Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.10.2018:
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Ludwig und Hacker zum Pflegeregressverbot: Wien schafft Klarheit für Betroffene

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Fonds Soziales Wien zieht alle Forderungen aus Vermögen zurück – Vorschlag der Bundesregierung zu Finanzierung nicht akzeptabel

Nach dem Spruch des Verfassungsgerichtshofes, wonach das Pflegeregressverbot auch bereits rechtskräftige Entscheidungen umfasst, setzt Wien die entsprechenden Schritte. Bürgermeister Michael Ludwig und Sozialstadtrat Peter Hacker betonten am Dienstag bei einer Pressekonferenz, dass offene Forderungen aus Vermögen gegenstandslos sind – auch aus bereits rechtskräftigen Titeln. Hinsichtlich der Folgewirkungen des Regressverbots sieht Wien jedoch noch viele ungeklärte Fragen. Den von der Bundesregierung vorgelegten Aufteilungsschlüssel zur Finanzierung der Länderkosten bezeichneten Ludwig und Hacker als „völlig inakzeptabel“.

„Wir schaffen Klarheit für die betroffenen Wienerinnen und Wiener. Wien hat den Angehörigen-Regress schon in den 1970er Jahren abgeschafft, weil für uns immer klar war: Die passende Pflege und Betreuung zu bekommen, darf keine Frage des Geldbörsels sein. In Wien nehmen wir die Sorgen der Menschen ernst und garantieren ihnen die Pflege, die sie verdienen. Eine hochklassige, qualitätsgesicherte Pflege. Eine Pflege, die sich alle leisten können und eine Pflege, die solidarisch finanziert ist und nicht das gesamte, hart erarbeitete Hab und Gut vernichtet. Die Menschen müssen keine Angst haben, dass ein Pflegeheimplatz ihr gesamtes, hart erarbeitetes Vermögen auffrisst“, so Bürgermeister Michael Ludwig.

Weitreichende Folgen durch fehlende Durchführungsgesetze

Leider ist der Bund aber bis zum heutigen Tag entsprechende Durchführungsgesetze mit Übergangsbestimmungen schuldig geblieben. Um Rechtssicherheit zu erzielen, waren alleine in Wien zahlreiche Gerichtsverfahren notwendig. „Es ist unerträglich, dass diese Fragen auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden mussten. Eine solche Ressourcenverschwendung in Justiz und Verwaltung ist auch erstaunlich für eine Bundesregierung, die ständig ankündigt, dass sie ‚im System‘ sparen will“, so Hacker. Hinzu komme, dass Gerichte Gesetze vollziehen, und nicht nach politischen Gesichtspunkten handeln. „Mit Auswirkungen auf die soziale Gerechtigkeit“, meint Hacker. „Betroffene, die ihre Erbschaft als selbstverständlichen Beitrag eingesetzt haben werden gegenüber jenen benachteiligt, die nicht gezahlt haben und vor Gericht gegangen sind.“

Die Folgen des Regressverbots sind nach den juristischen Entscheidungen der vergangenen Wochen noch weitreichender als bisher angenommen: Bereits seit Jänner mussten die Menschen in Wohn- und Pflegeeinrichtungen keinen Kostenersatz aus dem Vermögen mehr leisten. Seit Mai meldete der Fonds Soziales Wien (FSW) keine Forderungen mehr in Verlassenschaften an. Nach dem Spruch des Verfassungsgerichtshofes ist zu erwarten, dass die Gerichte auf Anregung der Betroffenen nun auch laufende Exekutionsanträge einstellen. Im Grundbuch eingetragene Pfandrechte müssen gelöscht werden.

Ab sofort werden in Wien sämtliche laufenden Exekutionen – auch aus rechtskräftigen Titeln der Vergangenheit – eingestellt und alle Verfahren geschlossen. Hacker hielt dazu fest, dass der FSW den Betroffenen schriftlich bestätigen werde, dass entsprechende Forderungen hinfällig seien. Der Bund sei gefordert, diese Änderungen im Grundbuch auf Basis des Verfassungsgesetzes kostenfrei zu ermöglichen. „Es ist den Menschen nicht zumutbar, dass sie auch noch den Notar bezahlen müssen“, so Hacker.

16,6% für Wien inakzeptabel

Als inakzeptabel bezeichneten Ludwig und Hacker den von der Bundesregierung vorgelegten Verteilungsschlüssel, mit dem den Ländern die Kosten für das Regressverbot ersetzt werden sollen. Für Wien sind hier nur 56,466 Millionen Euro vom Gesamtbetrag von 340 Millionen oder 16,6% vorgesehen, die Bundeshauptstadt würde demnach weniger Geld als die Steiermark, Niederösterreich und Oberösterreich bekommen. „Dieser Vorschlag hat nichts mit der Realität zu tun – er entspricht weder der Bevölkerungszahl noch den gemeldeten Kosten. Das spricht Bände über das Verhalten der Regierung gegenüber einzelnen Ländern“, so Hacker mit Verweis auf den Beschluss der Landeshauptleute aus dem Mai 2018, in dem den Ländern die Abdeckung der tatsächlichen Kosten versprochen worden war. Für Wien beziffert der FSW diese Kosten nur für das erste Halbjahr 2018 mit rund 48 Mio. Euro. Allein 26 Mio. davon kommen durch Forderungsabschreibungen zustande, die nach den jüngsten Gerichtsurteilen erfolgen und in den ursprünglichen Berechnungen nicht enthalten waren.

Konsultationsmechanismus hat klare Unterstützung Wiens

Bürgermeister Ludwig verwies in Zusammenhang mit den offenen Finanzierungsfragen darauf, dass Wien bereits im April mit einer Aufstockung des Pflegebudgets um 111,3 Mio. Euro in Vorleistung getreten sei und die Versorgung pflegebedürftiger Menschen abgesichert habe. In anderen Gemeinden seien diese Fragen weiterhin ungelöst, die Effekte der Löschungen aus den Grundbüchern blieben letztlich an den Gebietskörperschaften hängen. „Dass der Städte- und Gemeindebund daher den Konsultationsmechanismus ausgelöst haben, hat die klare Unterstützung Wiens“, so Ludwig. (Schluss)

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