Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 15.11.2018:
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Wo Integration gelingt – Integrationspolitik im internationalen Vergleich

OECD Studie Integration in Wien

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Eine OECD-Studie zur Integrationspolitik europäischer Städte kommt zu dem Ergebnis, dass jeder von Integration profitieren kann, wenn Integrationspolitik darauf abzielt, möglichst inklusive und nachhaltige Städte für alle zu schaffen. Insgesamt wurden zwölf Faktoren identifiziert, die wesentlich für eine gelungene Integration sind. Wien wird im internationalen Vergleich ein gutes Zeugnis ausgestellt.

Immer mehr Menschen zieht es in die Städte, da sie dort Arbeitsplätze, eine gute Infrastruktur und viele Freizeitmöglichkeiten finden. Daher sind auch für viele Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund Städte nicht nur Orte der Ankunft, sondern auch Orte gesellschaftlicher Integration und des sozialen Aufstiegs. 2015 wohnten fast zwei Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund in Ländern der OECD in Städten. Aber wo und wie gelingt Integration? Antworten auf diese Frage liefert eine aktuelle Studie der OECD, die nun im Rahmen des EU-geförderten Projekts CORE – Integration im Zentrum* in Kooperation mit der OECD und der Wirtschaftsuniversität Wien erstmals in Wien präsentiert wurde.

Analyse europäischer Städte

Die beiden OECD-Expertinnen Claire Charbit und Anna Piccinni analysierten im Zuge des zweijährigen Forschungsprojektes “Working Together for Local Integration of Migrants and Refugees” Integrationspolitiken und Integrationsmaßnahmen von 72 Städten mit Fokus auf Amsterdam, Altena, Athen, Barcelona, Berlin, Glasgow, Göteborg, Paris, Rom und Wien. Diese Städte verzeichneten bisher nicht nur eine im europäischen Vergleich große Anzahl an Geflüchteten, sondern waren auch in ihrer Geschichte schon immer Treffpunkt unterschiedlicher Nationen und Kulturen. Ein hoher Migrationsanteil macht Städte zu sehr heterogenen Räumen. Aufgabe der Politik ist es daher, die so entstehenden unterschiedlichen Bedürfnisse bestmöglich zu managen – u.a. unter Einbeziehung von NGOs, Wirtschaftsunternehmen und zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Integration muss dort passieren, wo die Menschen sind

Im Rahmen der Studie wurde analysiert, wie die Integrationspolitik von Städten funktioniert. Ebenso wurde untersucht, was aus bisherigen Erfahrungen gelernt und wie Integrationspolitik an lokale Realitäten in den Städten angepasst werden kann. Denn: Integrations- und Migrationspolitik wird zwar häufig auf nationaler Ebene beschlossen, jedoch muss Integration dort passieren, wo die Menschen sind. Am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, an den Schulen, im Supermarkt oder an öffentlichen Plätzen. Und das ab dem Tag der Ankunft. „Aus diesem Grund kommt den Städten eine wesentliche Rolle bei der Integration von Zuwanderern und Geflüchteten zu und sie sind auch wichtige Partner im Dialog mit nationalen Regierungen“, erklärt Claire Charbit.

Innovative Ansätze sollen Lücken schließen

Für eine bessere Integration haben einige der untersuchten Städte in den vergangenen Jahren ihre Integrationsangebote erweitert und angepasst. Dabei stellen die Koordination der Angebote und die zur Verfügung stehenden Ressourcen eine Herausforderung dar. Viele Städte sind auch mit strukturellen Problemen in Bezug auf öffentliche Dienstleistungen und Wohnunterkünfte für Migrantinnen und Migranten konfrontiert. Einige Städte haben daher verschiedene innovative Ansätze ausprobiert, etwa eine engere Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, um möglichst frühzeitig zusätzliche Integrationsmaßnahmen wie Sprachkurse oder Kompetenztests anbieten zu können.
„Aufgrund eines dynamischen Arbeitsmarktes, sozialer Netzwerke und der Verfügbarkeit von Aus- und Weiterbildungsangeboten ist der urbane Raum attraktiv für viele Migranten. Eine der größten Herausforderungen für Städte ist dabei, ethnischer und sozialer Segregation in Wohngebieten, aber auch in Schulen und Bildungseinrichtungen entgegenzuwirken“, so Judith Kohlenberger, die am Institut für Sozialpolitik der WU Wien zum Thema Migration forscht.

Gutes Zeugnis für Wien

Für Wien fällt das Zeugnis insgesamt gut aus: In der Studie wird das Angebot Start Wien, im Rahmen dessen Geflüchtete und MigrantInnen beim Einleben in der Stadt unterstützt werden, als Best-Practice-Beispiel genannt. Positiv hervorgestrichen wird auch, dass in Wien weniger Segregation stattfinde, da Zuwanderer nach einer gewissen Zeit Zugang zum sozialen Wohnungsmarkt haben und Begegnungen zwischen WienerInnen und MigrantInnen gefördert werden. Hier verweist die Studie auf die Wiener Charta, ein Projekt zum besseren Zusammenleben in der Stadt. Genannt wird auch das Projekt wohnpartner, das die Nachbarschaft im Gemeindebau fördert. Dass mit der Magistratsabteilung 17 innerhalb der Stadt eine eigene Abteilung für Integration und Diversität etabliert wurde, wird in der Studie ebenso positiv betont wie die Entwicklung des Wiener Integrations- und Diversitätsmonitors.
Herausforderungen für Wien sieht die OECD noch im erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt für Zuwanderer. Im Bildungsbereich regt die OECD spezielle Weiterbildungsmaßnahmen für LehrerInnen in Bezug auf SchülerInnen mit Migrationshintergrund sowie mehr Ressourcen für diese Zielgruppe an.

Dass es Wien gelungen ist, durch das Urban Innovative Actions Programm der EU-Kommission für das Projekt CORE – Integration im Zentrum zusätzliche Mittel für Integrationsarbeit in der Stadt zu erhalten, wird von der OECD positiv hervorgehoben.

„Ich freue mich über die Ergebnisse der Studie, zum einen weil sie Wien ein gutes Zeugnis ausstellen, und zum anderen insbesondere weil die Studie die Möglichkeit bietet, dass Städte voneinander lernen können. Die Studie leistet einen wichtigen Beitrag, gute Integrationsbeispiele vor den Vorhang zu holen, aber auch verbleibende Herausforderungen für die Politik klar zu benennen. Für mich ist es wichtig, auf Basis von Fakten und Erfahrungen an Lösungen für diese Herausforderungen zu arbeiten und konkrete Maßnahmen zu setzen“, betont Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky.

Mehrwert evaluieren und kommunizieren

Verfolgt Integrationspolitik das Ziel, möglichst inklusive und nachhaltige Städte für alle zu schaffen, dann können alle in einer Stadt von Integration profitieren. So können MigrantInnen-Communities auch in bisher benachteiligten Stadtteilen positive Effekte haben, indem dort wieder Nachfrage nach lokaler Wirtschaft entsteht, rund um Schulen und Gesundheitszentren lokale Familien mit zugewanderten Familien zusammengebracht werden und sich zudem ein breiteres kulturelles Angebot entwickelt. Dieser Mehrwert wird derzeit zwar nur von wenigen Städten in ihren Entwicklungsstrategien berücksichtigt, jedoch gibt es ein paar Städte, die die Vorteile von Diversität sowohl für die wirtschaftliche Entwicklung als auch im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel bereits erkannt haben.

„Städte sollten in die Evaluierung ihrer Integrationsarbeit investieren, um den Erfolg bestehender Programme zu kontrollieren, weiterzuentwickeln sowie neue Programme zu etablieren“, betont Anna Piccinni. Dadurch werde auch eine Datenbasis geschaffen, durch die der Mehrwert erfolgreicher Integration den Kosten einer misslungenen Integration gegenüber gestellt werden kann, heißt es in der Studie. Nicht zuletzt könne eine Erfolgsmessung von Integration auch hilfreich sein, um in der Aufnahmegesellschaft die positive Einstellung gegenüber Migranten zu stärken.

Maßnahmen auf allen politischen Ebenen

Fakt ist: Beim Thema Migration geht es nicht nur um die Frage, wie viele Menschen in ein Land einwandern, sondern vor allem auch darum, wie gut die Integration dieser Menschen funktioniert. Für eine erfolgreiche Integration braucht es auf allen politischen Ebenen Maßnahmen. Wenn Integration aber erfolgreich verläuft, dann leisten die Neuankömmlinge einen wichtigen Beitrag in ihrem neuen Heimatland, nicht zuletzt auch wirtschaftlich.

*Das Projekt CORE – Integration im Zentrum wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Rahmen der Urban Innovative Actions Initiative kofinanziert und ist ein Gemeinschaftsprojekt der Magistratsabteilung 17 – Integration und Diversität, Fonds Soziales Wien, waff (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds), Wirtschaftsagentur Wien und Stadtschulrat für Wien/Europa Büro. Das Gesamtbudget umfasst rund 6 Mio. Euro, wobei 80 Prozent durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert werden. CORE wurde im Herbst 2016 aus 378 Einreichungen als eines von 18 Siegerprojekten ausgewählt. Das Projekt läuft noch bis Oktober 2019. Mehr Informationen unter: www.refugees.wien/core

Pressebilder zu dieser Aussendung sind in Kürze unter www.wien.gv.at/pressebilder abrufbar. (Schluss)

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