Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.11.2018:
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44. Wiener Gemeinderat (20)

Spezialdebatte GGr. Kultur und Wissenschaft

GRin Mag.a Barbara Huemer (Grüne) widersprach ihrem Vorredner, NEOS-Gemeinderat Stefan Gara. Wien sei eine Wissenschaftsstadt mit ausgezeichnetem Ruf. Bildung, Wissenschaft und Kultur seien wesentliche Ressourcen für die Stadt. Für den Erfolg als Wissenschaftsstadt sei auch das Umfeld wichtig: Von den Lokalen für StudentInnen, den Kindergärten für Kinder berufstätiger ForscherInnen bis hin zu den Öffis. In Österreich sei die Freiheit der Wissenschaft und Forschung seit 1867 festgeschrieben. Im Nachbarland Ungarn ortete sie bei der Freiheit für die Wissenschaft Rückschritte. Durch die feindselige Haltung der ungarischen Regierung und antisemitische Angriffe auf den Universitätsgründer George Soros werde die Central European University (CEU) das Land verlassen und nach Wien übersiedeln. Sie warf der Bundesregierung vor, bei antisemitischen Anfeindungen gegenüber Soros wegzuschauen und forderte klare Worte, wenn demokratiepolitische Grenzen überschritten werden. Wien stehe für eine offene Gesellschaft.

GRin Mag.a Ulrike Nittmann (FPÖ) konterte ihrer unmittelbaren Vorrednerin: Die Freiheit der Forschung und der Lehre stehe in der Tradition der Revolution von 1848, Antisemitismus gehe heutzutage vom politischen Islam aus. Nittmann lobte die Arbeit der Kulturstadträtin: Während ihr Vorgänger Mailath-Pokorny „mehr verwaltet als gestaltet“ hätte, habe Mag.a Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) schon gleich nach ihrem Antritt als neue Ressort-Chefin gehandelt. Als Beispiele dafür nannte sie die neue Intendanz für die Festwochen oder die Neuausrichtung des Volkstheaters. Nittmann erhoffte sich eine „Demokratisierung der Kunst“, „subventioniertes Theater muss auch die Vorlieben des Publikums beachten“. Sie forderte Neuerungen bei den Subventionen: Geld dürfe nicht im „Förderungs-Dschungel versickern“, sondern müsste bei den Kulturschaffenden ankommen. Außerdem forderte Nittmann, dass der Gemeinderat Auskunft über abgewiesene Subventionsanträge bekommen solle. Die Subventionsrichtlinien der Stadt müssten überarbeitet werden: AntragstellerInnen müssten offenlegen, welche anderen Förderungen sie noch erhalten. Sie brachte dazu Anträge ein. Abschließend forderte Nittmann die Kulturstadträtin auf, Musikschulen mehr zu unterstützen. Musik sei „Brückenbauer zwischen den Kulturen“, Musikschulen seien wichtig für den Nachwuchs der großen Orchester und damit für die Musikstadt Wien. Jeder Bezirk sollte eine Musikschule haben - auch dazu brachte sie einen Antrag ein.

GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) sagte, Wien sei die Kulturhauptstadt Europas. Er strich die Arbeit des Stadt- und Landesarchivs hervor, das mit dem „Wien Geschichte Wiki“ an der Speerspitze stehe. Die Digitalisierung historischer Bestände der Stadt sei wichtig für die Erinnerung und Forschung. Mit diesen Materialien könnte ein reales Bild davon gezeichnet werden, was sich in den guten Zeiten und in den dunklen Zeiten in der Stadt abgespielt hat. Nach dem Gedenkjahr 1918 zu 100 Jahren Republik stehe 2019 das nächste Jubiläumsjahr an: 100 Jahre Rotes Wien. Dazu seien bereits mehr als 4.000 Fotos digitalisiert, kategorisiert und aufbereitet worden. Als nächstes würde das NS-Archiv der Wochenschau von 1934 bis 1944 online freigeschalten werden. Das zeige, wie Propaganda und Verhetzung damals funktioniert hätte. Das historische Material helfe, Lehren daraus zu ziehen, wie heute Hass im Netz bekämpft werden könne.

GR Stefan Berger (FPÖ) kritisierte das Kulturbudget der Stadträtin. Es sei eine Fortschreibung des alten Budgets, eine persönliche Handschrift sei nicht erkennbar. Er forderte, die „unsägliche“ Finanzierung von Parteiveranstaltungen abzustellen – und nannte als Beispiel das Donauinselfest. Er griff die Forderung seiner Parteikollegin Nittmann auf und machte sich ebenfalls für den Ausbau der Musikschulen in Wien stark. Zwar sei Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) dafür zuständig, Kulturstadträtin Kaup-Hasler möge sich aber dafür einsetzen, dass die Dotierung der Musikschulen erhöht werde. Das derzeitige Angebot decke die Nachfrage nicht; Berger berichtete von bis zu zwei Jahren Wartezeit auf einen Musikschulplatz.

GR Dr. Gerhard Schmid (SPÖ) betonte Wissenschaft und Forschung seien auch ein Schlüssel zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Stadt. Wien sei die größte Uni-Stadt im deutschsprachigen Raum: Mehr als die Hälfte aller österreichischen Studierenden besuchten eine Uni in Wien. Nach den Entwicklungen in Ungarn übersiedle die CEU von Budapest nach Wien. Mit ihr übersiedelten StudentInnen und SpitzenwissenschaftlerInnen. Bereits jetzt gebe es in Wien 11.300 Planstellen bei der universitären Lehre. Wien bekenne sich zu Kunst und Kultur; die hohe Lebensqualität und das Kulturangebot spielten auch eine Rolle bei der Ansiedelung von Unternehmen. Abschließend strich er die Leistung der Volkshochschulen hervor.

(Forts.) ato/fis

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