Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 30.08.2013:
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StR Ludwig/Alpbach: Zukunftsweisende Strategien für die Stadtregion Wien

Die Stadtregion Wien boomt. Um ein qualitätsvolles Wachstum zu gewährleisten, gewinnt eine gemeinsame raumplanerische Steuerung zunehmend an Bedeutung.

Welche politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Instrumente brauchen Städte zukünftig, um Herausforderungen sozialer, ökonomischer und ökologischer Natur meistern zu können? – Dieser entscheidenden Zukunftsfrage in Zusammenhang mit dem Wachsen und Schrumpfen von Städten widmeten sich die diesjährigen Alpbacher Baukulturgespräche.

Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig stellte im Rahmen der Gespräche heute, Freitag, Perspektiven und zukunftsweisende Strategien für die Stadtregion Wien vor. „Wien versteht sich als Kern einer wachsenden Stadtregion. Um dem Bevölkerungswachstum für Stadt und Umland gerecht zu werden, gilt es mittelfristig, bewährte Strukturen und Kooperationen in der Region Ost, die ein ausgezeichnetes Fundament bieten, zu vertiefen und auszubauen. Denn wenn die Bevölkerung im Raum Wiens, wie prognostiziert, in den kommenden Jahrzehnten um 400.000 bis 600.000 Personen zunehmen wird, so wird dies nur teilweise innerhalb der jetzigen Siedlungsgrenzen der Städte und Gemeinden möglich sein“, hielt Ludwig fest.

Zwei Drittel des für die kommenden Jahrzehnte prognostizierten Bevölkerungswachstums für die Stadtregion Wien entfallen auf die Kernstadt, ein Drittel auf das Umland. „Damit wächst Wien innerhalb seiner Grenzen etwa in der Größenordnung der Stadt Graz. Für die gesamte Stadtregion bedeutet das einen Zuwachs, der größer ist als die aktuelle Bevölkerungszahl Vorarlbergs. Ein Befund, der unserer Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur eine hohe Attraktivität bescheinigt. Gleichzeitig erfordern die prognostizierten Entwicklungen aber auch eine Neuorientierung der Stadtentwicklungs- und Stadtumlandpolitik“, unterstrich der Wiener Wohnbaustadtrat.

Die Wiener Wohnbaupolitik habe maßgeblich dazu beigetragen, dass Wien heute weltweit die Top-Rankings der lebenswertesten Metropolen anführt, so Ludwig weiter: „Wien hat gut vorgesorgt. Mit der Erhöhung des geförderten Wohnungsangebots, einer forcierten innerstädtischer Stadtentwicklung, mit einer klugen Grundstückspolitik und ausgezeichneten Flächeneffizienz, aber auch mit ökonomischen und ressourcenschonenden Bauweisen sowie neuen baugesetzlichen Maßnahmen wurden in Wien entscheidende Schritte für ein qualitätsvolles Wachstum gesetzt, das weiterhin eine ausgezeichnete Lebens- und Wohnqualität für die Bevölkerung gewährleistet.“

Die zunehmende Bedeutung der Stadtregion Ost als Wachstumsraum stelle die Stadtentwicklungspolitik und Stadtumlandpolitik jedoch vor neue Herausforderungen, die eine verstärkte Zusammenarbeit bei Planungsfragen erforderlich mache, wie er betonte. „Wir können dabei auf bestehenden Kooperationen – erfolgreichen, bereits gewachsenen Strukturen wie die ,Stadtregion+‘, die Wien, Niederösterreich und das Burgenland umfasst, aufbauen. Eine Region, die nicht nur die größte Wirtschaftsleistung in Österreich erbringt, sondern deren Baulandreserven, Bau- und Verkehrs- und soziale Infrastrukturen weitgehend ausreichend dimensioniert sind, um das Wachstum aufzunehmen. Im Rahmen der ,Stadtregion+‘ gibt es zudem bereits ein Abkommen aller Landeshauptleute, in Planungsfragen verstärkt zusammenzuarbeiten“, erklärte Ludwig.

Nur die Stadtregion ist Träger eines erfolgreichen Wachstums

269 Stadt- und Landgemeinden befinden sich in der Stadtregion Ost. Die meisten davon verfügen über geringen finanziellen Spielraum, wie der Gemeindefinanzbericht 2012 des Österreichischen Gemeindebunds verdeutlicht. Steigende Ausgaben, dies vor allem für die „softe“ Infrastruktur im sozialen Bereich sowie für Kindergärten und Schulen, gestalten diesen Spielraum zusehends enger. Auf der anderen Seite erzwingt Suburbanisierung Verkehr – rund 500.000 Menschen pendeln täglich nach Wien.

„Erschließungskosten und laufende Infrastrukturkosten verlangen eine effiziente Baulandnutzung und urbane Bebauungsformen. Der ökologische Fußabdruck kompakter Siedlungsstrukturen ist kleiner, verursacht weniger Bodenversiegelung und Autoverkehr. Faktoren wie ökologische Verkehrs- und Planungskonzepte, quantitative und qualitative Gestaltung der Wohnversorgung, Minimierung von Infrastrukturkosten sowie der Erhalt großzügiger Frei- und Grünflächen gewinnen deshalb für die Stadtregion zunehmend an Bedeutung“, skizzierte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.

„Die Stadtregion Ost ist durch funktionierende Kooperationen bereits gut dafür gerüstet, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Ziel der Vertiefung und des Ausbaus dieser erfolgreichen Instrumente ist es, quantitatives in qualitatives Wachstum umzumünzen, um einen Mehrwert und eine Win-win-Situation für Stadt und Umland zu erzielen. Wichtige Impulse dafür können mit einer regionalen Boden- und Siedlungspolitik, die mit dem öffentlichen Verkehr abgestimmt ist, gesetzt werden“, hob er hervor.

„Die gedeihliche weitere Entwicklung Wiens kann nur gemeinsam mit der Region gedacht und gestaltet werden. Wien ist sich seiner Verantwortung in dieser einzigen Metropolregion Österreichs bewusst. Das bisher Erreichte ist gute Grundlage, weitere Schritte zur Entwicklung einer strukturierten, „smarten“ Stadtregion zu setzen, in der ein vielfältiges Wohnungs-, Erwerbs-, Freizeit- und Kulturangebot keine langen Verkehrswege erzwingt sondern Zeugnis einer hochentwickelten Baukultur jenseits alter Siedlungsmuster ablegt. Der geförderte Wohnungsneubau, breitgefächerte Maßnahmen im Rahmen der ,Sanften Stadterneuerung‘ sowie Initiativen im Bereich der „Stadtregion+“ machen Wien fit für die Zukunft“, betonte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig abschließend.

Hintergrundinformationen

Renaissance der Kernstädte

Die Kernstädte werden als Wohnort wiederentdeckt. Die Vielfalt an Bildungs-, Beschäftigungs- und Entwicklungsmöglichkeiten zieht vor allem junge Menschen an. Die prognostizierte Zunahme die Bevölkerung im Raum Wien um 400.000 bis 600.000 Personen, wird jedoch nur teilweise innerhalb der jetzigen Siedlungsgrenzen der Städte und Gemeinden möglich sein. Die Flächenversiegelung durch Zersiedelung, Einkaufszentren und Verkehrsanlagen schreitet immer noch vor voran, wenngleich ihr Beitrag zum ökologischen Fußabdruck zunehmend als problematisch erkannt wird. In den städtischen wie auch in den nicht-städtischen Erweiterungsgebieten ist daher eine deutlich effizientere Baulandnutzung anzustreben, damit attraktive Erholungsräume erhalten werden.

Kompakte Siedlungsstrukturen punkten mit Ökonomie und Ökologie

In kompakten, urbanen Siedlungsstrukturen betragen die Kosten der Baulanderschließung, die Betriebs- und Erhaltungskosten der Leitungsinfrastruktur sowie die laufenden Kosten für Verkehrs- und mobile Sozialdienste nur einen Bruchteil jener Summen, die in Zersiedelungen aufzuwenden sind.

Win-win-Situation durch den Ausbau der regionalen Kooperation

Bei der Gestaltung der künftigen Entwicklung gilt es, die Vorteile der Stadtregion zu stärken. Die Komplexität der Aufgabenstellung erfordert wirkungsvolle öffentliche Interventionen und eine klare strategische Ausrichtung. Eine integrierte Stadtentwicklungs- und Stadtumlandpolitik, die wirtschaftliche Standortpolitik, Stadtplanung, Wohnbaupolitik und Infrastrukturpolitik grenzüberschreitend gemeinsam denkt und konzipiert, bringt nicht nur Vorteile für alle Partner, sondern stellt auch die wesentliche Voraussetzung für die Erhaltung der Lebensqualität der Bevölkerung dar.

Regionale Kooperation hat in der Ostregion bereits Tradition

Stadtentwicklungs- und Stadtumlandpolitik bedeutet Kooperation. Innerhalb der Ostregion kann auf bestehende Kommunikations- und Kooperationsstrukturen zurückgegriffen werden, etwa im Rahmen der Stadtregion+, des Stadt-Umland-Managements Wien/Niederösterreich und dem VOR - Verkehrsverbund Ostregion.

Vertiefte politisch-administrative Instrumente

Das Thema Zukunft der Stadtregionen haben auch der Österreichische Städtebund, das ÖREK 2011 (Österreichisches Räumliches Entwicklungskonzept) und nicht zuletzt die Europäischen Strukturpolitik aufgegriffen. Angesichts dieser Initiativen und der räumlichen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen gilt es, eine vertiefte Perspektive für die Stadtregion Wien konkreter anzudenken.

Geeignete ergänzende Instrumente wären etwa die Einrichtung einer Task Force „Stadtregion Ost“, die die für eine verbindlichere Maßnahmenplanung nötigen Abstimmungen fachlich vorbereitet, einer Plattform für die Entwicklung einer regionalen Mobilitätsstrategie, die einen noch wirkungsvolleren Beitrag zur kosten- und umweltschonenden Entwicklung einer „Smart Region“ leisten könnte sowie abgestimmte stadtregionale Entscheidungsstrukturen, die tradierte Verwaltungsgrenzen, die nicht mehr die Realität der Stadtentwicklung widerspiegeln, neu denken und leben.

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