Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 30.09.2016:
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9. Wiener Landtag (8)

Dringliche Anfrage zum Thema „Missbrauch der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Grund fehlender Kontrolle durch die MA 40"

LAbg Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) stellte die Finanzierbarkeit des Sozialsystems und seine Gerechtigkeit in Frage. Es gebe eine Schräglage im Bundesländervergleich. In Wien hätte sich seit dem Start 2010 die Zahl der MindestsicherungsempfängerInnen auf fast 200.000 verdoppelt. Österreichweit würden 869 Millionen Euro dafür aufgewendet werden, 63 Prozent von dieser Summe würde allein Wien berappen. Es gelinge nicht, Menschen sehr rasch in den Arbeitsmarkt wieder zu integrieren. Er brachte einen Antrag für die Reform der Bedarfsorientieren Mindestsicherung ein Dieser sehe unter anderem Obergrenzen für Geldleistungen pro Haushalt, Einschränkungen der Bezugsberechtigung sowie Sanktionen bei nicht Erfüllung einer Zusammenarbeitserklärung im Zuge der Antragstellung vor. Diese Reformen seien wichtig um das Sozialsystem abzusichern.

Amtsf. StRin Mag.a Sonja Wehsely (SPÖ) bedankte sich bei den mehr als 600 MitarbeiterInnen der MA 40 für ihr Engagement. Die MA 40 hätte aktuell 376.738 Bescheide erlassen. Sie erinnerte an den Unterschied zwischen Transferleistung und Sozialleistung. Die Mindestsicherung sei „ein letztes soziales Netz, für das es nicht nötig ist, vorher eingezahlt zu haben“. Sie sichere den sozialen Frieden und beuge Obdachlosigkeit und Kriminalität vor. Wien wolle verstärkt Sachleistungen anbieten, ebenso Angebote für junge Menschen, damit diese sich nicht in der Mindestsicherung verfestigten. Geringverdiener gegen Arbeitslose auszuspielen, wie es die Opposition in dieser Causa tue, sei „verwerflich“. Zur Frage der Leistbarkeit meinte Wehsely, werde für die Mindestsicherung im Vergleich zu jährlich ausgeschütteten Landwirtschaftsförderung oder der jüngsten Bankenrettung in Milliardenhöhe verhältnismäßig wenig Geld aufgewendet. Bezugnehmend auf den Vorwurf der schlechten Verwaltungshandlung betreffend die Mindestsicherung erinnerte Wehsely daran, dass in der jüngeren Vergangenheit 180.600 Fälle mit mehr als 376.000 Bescheiden von der MA 40 bearbeitet worden seien. Ähnlich wie beim Finanzamt oder der Baupolizei seien die MitarbeiterInnen mit Menschen konfrontiert, die falsche Angaben machten. Die Medienberichte, auf die sich die Opposition beziehe, würden aber nicht wahrer, wenn sie von den Oppositionsparteien wiederholt würden. Nach diesen einleitenden Worten widmete sich Wehsely der Beantwortung der Anfrage der ÖVP: die angebliche mangelnde Kontrolle bei der Vergabe der Mindestsicherung sei ihr seit 16.9.2016 gleichzeitig mit der Anfrage eines Journalisten übermittelt worden. Verschiedene Vorwürfe wie zum Beispiel unzureichender Vollzug, Kontrollversagen oder freihändig vergebenene Geldleistungen, Verzicht auf Vorlage von Dokumenten wies Wehsely als unwahr zurück. 101.983 Bedarfsgemeinschaften würden Mindestsicherung erhalten, davon lebten in 28.000 Kinder. 3,7 Prozent davon mit fünf oder mehr Kindern, 0,3 Prozent mit sechs oder mehr Kindern. In neun Bedarfsgemeinschaften seien zehn oder mehr Kinder gemeldet. Vier Prozent hätten im Schnitt 889 Euro für die Beschaffung von notwendigen Möbeln bekommen.

StR Mag. Gernot Blümel, MBA (ÖVP) meinte, es bedürfe aus Sicht der ÖVP eine Reform der Mindestsicherung. Diese solle keine „Hängematte“ sein sondern „Sprungbrett“. Das sei aber nur möglich, wenn sie richtig vollzogen würde. Statt „Druck auf Drückeberger“ zu machen, sei die Mindestsicherung zu einem „bedingungslosen Grundeinkommen verkommen“. Dabei sei die Bezugsdauer in Wien deutlich länger als in anderen Bundesländern. Die Mindestsicherung sei „nicht mehr gerecht“; die Art und Weise, wie in Wien die Mindestsicherung ausgezahlt werde „entsolidarisiere“ den Steuerzahler von den TransferleistungsempfängerInnen. Das drohe die Gesellschaft zu spalten.

LAbg Mag.a Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS) zeigte sich erschüttert über das Niveau der Diskussion. Debatten würden auf Basis eines Zeitungsartikels geführt. Die Politik steuere auf eine „Post-Fakten-Demokratie“ zu, die Stimmungen aus der Bevölkerung abzuholen versuche. Eine Reform der Mindestsicherung sei nötig. Hier müsse die Eigenverantwortung gestärkt werden, ein neues System solle die Selbstermächtigungsfähigkeit im Auge haben. Eine Reform müsse auch auf eine nachhaltige Finanzierbarkeit abzielen. Auch sei es nicht richtig, Menschen mit der Mindestsicherung nur zu versorgen; sie bräuchten auch Anerkennung. Hier müsse man beim Bildungssystem ansetzen, ebenso wie beim Arbeitsmarkt. UnternehmerInnen müssten entlastet werden, damit sie wieder ausreichend Jobs anbieten könnten.

(Forts.) ato/buj

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