Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 20.11.2017:
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29. Wiener Gemeinderat (5)

Generaldebatte

GR Peter Florianschütz (SPÖ) bezog sich in seiner Rede auf die Arbeit des Europaausschusses und konterte auf die Vorwürfe der FPÖ: Tatsächlich setze sich Wien auf Europaebene sehr für die Regionen ein und sei Teil zahlreicher Städtepartnernetze. Mit Metropolen wie Rotterdam und Barcelona würden Best-Practice-Beispiele verglichen und auf internationales Level gehoben, wofür Wien auch immer wieder Anerkennung erhalte. Gerade für die Arbeit im Europaausschuss gelte, bei allem Verständnis für Meinungsverschiedenheit: „Kritik ist gut, konstruktive Kritik ist besser und Unhöflichkeit ist nie ein gutes Mittel der Politik.“ Florianschütz wünschte sich ein soziales Europa mit klaren Regeln und Rahmen für Großkonzerne. Die Gebietskörperschaften hätten viel mehr Spielraum, wenn diese „Multis“ nicht „Aberbillionen Euro“ durch Steuervermeidung entziehen würden.

Spezialdebatte: Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaft und Internationales

GR Markus Ornig, MBA (NEOS) sagte: „Heute wächst das Wiener Luftschloss um einen weiteren Schuldenturm.“ Im vorliegenden Papier erkenne er keinen ernsthaften Willen zum Sparen und keine Strukturreformen. Das Thema Mindestsicherung sei von allen Seiten heftig debattiert worden; er, Ornig, wünschte sich eine ebensolche Intensität bei den „wirklich großen Reformbrocken Pensionen und Gesundheit“. Die Stadt Hamburg zeige vor, „wie es geht“: Rot-grün regiert, Stadt und Bundesland zugleich, und mit einer ähnlichen Einwohnerzahl wie Wien habe die Hansestadt eine echte „Konzernbilanz“ vorgelegt, die das Gesamtvermögen und die kompletten Schulden der Kommune transparent ausweise, inklusive aller ausgelagerten Beteiligungen. Dieses Maß an Transparenz wünschte er sich auch für Wien, und brachte diese Forderung mittels Antrag ein. In einem weiteren Antrag forderte er die Stadt auf, alle Pensionsleistungen, welche sie zu tragen habe, in der Vermögensrechnung zu erfassen. Was die Wirtschaftspolitik betreffe, brauche es statt teurer Imagekampagnen ein „offenes Ohr der Politik“ für die Bedürfnisse der Klein- und Mittelunternehmen. Es müsse Schluss sein mit unnötigen Regulierungen und zu viel an Bürokratie – was Ornig mittels Antrag ändern wollte.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) wollte bei den Regierungsfraktionen eine „Angst vor dem schwarz-blauen Privatisierungsgespenst“ vernommen haben. Dabei stelle „kein vernünftiger Mensch“ in Aussicht, städtische Spitäler oder die Öffis zu privatisieren und zu verkaufen. Tatsächlich aber lohne sich der Vergleich zwischen der öffentlichen Hand und privaten Anbietern. So habe das Kontrollamt beziehungsweise der nunmehrige Stadtrechnungshof bereits zur Jahrtausendwende festgestellt, dass die Kilometerkosten von Bussen der Wiener Linien deutlich höher seien als jene der Busse im sogenannten „Auftragsverkehr“, damit gemeint sind private Busbetreiber, die Strecken der Wiener Linien abdecken. Im Gesundheitsbereich liege das „Defizit pro Bett“ in Ordensspitälern bei 27.000 Euro pro Jahr, im KAV jedoch bei 63.000 Euro pro Jahr. Auch im Bereich Wohnen lohne sich ein Vergleich: Wiener Wohnen verrechne im Schnitt 2,30 Euro an Betriebskosten pro Quadratmeter, die privaten Vermieter durchschnittlich nur 2,10 Euro. „Nicht sehr beeindruckend, diese Performance der öffentlichen Hand“, schloss Juraczka.

GRin Mag.a Barbara Huemer (Grüne) sagte: An diesem Voranschlag erkenne man das gelebte rot-grüne Gegenmodell zu einer schwarz-blauen Koalition im Bund. Wiens Budget trage eine „soziale, ökologische, inklusive und integrative Handschrift“. Die Stadt tue alles im Rahmen ihrer Möglichkeiten, um die Verteilungsfrage zwischen Generationen und Geschlechtern fair zu beantworten und die Umverteilung von unten nach oben zu stoppen. In Zeiten prekärer Beschäftigungsverhältnisse sei Wiens Bestreben nach „guter Arbeit“ umso wichtiger.

GR Klaus Handler (FPÖ) rechnete anhand diverser Prognosen mit einer Phase der „Hochkonjunktur“. Österreich erlebe das stärkste Wirtschaftswachstum seit neun Jahren, Wien dürfe die Wirtschaftskrise nicht mehr länger als Ausrede für schwache Kennzahlen verwenden. Fakt sei, dass die städtischen Schulden in zwei Jahren um knapp eine Milliarde Euro steigen würden. Hohen Anteil an der Neuverschuldung hätten die „Sozialhilfe-Ausgaben für Nichtösterreicher“. Das „Wiener Modell“ der Arbeitsmarktpolitik funktioniere nicht: Trotz „Herausinvestieren aus der Krise“ steige die Zahl der Arbeitslosen seit Jahren ständig.

(Forts.) esl/buj

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