Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.11.2018:
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44. Wiener Gemeinderat (19)

Spezialdebatte GGr. Kultur und Wissenschaft

GR Thomas Weber (NEOS) sagte, „Kulturpolitik ist in Wiens DNA eingeschrieben und mehr als Weltkulturerbe“. Im „großen Zahlenwerk“ des Stadtbudgets sehe er diesmal „bessere Rahmenbedingungen für eine vielfältige und freie Kulturszene“, was er als wichtiges Zeichen deute. In Gesprächen mit KünstlerInnen sei immer wieder die Infrastruktur ein Thema: Es fehle an Kulturräumen. Früher seien in Gemeindebauten Atelier- und Proberäume vorgesehen gewesen, heute sei das nicht mehr er Fall. Ein Problem konstatierte er rund um die Vereinigten Bühnen Wien, für deren Förderungen keine konkreten Zahlen ersichtlich seien. Er wünsche sich mehr Transparenz und brachte einen Antrag ein betreffend „Gesamtevaluierung der Vereinigten Bühnen Wien“. Weiters forderte er eine Dezentralisierung, zum Beispiel sei das Gloriatheater das einzige Haus über der Donau. Pläne, die Kunsthalle zu verlegen sowie eine Mehrzweckhalle zu errichten, sehe er positiv. Ebenso wie neue Ziele für die Bezirksmuseen, die ein „guter Ort für die Grätzelkultur“ seien und kulturelle Vielfalt ermöglichten. Er kritisierte abschließend die Förderung parteinaher Vereine.

GR Dkfm. Fritz Aichinger (ÖVP) lobte den „neuen Stil“, der unter der Leitung von Stadträtin Mag.a Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) im Kulturressort Einzug gehalten habe. Der Kulturbericht 2017 zeige außerdem „Ansätze von Neuerungen“, er sei „kompakter und informativer“ als zuvor. Nach wie vor vermisse Aichinger im Bericht aber Informationen über die Kultureinrichtungen der Wien Holding. Aichinger thematisierte auch die Verwaltungsreform „Wien neu denken“, in deren Rahmen 788 Vorschläge von MitarbeiterInnen des Magistrats eingebracht worden seien. Darunter hätte sich unter anderem die Forderung nach der Abschaffung der Festwochen befunden – das könne Aichinger nicht befürworten. Beim Kulturbudget kritisierte Aichinger, dass dies über die Jahre immer weniger würde. Außerdem seien kulturpolitische Fragen offen, wie: Wie geht es mit der Kunsthalle weiter? Wie wird sich das Volkstheater künftig positionieren? Ein „großer Brocken“ im Budget seien die Vereinigten Bühnen Wien. Für sie habe die Stadt schon lange ein neues Konzept versprochen, passiert sei aber nichts.

GR DI Martin Margulies (Grüne) beschwichtigte seinen Vorredner betreffend dessen Bedenken, im Rahmen von „Wien neu denken“ würden die Festwochen gestrichen oder die Bezirksmuseen geschlossen. Das seien lediglich Einzelvorschläge von MitarbeiterInnen des Magistrates gewesen und längst wieder verworfen worden. Zu den Vereinigten Bühnen Wien sagte er: Er stehe zu ihnen, es sei aber zielführend die Subventionen zu reduzieren. Ein wichtiges Anliegen sei für Margulies, mehr Räume für Kunst zu schaffen und kulturelle Aktivitäten aus dem Zentrum in die Außenbezirke zu holen. Kunst im öffentlichen Raum (KÖR) habe in den letzten Jahren viele gute Initiativen gesetzt, allen voran auch für die Erinnerungskultur. Wichtig sei es, der Gedenkkultur auch über das Gedenkjahr hinaus Aufmerksamkeit zu schenken.

GR Mag. Gerald Ebinger (FPÖ) erklärte, warum seine Partei dem Kulturbudget nicht zustimmen werde: Hauptgrund sei die Förderungspolitik der Stadt, die „nur der Systemerhaltung dient, nicht der Kunst“. Kunst müsse von Politik unabhängig sein, in Wien sei das aber nicht der Fall. Zum Thema „Wien neu denken“ fragte Ebinger, warum abgelehnte Ideen von MitarbeiterInnen der Stadt nach wie vor auf der Homepage der Stadt Wien auffindbar seien, abgelehnte Förderungsansuchen aber nicht. Ebinger lobte, so wie sein Vorredner Margulies von den Grünen, den neuen Stil in der Kulturpolitik. Es gebe zwar Luft nach oben, „aber der Wille zählt“. Abschließend kritisierte Ebinger den Stillstand bei den Vereinigten Bühnen Wien. Obwohl die Stadt im Jahr 2014 eine „fundamentale Neuausrichtung“ angekündigt hätte, habe sich bislang nichts getan und man befinde sich noch immer in einer „Subventionsspirale, aus der man nicht herauskommt“.

GR BA Petr Baxant (SPÖ) sprach über die „prekäre soziale Lage“ von Kunstschaffenden in Wien. Ihre mangelnde soziale Absicherung sei eines Sozialstaates unwürdig. Viele der KünstlerInnen seien akademisch gebildet, seien aber trotzdem auf ein zusätzliches Gehalt angewiesen. Dadurch entstehe eine komplexe Versicherungsstruktur, welche häufig zu Problemen führe. Er forderte alle Parteien zu einem Schulterschluss im Interesse der KünstlerInnen auf. Baxant wünschte sich zudem, dass der bürokratische Aufwand bei Förderungsansuchen reduziert werde. Als positiv im Budget hob er die Neuausrichtung der Musikförderung hervor sowie die Einrichtung eines Topfes für Clubkultur.

GR Dipl-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) konzentrierte sich in seiner Rede auf das Thema Wissenschaft in der Stadt. Über sie werde im Gemeinderat „viel zu wenig“ gesprochen. Wien müsse aber nicht nur Kultur-, sondern auch Wissenschaftshauptstadt werden. Wien brauche deutlich mehr Spitzenforschung, da dies langfristig auch für den Innovationsstandort Wien von Vorteil sei. Forschenden müsste die Stadt bessere Rahmenbedingungen bieten, um deren Abwanderung in andere Länder verhindern. Wien habe das Potential Wissens-Hotspot Europas zu werden. Dazu sei es wichtig, die Universitäten stärker mit Unternehmen zu vernetzen. Als idealen Standort dafür nannte Gara die Arsenal-Gründe im dritten Bezirk: Jetzt schon übersiedelten Labors der TU dorthin. Das sei gut, gleichzeitig müsse man aber auch Betriebsansiedelungen dorthin fördern. Positiv hob Gara hervor, dass sich Wien um die Ansiedelung der Centrual European University bemüht hat.

GR Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP) brachte einen Antrag ein, in dem er forderte, ein Wiener Kunst- und Kulturförderungsgesetz auszuarbeiten. Es sei sinnvoll, dass es ein derartiges Gesetz auch in Wien gebe, um der Kulturförderung eine gesetzliche Basis zu geben. Alle anderen österreichischen Bundesländer hätten bereits ein solches Landesgesetz. Außerdem werde das Förderwesen damit transparenter.

(Forts.) heb/sep/fis

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