Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 14.11.2013:
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Sima nach 4. Atomgipfel: Der gemeinsame Kampf für ein atomkraftfreies Europa geht weiter!

Resolution gegen die Förderung der Atomkraft auf EU-Ebene und für strenge Haftungsregelungen

Zum 4. Wiener Atomgipfel hat Umweltstadträtin Ulli Sima heute ins Wiener Rathaus geladen. "Die Vernetzung der so engagierten heimischen Anti-Atom-Szene ist mir ein zentrales Anliegen und ich freue mich über diese immer breiter werdende Allianz für ein atomkraftfreies Europa", so Sima nach dem heutigen Treffen. 25 Anti-Atom-Bewegte aus NGOs, Ländervertretern, Atomschutzbeauftragten und ExpertInnen haben über aktuelle Entwicklungen und gemeinsame Vorgangsweisen fürs neue Jahr diskutiert. Verabschiedet wurde auch eine Resolution an die EU-Kommission:

  • KEINE Ausnahme vom Verbot staatlicher Förderungen für Errichtung, Umbau oder Betrieb von Kernkraftwerken
  • Verursacherprinzip ernst nehmen und eine Haftpflichtversicherung für jeden Atomreaktor in der Europäischen Union in der Höhe von mindestens 400 Milliarden EURO anstatt der von der EU-Kommission geplanten unzureichenden 1 Milliarde EURO
  • Die Verwendung der jetzt unter dem Titel EURATOM vergebenen Gelder in die Förderung der Erneuerbaren Energien umlenken

Keine staatlichen Förderungen für AKW-Bauten

Ein erster Erfolg des gemeinsamen Engagements der Anti-Atom-Bewegung ist zu verzeichnen: Die Kommission hat in der gerade diskutierten Leitlinie "Energie- und Umweltförderung 2014 - 2020" die von Großbritannien und anderen Nuklearstaaten geforderte Erleichterung der staatlichen Subventionierung für Kernenergie auf Druck der AtomgegnerInnen gestrichen. Doch der Kampf ist damit nicht gewonnen - Großbritannien versucht das nächste Schlupfloch auszunützen und will für ihr geplantes AKW Hinkley Point C eine Ausnahme vom stattlichen Subventionsverbot (die es z.B. für Erneuerbare Energien gibt).

Im Vertrag über die "Arbeitsweise der EU" (AEUV) besagt der Artikel 107, dass in berechtigen Einzelfällen staatliche Subventionen gerechtfertigt sind. Wenn die Kommission im Fall Hinkley Point dieser Argumentation folgt, wäre das ein Präzedenzfall für weitere AKWs - eine Entwicklung in die völlig falsche Richtung! "Es darf daher keine Ausnahmen vom Verbot staatlicher Förderungen für Errichtung, Umbau oder Betrieb von Kernkraftwerken geben", so Sima.

Ernsthafte Haftungsbestimmungen für die AKW-Betreiber!

In Sachen Atomhaftung wird von den Gipfel-TeilnehmerInnen das "Verursacherprinzip" eingefordert. "Aktuelle Horrormeldungen über den dramatischen Anstieg der Strahlung im Wassertank in Fukushima zeigen einmal mehr, welch dramatische Auswirkungen und Folgekosten neben unsagbarem Leid Unfälle in Atomkraftwerken verursache. Die Betreiber zahlen einen Bruchteil der Folgekosten und das muss sich endlich ändern!", so Sima. Gefordert wird in der aktuellen Debatte um die Haftungsregelungen auf EU-Ebene eine Haftpflichtversicherung für jeden Atomreaktor in der Europäischen Union in der Höhe von mindestens 400 Milliarden Euro je Atomreaktor. Es müsse endlich das Verursacherprinzip gelten: Wer den Schaden verursacht, muss dafür haftbar gemacht werden. "Natürlich ist und bleibt unser Ziel, der Atom-Ausstieg, aber bis es so weit ist, müssen die Betreiber zur Verantwortung gezogen werden", so Sima. Zudem sind ernste Haftungsregelungen ein zentraler Schritt zur überfälligen Kostenwahrheit für Atomstrom und in der Folge eine Beschleunigung des Ausstiegs.

Studie "Kosten der Kernenergie": Atomstrom ist absolut unwirtschaftlich!

Passend zur Kostenwahrheit der Atomkraft wurde am heutigen Atomgipfel auch eine neue Studie des Österreichischen Ökologie-Institutes im Auftrag der Wiener Umweltanwaltschaft präsentiert. Sie zeigt, dass Atomstrom definitiv unwirtschaftlich und nur überlebensfähig, weil er von der Allgemeinheit enorm subventioniert wird. Die Märchen von der billigen, sauberen Atomenergie sind ein verzweifelter PR-Trick der Atomlobby - und auch eindeutig widerlegbar. Die Allgemeinheit subventioniert eine totbringende Energieform, Umwelt- und Gesundheitskosten sowohl beim Uranabbau als auch bei atomaren Unfällen gehen in nahezu unbezifferbare Milliardensummen.

"Die Studie belegt, dass kein einziges Kernkraftwerk auf Grund betriebswirtschaftlicher Überlegungen errichtet wird", erläutert Andrea Schnattinger von der Wiener Umweltanwaltschaft in ihrer Funktion als Atomschutzbeauftragte der Stadt Wien. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Vergünstigungen für die Betreiber, wie z. B. massive Haftungsbeschränkungen und staatliche Kreditgarantien, fordern die Errichter Garantien von den Regierungen für die Stromabnahme. So liegen die Preise für Strom in Großbritannien derzeit bei 49 Pfund pro MWh. In den Verhandlungen zwischen der Regierung und dem Betreiber EDF gewährte erstere Preisgarantien von 92,5 Pfund für 35 Jahre inflationsgesichert, sowie darüber hinaus Kreditgarantien über 65 % der Projektkosten damit überhaupt mit der Errichtung eines Atomkraftwerks begonnen wird. Auch Analysten angesehener Finanzberatungsunternehmen sprechen öffentlich davon, dass die Zusage der Britischen Regierung für garantierte Einspeisetarife für Kernenergie eine sehr riskante Wette mit Geldern der Stromkunden ist.

Die Studie beleuchtet auch die Atomhaftung genauer, sie beläuft sich auf einen Bruchteil des Anlagenwerts und ist auf wesentlich weniger als einen Prozent der potenziellen Schadensumme begrenzt. Eine angemessene Versicherung, die Schäden wie in Tschernobyl oder Fukushima abdecken könnte, würde die tatsächlichen Kosten von Atomstrom in absurde Höhen treiben. So hat ein Super-GAU in einem der 58 französischen Leistungsreaktoren das Potenzial, Schäden in mehrfacher Höhe des BIP Frankreichs zu verursachen. Die Ukraine muss noch immer etwa sieben Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung zur Eindämmung der Folgen von Tschernobyl aufbringen - und das noch auf unbestimmte Zeit in der Zukunft.

Die Studie kann auf der Seite der WUA unter http://wua-wien.at/home/atomschutz/positionen-und-stellungnahmen/wahre-kosten-kernenergie-2 heruntergeladen werden.

Europäisches Städtenetzwerk für den Atomausstieg wächst weiter

Das von Umweltstadträtin Ulli Sima vor zwei Jahren gegründete Städtenetzwerk CNFE wächst indes stetig weiter - 17 Großstädte sind bereits dabei, darunter Manchester, München, Köln, Zagreb und Dublin. Sie haben - mit Wien - ein gemeinsames Ziel: Den europäischen Atomausstieg! Gerade die heute beim Atomgipfel diskutierten Haftungsbestimmungen und die absurden Förderungen der Atomenergie sind zentrale Punkte, die die Städte gemeinsam auf EU-Ebene thematisieren. "Gemeinsam werden wir auf allen Ebenen unsere Forderungen für den Atomausstieg weitertragen - die Zukunft muss den Erneuerbaren Energien gehören!", so Sima, die sich abschließend bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des heutigen Anti-Atom-Gipfels für ihr Engagement bedankt.

Infos zum Netzwerk auf www.cnfe.eu

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