Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 22.01.2014:
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Serie "stadtUNbekannt": Der Kahlenberger Friedhof

Die Serie "stadtUNbekannt" führt heute in den kleinsten Bezirksteil von Döbling: ins Josefsdorf, gelegen an der Wien zugeneigten Seite des Kahlenbergs, dort, wo er steil abfällt. Hier liegt der Kahlenberger Friedhof. Seine nur 30 benannten Grabstätten erzählen Geschichten mit Geschichte. Personen und Persönlichkeiten des Biedermeiers haben hier ihre letzte Ruhestätte: Die "schönste Frau des Wiener Kongresses" genauso wie Fürst de Ligne, der 1814 meinte: "Der Kongress tanzt, aber er kommt nicht vom Fleck."

Der Friedhof umfängt seine Besucherinnen und Besucher mit einer eigenartig ruhigen Stimmung. Schon beim Öffnen des Eisentores erfährt man dieses einzigartige Gefühl - dass es hier Geheimnisse zu entdecken gilt. Das Josefsdorf wird 1782 gegründet, die Namensgebung geht auf Kaiser Josef II. (1780-1790) zurück. Von diesem Gebiet aus führt der Polenkönig Jan Sobieski 1683 die Befreiungsschlacht gegen die Türken. 1783 wird dort ein Waldfriedhof eingeweiht, er ist heute ein unbekanntes Kleinod. Der Friedhof wird seit 1874 nicht mehr belegt, Ausnahme sind die Priestergräber der Mönche von Kahlenberg und die Beerdigung des ehemaligen Direktors der Caritas, Prälat Leopold Ungar, im Jahr 1999.

Die schönste Frau des Wiener Kongresses

Nur einige wenige Gräber aus der Biedermeierzeit bleiben auf dem Kahlenberger Friedhof erhalten, eines davon ist das der Karoline Traunwieser (1794-1815), Sängerin und angeblich schönste Frau des Wiener Kongresses. Von Karoline gibt es kein Bild, der berühmte Orientalist Hammer-Purgstall aber gibt 1811 eine treffliche Beschreibung: "Auf einem Ball bemerkte ich ein besonderes Gedränge. Ich drängte mich ebenfalls hin und war das erste und einzige Mal in meinem Leben von dem Anblick einer wirklich himmlischen Schönheit ergriffen..." Dieses Mädchen ist Karoline Traunwieser, deren Mutter einen Teil des Kahlenbergs besitzt, übernommen aus dem säkularisierten Besitz der Kamalduenser Mönche.

Karoline, auch "Lottchen" genannt, ereilt ein Schicksal, das sich zur Legendenbildung eignet: Sie ist verliebt in einen französischen Oberst, der beim Rückzug Napoleons aus Moskau 1812 ums Leben kommt. Diesen Verlust kann sie nie verschmerzen, sie stirbt im März 1815 an der Lungenschwindsucht.

Fürst de Ligne und der tanzende Kongress

Eine weitere Grabstelle aus der Zeit des Biedermeiers ist die von Charles Joseph Fürst von Ligne (1735-1814). Der Diplomat ist seit 1755 in österreichischen Diensten und zeichnet sich als Feldmarschall in diversen Kriegen aus. Als Diplomat wirkt er in verschiedenen europäischen Ländern. Ligne ist aber auch aufgeklärter Denker und gilt als geistvoller Essayist. Aufgrund seiner Eloquenz und seines weltgewandten Auftretens ist er in höchsten Kreisen beliebt.

Charles de Ligne stirbt im Dezember 1814 während des Wiener Kongresses. Da er am Abhang des Kahlenberges wohnt, wird er auf dem gleichnamigen Friedhof beerdigt, einem seiner Lieblingsplätze in Wien. In die Geschichte eingegangen ist dieser "Maitre de Plaisier des Wiener Kongresses" durch den ihm zugeschriebenen Spruch zu der Versammlung, die Europa erneuern soll: "Der Kongress tanzt, aber er kommt nicht vom Fleck."

Anreise zum Kahlenberger Friedhof

Erste Möglichkeit ist die Anfahrt mit der Straßenbahnline D bis zur Endstation Nußdorf, von der Ausstiegstelle zum Beethovengang, am Ende des Weges rechts die Kahlenbergerstraße hinauf bis zum Friedhof. Er liegt zur rechten Hand, erkennbar durch einen Holzzaun. Für den Fußweg sollte je nach Kondition eine Zeit von rund eineinhalb Stunden eingeplant werden.

Etwas schneller geht es vom Kahlenberg direkt. Die Autobuslinie 38A erreicht den Hausberg Wiens ab Bahnhof Heiligenstadt oder der Einstiegstelle Grinzing. Vor dem Hotel Kahlenberg stehend geht es rechts die Kahlenbergerstraße entlang bis zum Friedhof. Er liegt dann linker Hand, die Gehzeit beträgt nur etwa 20 Minuten.

Über "stadtUNbekannt"

Die wien.at-Serie stadtUNbekannt zeigt versteckte Örtlichkeiten in Wien, präsentiert kulturhistorische Kleinode und ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Stadt. Alle bisherigen Geschichten online: www.wien.gv.at/kultur/chronik/stadtunbekannt.html

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