im Vergleich zu Vorjahr. Er lobte die Zusammenarbeit mit der Kulturstadträtin und den „durchwegs positiven Tenor“ im Kulturausschuss. Mittragen könne er die Bemühungen der Stadträtin, das Volkstheater in den Bezirken zu erhalten; ebenso die Bemühungen die prekären Arbeitsverhältnisse für Künstlerinnen und Künstler und Kulturschaffende zu entschärfen und für eine faire Entlohnung zu sorgen. Kritik übte Ebinger an den Vereinigten Bühnen Wien, für die Ebinger ein „Zukunftskonzept“ forderte. Er hinterfragte die Subvention für die Musical-Sparte der VBW – wenn diese so erfolgreich sei, dann könnten die Subventionen ja zurückgefahren werden. Auch bei den Festwochen gebe es „Luft nach oben“, auch wenn die neue Intendanz ein erster Schritt in die richtige Richtung sei.

GRin Susanne Bluma (SPÖ) betonte die Bedeutung von Kunst und Kultur als verbindendes Element in der Stadt und als „Kitt für die Gesellschaft“. Bei der Kulturförderung müsse nicht mehr von Subventionen gesprochen werden, sondern das Geld für Kultur als Investition gesehen werden, die sich auszahle. Die Stadt hätte das Budget für die Bezirkskultur aufgestockt. Ziel dieser Maßnahme sei es, Kunst und Kultur für alle Menschen in der Stadt zugänglich zu machen, Kultureinrichtungen in die Bezirke zu bringen und dezentrale Kulturzentren zu schaffen. Wien stehe für die „Kultur der kurzen Wege“ und der „Nahversorgung mit Kultur in allen Bezirken, auch denen weiter draußen“. Bei der Biennale in Venedig sei erstmals eine Einzelschau einer Frau im Österreich-Pavillon zu sehen gewesen – diese Premiere bei der immerhin 58. Ausgabe der Biennale zeige, dass im Kulturbereich gebe es noch Aufholbedarf bei der Frauenförderung, so Bluma.

GR Thomas Weber (NEOS) fand wie seine Vorrednerinnen und Vorredner lobende Worte für die gute Zusammenarbeit im Ausschuss über die Parteigrenzen hinweg – die auch er an der Person der Kulturstadträtin und ihr Engagement fest machte. Auch er lobte die Bemühungen der Stadt, Kultur in die Bezirke zu bringen und für faire Entlohnung für Kunstschaffende einzutreten. Bei den dezentralen Kulturangeboten in den Bezirken und Stadtentwicklungsgebieten müssten lokale Initiativen gestärkt und gefördert werden und nicht nur etablierte Angebote aus dem Zentrum auch in die Bezirke getragen werden. Das Programm „Shift“ sei hier ein guter Ansatz, allerdings kritisierte Weber, dass das Projekt über einen Verein und nicht über die Kulturabteilung selbst abgewickelt werde. Kulturangebote bräuchten auch mehr Raum – Wien müsse Kunstschaffenden nicht nur Zwischennutzungen für Projekte anbieten, sondern langfristige Orte für kulturelle Nutzung. Er kritisierte die Stadt für die Subventionierung von Parteifesten. Diese sollten entweder aus der Parteikasse gezahlt werden oder alternativ sollten die Parteifeste in Stadt-Großevents umgewandelt werden, aber dann die Veranstaltung ausgeschrieben werden. Er brachte mehrere Anträge zum Thema Transparenz in der Kulturförderung ein – so solle künftig nicht der Bezirkschef über die Subventionierung von Kulturprojekte entscheiden, sondern der Bezirkskulturausschuss, es müsse einheitliche Kulturförderrichtlinien in allen 23 Bezirken geben; Politikerinnen und Politiker müssten Vereinstätigkeiten ähnlich wie Nebentätigkeiten melden und die Befangenheits-Vorschriften verschärft werden. In weiteren Anträgen forderte Weber die Veröffentlichung von Entscheidungsgrundlagen von Jurys und Kulturgremien, die über Förderungen entscheiden; Förderberichte aus dem Kulturressort und ein Landesgesetz zu Kulturförderungen und verbindliche Fördervorgaben sowie eine Leerstands-Aktivierung um Räume für Kulturprojekte zu schaffen.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) erinnerte an das Kooperationsabkommen zwischen der Stadt, dem Kultur- und Wissenschaftsressorts und den 23 Hochschulen in Wien. Ziel der Stadt sei es, „die besten Köpfe hier auszubilden und die besten Köpfe auch in der Stadt zu halten“. Parallel dazu hätte Wien auch die Fachhochschul-Förderung aufgestockt, ebenso wie die Unterstützung für das Architekturzentrum oder den Jewish Welcome Service. Ein weiterer Fokus bei Förderungen lege Wien auch auf die Filmkultur, Sozialwissenschaften, Demokratiepolitik oder auf die Förderung und Unterstützung von  Jung-WissenschafterInnen und deren Projekte. Mit den Wiener Vorlesungen und deren Relaunch hole die Stadt die wissenschaftliche Diskussion „aus dem Elfenbeinturm“ und ermögliche die Auseinandersetzung mit Kultur und Wissenschaft für möglichst viele Menschen. Auch vom technischen Fortschritt müssten möglichst viele profitieren – anders als in den USA, wo der Profit im Vordergrund stehe oder in Asien, wo mit Technik Menschen überwacht und kontrolliert würden – stehe bei der Digitalisierung in Wien der Mensch im Mittelpunkt. Auf die Nutzung von Technologie für den Menschen ziele auch das Wiener Manifest des „Digitalen Humanismus“ ab, das sich gegen Fake News, Message Control und für Partizipation und für eine freie Medien- und Presselandschaft ausspreche. Ein weiteres Leuchtturmprojekt sei das Projekt Wien Museum NEU, das „entgegen den Unkenrufen der ÖVP“ im Zeit- und Kostenplan liege, wie Neumayer unterstrich.

StRin Mag.a Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) betonte, dass das Kulturbudget vor dem Hintergrund der Zielvorgabe, ein ausgeglichenes Budget ohne neue Schulden zu erreichen, signifikant erhöht wurde. Für das kommende Jahr mache das Kulturbudget 279,4 Mio Euro aus, das seien um 26 Mio. Euro mehr oder eine Steigerung um 10,32 Prozent zum Vorjahr. Das Budget entspreche einer „notwendigen Qualitätssicherung in allen Bereichen“, damit Wien weiter Hauptstadt für Kultur und Wissenschaft bleibe und im Wettbewerb mit anderen Metropolen mithalten könne. Das Kultur-Budget stelle den Mensch in den Mittelpunkt – konkret die Kunstschaffenden. Der 2. Bericht zur sozialen Lage der Kunstschaffenden hätte „prekäre Arbeitsverhältnisse und ein Leben am Existenzminimum“ aufgezeigt. Im „total überhitzten Kulturbetrieb“ sei Selbstausbeutung an der Tagesordnung, deshalb könne es im bereits guten Kulturangebot in Wien nicht weiter Quantitätssteigerungen ohne Qualitätssteigerungen und ohne eine faire Entlohnung für Kunstschaffende geben. Das Geld aus dem Kulturbudget müsse zu fairen Gagen im Kulturbetreib führen, unterstrich Kaup-Hasler. Ein weiterer Fördertopf sei für zeitgemäße Infrastruktur für künstlerische Arbeit in Klein- und Mittelbühnen und Kulturinitiativen und Vereine in den Bezirken reserviert. Für diesen Bereich stünden zwei Millionen Euro zur Verfügung. Auf Bezirksebene werde es auch Unterstützung für die Infrastruktur und Neustrukturierung der Bezirksmuseen geben, die als „Bezirksmuseum Reloaded“ enger mit dem Wien Museum zusammenarbeiten können. Ebenso investiere die Stadt in die Schaffung von Ankerzentren und Stadtlaboren in den Bezirken. Förderimpulse in der Höhe von 17 Millionen Euro kündigte Kaup-Hasler für den Bereich Film, Filmproduktion, Arthouse-Kinos als Kultureinrichtungen in den Bezirken und Festival-Förderung an. Im Bereich Wissenschaft stünden im Budget 14 Millionen Euro bereit – vor allem für Projekte rund um den Digitalen Humanismus und Wissenschaftsvermittlung wie den Wiener Vorlesungen oder für die Arbeit der Wienbibliothek im Rathaus und dem Stadt- und Landesarchiv für die Digitalisierung weiterer Bestände, Ausstellungen und das Projekt Wien Geschichte Wiki. Ebenso begrüßte die Wissenschafts-Stadträtin die Ansiedelung der Central European University als weitere Hochschule in der größten Universitätsstadt im deutschsprachigen Raum. (Forts.) ato

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