Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 13.05.2016:
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Kein Start für Flächenwidmung am Heumarkt

Vassilakou: "Fachliche Beurteilung ermöglicht keine Widmung"

Die Stadt Wien wird das Flächenwidmungsverfahren zu dem vom Investor Wertinvest geplanten Umbau des Areals am Wiener Heumarkt in der vorliegenden Form nicht weiterführen. „Es liegen nun alle fachlichen Beurteilungen des Magistrats und des Fachbeirates für Architektur und Stadtgestaltung vor. Darin werden starke Bedenken gegenüber dem Projekt ins Treffen geführt, was aus Sicht der Stadtplanung eine Weiterverfolgung der Flächenwidmung und etwaige Vorlage an den Gemeinderat des vorliegenden Projektes nicht möglich macht“, so Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. „Ich empfehle daher allen Seiten eine Nachdenkpause.“

Die geplante Umgestaltung des Areals Hotel Intercontinental/Eislaufverein/Konzerthaus hat in den letzten Jahren weitreichende Vorarbeiten nach sich gezogen. Dazu fand ein umfangreiches kooperatives Planungsverfahren statt, auf dessen Grundlage ein internationaler Architekturwettbewerb ausgelobt wurde und das bestehende Projekt von einer renommierten Jury als Siegerprojekt gekürt wurde. Trotz dieses guten und soliden Verfahrens gibt es nach mehreren Jahren Vorarbeit nach wie vor offene Fragen und Bedenken.

Insbesondere äußerte der Fachbeirat für Architektur und Stadtgestaltung in seiner letzten Sitzung diese Woche massive Bedenken, unter anderem in Bezug auf die Proportionalität, die Höhe der Gebäude, die Breite der Durchwegung sowie das Hereinragen der Eisfläche in den Straßenraum. Zusätzlich wurden im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung „deutlich negative Auswirkungen“ auf das Stadtbild festgestellt. Weiters gibt es noch keine finale Zustimmung des Wiener Eislaufvereins zum Projekt.

In der vorliegenden Form kann daher für dieses Vorhaben kein Widmungsverfahren eingeleitet werden. Die Stadt Wien steht weiterhin zum Wiener Eislaufverein und seiner langfristigen Absicherung. Ebenso dazu, dass das Heumarkt-Areal zur Zeit nicht attraktiv ist und eine Verbesserung braucht. Die Stadt Wien bekennt sich zum Hotel- und Konferenz-Standort Wien.

„Beim Areal am Heumarkt handelt es sich allerdings um einen besonderen Ort in der Stadt. Dieser Platz ist eine Attraktion und eines der Herzstücke unserer Stadt. Das Eislaufen mitten in der Stadt hat Tradition, hat Flair und sorgt für Freude. Und mit dem Konzerthaus steht hier eines der zwei großen Musikhäuser der Stadt“, sagte Vassilakou.

Daher bedarf es für eine Neugestaltung einer breiten fachlichen Grundlage, von dem sich im Zuge des Verfahrens und der in der Stadt Wien vorgesehenen Prüfungen im Rahmen des Flächenwidmungsverfahrens gezeigt hat, dass sie nicht gegeben ist. „Dass die Verfahren hohen Standards gehorchen, wurde diesmal erneut unter Beweis gestellt. Dies ist kein Urteil über die Arbeit des Projektbetreibers, die in einem hohem Maße engagiert, kooperativ und hochprofessionell war und ist. Nun gilt es für alle Seiten die Nachdenkpause zu nutzen, um tragfähigen Lösungen zu suchen“, so Vassilakou.

Hintergrund Areal Hotel Intercont/Eislaufverein/Konzerthaus

Das Gebiet rund um den WEV, das Konzerthaus, die Flächen des WEV und das Hotel InterContinental Wien zählt seit Jahrzehnten zu einem der meist diskutierten Bereiche der Wiener Ringstraßen-Bebauung. Der Bereich liegt im östlichen Teil dieses ehemaligen Glacis, ist abgegrenzt durch die Straßenzüge Johannesgasse, Am Heumarkt, Lisztstraße und Lothringerstraße. Damit befindet sich dieser Block im Randbereich des Kerngebiets des Weltkulturerbes des historischen Zentrums Wiens.

Auf der einen Seite des Blocks befindet sich der Gebäudekomplex mit dem Wiener Konzerthaus, dem Akademietheater und der Universität für Musik und Darstellende Kunst. Dieser Gebäudekomplex wurde in den Jahren 1910 bis 1913 nach den Entwürfen von Ludwig Baumann, Ferdinand Fellner und Hermann Helmer aus Mitteln des Stadterweiterungsfonds erbaut. Am gegenüberliegenden Ende des Baublocks befindet sich das Hotel InterContinental, das erst Jahrzehnte später in den Jahren 1959 bis 1964 errichtet wurde. Der Entwurf stammt von Hollabird&Root, Carl Appel und Walter Jaksch. Der dominante Gästezimmertrakt ist eine Hochhausscheibe mit einer Gebäudehöhe von circa 44 Metern.

Zwischen Hotel und Konzerthaus befindet sich das Herzstück des Areals, die circa 6.000 Quadratmeter große Eisfläche des "Wiener Eislaufvereins". Zur Lothringerstraße wird die Eisfläche von niedrigen Eingangs- und Tribünenbauten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verdeckt. Gegenüber diesen Bauten, entlang des Straßenzugs "Am Heumarkt", befindet sich eine zweigeschossige Bebauung, die aus derselben Bauperiode stammt.

Städtebauliche Überlegungen

Dieser hochwertige, innerstädtische Stadtraum birgt großes Potenzial. Zentral für eine mögliche Entwicklung aus Sicht der Stadt Wien sind folgende Verbesserungen für die Wienerinnen und Wiener:

  • Erhalt, Absicherung und Verbesserung des Wiener Eislaufvereins
  • Eine ganzjährige Nutzung der Fläche des Eislaufvereins
  • Mehr Platz für FußgängerInnen zum Flanieren
  • Neue Durchgangsmöglichkeiten, neue Verbindungen
  • Öffnung des Areals

Kooperatives ExpertInnenverfahren

Auf Initiative der Stadt Wien wurde in zwei umfangreichen Hearings mit den Akteurinnen und Akteuren vor Ort (WEV, Konzerthaus, Hotel InterContinental), dem Investor, Vertreterinnen und Vertretern des Magistrats und der Politik (Stadtplanungsressort, Planungssprecher, Bezirke) sowie Fachexpertinnen und Fachexperten aus Architektur und Städtebau sowie Denkmalschutz die Möglichkeiten des Areals ausgelotet.

Aufbauend auf den Erkenntnissen dieser ExpertInnenhearings wurde ein mehrstufiges kooperatives ExpertInnen- beziehungsweise Werkstättenverfahren durchgeführt. Die Anregung dazu gab Univ.-Prof. Rudolf Scheuvens, der auch den Vorsitz des Bewertungsgremiums einnahm. Ziel dieses Verfahrens war es, zu einer städtebaulichen Rahmenplanung zu gelangen.

Möglich wurde dies in drei Planungswerkstätten, an denen rund 50 Beteiligte aus Politik und Magistrat, des Wiener Eislaufvereins, des Konzerthauses, des Internationalen Rates für Denkmalpflege (ICOMOS), des Investors sowie des Hotelmanagements teilnahmen. Die Öffentlichkeit wurde in das Verfahren mittels AnrainerInnenbefragung eingebunden. Ferner wurde auch eine Ausstellung mit begleitenden Dialogen durchgeführt.

Die Arbeiten mündeten in Empfehlungen für die städtebauliche Weiterentwicklung, wobei aus der Vielzahl an Vorschlägen die zwei Szenarien Bewahrung des Bestandes (eine bauliche Weiterentwicklung unter Belassung der Hotel-Hochhausscheibe) und Neubau als grundsätzlich tragfähige Bebauungskonzeptionen weiter verfolgt werden sollen. Weiters wurde empfohlen:

  • Die Bewahrung der freien Eisfläche in ihrer Bestandsdimension
  • Eine mehrfache öffentliche Durchwegung
  • Ein verbesserter Einblick auf die Freifläche sowie die Freistellung des Konzerthauses
  • Eine moderat abgesenkte Eisfläche soll im Sommer für kulturelle Nutzungen zur Verfügung stehen und eine räumlich-funktionelle Verknüpfung zum Konzerthaus erfahren.
  • Attraktivierung der öffentlichen Straßenräume als großzügiges Vorfeld

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