Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 25.11.2019:
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60. Wiener Gemeinderat: Budget-Debatte 2020 (7)

Spezialdebatte Finanzen, Wirtschaft, Digitalisierung und Internationales

GR Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ) sagte: Die Stadtpolitik sei deswegen so wichtig, „weil 70 Prozent der Bevölkerung Europas in Städten lebt“. EU-weit spiele Wien eine wichtige Rolle, die sehr geschätzt wird im Ausschuss und Kongress der Regionen sowie im Zusammenschluss Euro Cities. Diese Netzwerke großer europäischer Städte dienten der Zusammenarbeit und dem Informationsaustausch über kommunale Angelegenheiten. „So ist Wien im Bereich der E-Commerce-Richtlinie oder in der Europa Charta federführend tätig und viele unserer Vorschläge werden europaweit übernommen“, freute sich Florianschütz. Die Fiskalpolitik müsse stets im Dienst der Bürgerinnen und der Bürger stehen, forderte Florianschütz, deshalb seien „Investitionen so wichtig“. Die aktive Außenpolitik der Stadt sorge für mehr Wirtschaftskontakte und schaffe dadurch Arbeitsplätze, sagte Florianschütz. In Hinsicht auf zuvor eingebrachte Anträge der NEOS sprach sich Florianschütz dafür aus, dass die Forderung nach Wahlrechten für EU-BürgerInnen, der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien sowie die Errichtung von Städtepartnerschaften mit afrikanischen Kommunen an den zuständigen Ausschuss zugewiesen werden.

GR Leo Kohlbauer (FPÖ) betonte die Wichtigkeit von Bezirkspartnerschaften mit anderen Städten. Während etwa der sechste Wiener Gemeindebezirk, der Partnerschaften mit Bezirken in Budapest und Theresienstadt besitze, keine Aktivitäten setze, sei Simmering derzeit in Verhandlungen mit einem Belgrader Bezirk, „die bald zum Abschluss gebracht und zu einer Bezirkspartnerschaft führen werden“, sagte Kohlbauer. Er widersprach GRin Mag.a Caroline Hungerländer (ÖVP), die zuvor einen Antrag über die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien eingebracht hatte. „Dies ist eine klare Trennlinie zwischen ÖVP und FPÖ, wir sind gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen“, sagte Kohlbauer. Denn Albanien habe ein „Korruptionsproblem“, im aktuellen Korruptionsindex sei das Land nur an 99. Stelle geführt. Dass die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen die Situation im jeweiligen Land nicht verbessere, sehe man am Beispiel Türkei. Dort richte Staatspräsident Erdogan trotz „Milliardenzahlungen der EU ein fundamentalistisches Regime ein“. Kohlbauer brachte einen Antrag ein, die Verhandlungen über den EU-Beitritt der Türkei endgültig zu stoppen.

StR KR Peter Hanke (SPÖ) sagte in seinem Schlusswort, dass für ihn ein Budget ohne neue Schulden „wichtig“ sei und er „Hütchenspiele“ ablehne und die Auflösung von Rücklagen „natürlich einen volkswirtschaftlichen Sinn“ hätten. Mit der Investition von 2,5 Milliarden Euro in den Wirtschaftsstandort werde Wien „ein Stück weiter nach vorne“ gebracht. Denn es müsse eine Weiterentwicklung geben, „damit Wien die lebenswerteste Stadt bleibt“, schloss Hanke.

Spezialdebatte Kultur und Wissenschaft

GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger (ÖVP) lobte die Entwicklung des Kulturbudgets, das für 2020 rund 279 Millionen Euro vorsieht. Gleichzeitig befürchtete er aber, dass „es nur ein Wahlkampfbudget“ sei, denn in den Folgejahren würde das Budget wieder sinken. Aichinger forderte, dass für die Vereinigten Bühnen Wien ein Zukunftskonzept notwendig sei, da die Subvention in diesem Bereich „mehr als 40 Millionen Euro“ betrage und damit einen „sehr großen Brocken“ ausmache. Auch vom neu bestellen Volkstheater Direktor Kay Voges vermisse er noch ein Konzept für dessen Haus. Bei den Wiener Festwochen, ebenfalls mit neuer Leitung aufgestellt, und bei der Viennale vermisse Aichigner genaue Zahlen über die Auslastung der Veranstaltungen. Auch befürworte er höhere Subventionen für die Plattform der Häuser der darstellenden Kunst, ein Zusammenschluss von fünfzehn Theatern. Hier solle „Qualität statt Quantität gefördert werden, also die bestehenden und nicht neue Häuser unterstützt werden“.

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (Grüne) lobte die kooperative Zusammenarbeit, die erst ermöglicht habe, dass das Kulturbudget erhöht werden konnte. Dass Künstlerinnen und Künstler nicht von ihrer Arbeit leben könnten sei „inakzeptabel“. Darum sei „Fair Pay“ so wichtig, denn dies schaffe Bewusstsein bei den Kunstschaffenden aber auch bei den „fördergebenden Stellen für eine faire Bezahlung“. Als wichtigen Punkt sieht Margulies die verstärkte Weiterführung der Kulturaktivitäten in den Außenbezirken, auch als Bezirksentwicklung. Auch sei er froh darüber, dass Kulturpolitik „abseits ausgetretener Pfade und fraktionsübergreifend“ passiere. Besonders die Kulturvermittlung, etwa im Bereich von Berufsschulen, sei ein wichtiger Punkt im Kulturbudget, denn „damit wird ein Bewusstsein geschaffen, das auch helfen kann, Gemeinsamkeiten zu finden und Gegensätze zu überwinden“, sagte Margulies, der sich auch dafür aussprach, trotz aller Schwierigkeiten für das Volkstheater, „das Volx/Margarten unbedingt zu erhalten“.

StRin Mag.a Ulrike Nittmann (FPÖ) freute sich über die Anhebung des Kulturbudgets 2020 und forderte Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler (SPÖ) auf, „bei den eigenen Ansprüchen, die Sie bei Ihrem Amtsantritt 2018 formuliert haben, zu bleiben und stellen Sie sicher, dass Kulturförderung nicht zu einem Instrument der Politik wird“. So sei zwar die angekündigte Neuaufstellung des Volkstheaters mit der Bestellung des neuen Direktors Kay Voges erfolgt, aber damit sei die wirtschaftliche Sanierung des Volkstheaters noch nicht abgeschlossen. Vor allem die „geringe Auslastung von 52 Prozent“, dass „die Organisation nicht an die wirtschaftliche Situation angepasst“ sei und „der Flop des Volkstheaters in den Außenbezirken“, kritisierte Nittmann. Die Volkstheater-GmbH stehe vor einer Reorganisation, vom neuen Direktor Voges seien aber bislang „wenig Ideen“ gekommen, sagte Nittmann, die die Kulturstadträtin aufforderte, Gespräche mit dem Bund wegen der finanziellen Ausstattung aller Theater in Wien aufzunehmen, da „die Besucher nicht unterscheiden, ob sie in einem Theater der Stadt oder des Bundes sitzen“. Zudem sollen die Theaterhäuser in Wien jeweils ein „Alleinstellungsmerkmal“ erlangen. Neben der Hochkultur soll es auch „Platz für die freie Szene geben, denn Kultur braucht Vielfalt“, sagte Nittmann. Für die Künstlerinnen und Künstler sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit diese ihre Kreativität ausleben können, sie aber nicht vom „Subventionstropf“ abhängig machen. „Dann steigen vielleicht auch wieder die Auslastungen“, sagte Nittmann, die auch die Wichtigkeit von mehr Musikschulen in der Stadt – am besten eine Musikschule pro Bezirk – betonte.

(Forts.) nic

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