Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 08.07.2013:
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AK, vida und VÖWG (2): Studie belegt dramatische Folgekosten Das 4. EU-Eisenbahnpaket darf nicht kommen

Trennung von Infrastruktur und Verkehr allein kostet 420 Millionen Euro. Synergieeffekte zur Finanzierung eines flächendeckenden Angebots gehen verloren.

Die neue Studie „Volkswirtschaftliche Effekte der Liberalisierung des Eisenbahnpersonenverkehrs in Österreich“ (Agnes Streissler - wirtschaftspolitische Projektberatung) warnt vor dramatischen Folgen des geplanten 4. Eisenbahnpakets der EU. Die Arbeiterkammer (AK), die Gewerkschaften GdG, und vida, sowie der Städtebund und der Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG) fordern deshalb: Das 4.Eisenbahnpaket der EU muss gestoppt werden.

1. Wegfall der Direktvergaben führt ÖBB und Privatbahnen in existentielle Krise

In Österreich gibt es ein gut eingeführtes und bei den Fahrgästen akzeptiertes Bahnsystem. Bisher können Bund, Länder und Gemeinden etwa den Nahverkehr direkt an die ÖBB oder eine der 12 Privatbahnen in Österreich vergeben. Für alle Schienen-Unternehmen hat die Direktvergabe existentielle Bedeutung. Die ÖBB fahren gerade im Personenverkehr schwarze Zahlen ein. Rund 46 Prozent ihres Umsatzerlöses (rund 812 Millionen Euro) erzielten sie 2011 im Personenverkehr aus öffentlichen Aufträgen. Das geplante EU-Eisenbahnpaket sieht vor, dass ein Unternehmen wie die ÖBB nur noch mit höchstens einem Drittel der nationalen Nahverkehrsleistungen bezogen auf die Bahnkilometer betraut werden darf, was allein im Bereich des Personenverkehrs ein vernichtender Schlag wäre.

2. Kundenfreundlicher integrierter Taktfahrplan wird unmöglich

Ein kundenfreundlicher, in die Region vernetzter und vertakteter Fahrplan wird unmöglich, wenn unzählige Eisenbahnverkehrsunternehmen am Markt auftreten und nicht miteinander kooperieren. Für BahnkundInnen wird es weitaus schwieriger alle Bahnen wie gewohnt zu gewohnten Tarifen zu nutzen um möglichst schnell und günstig von A nach B zu kommen.

3. Günstigere Tickets erfahrungsgemäß nur zu Beginn der Privatisierung

Mit der Privatisierung soll es mehr Service und günstigere Tickets für die BahnkundInnen geben. Die Erfahrungen mit Bahnprivatisierungen in England und Schweden zeigen: Preissenkungen gab es nur zu Beginn der Privatisierung. Danach zogen die Preise wieder an. So mussten die BahnfahrerInnen um rund 30% mehr für die Tickets bezahlen. Auch für die öffentliche Hand stieg der Subventionsbedarf um 30%. Höhere Ticketpreise bedeuten: Es bleibt weniger Geld für andere Ausgaben übrig. Schon ein Preisanstieg um 10 Prozent bedeutet 29 Millionen weniger Wertschöpfung und würde 500 Arbeitsplätze gefährden.

4. Privatisierungsfolgen: Zugverspätungen und Zug-Ausfälle

In Österreich hat sich die Pünktlichkeit der Bahn in den letzten Jahren verbessert. Das geplante Eisenbahnpaket könnte diese Erfolge in die Gegenrichtung drehen: Sowohl in Großbritannien als auch in Schweden kam es nach der Privatisierung zu massiven Zugverspätungen und -Ausfällen. Das trifft vor allem die PendlerInnen und ihre ArbeitgeberInnen: Schon eine halbe Stunde Verspätung pro Woche für alle Pendlerinnen in Österreich bedeutet jährlich Kosten von rund 70 Millionen Euro.

5. Weniger attraktiven Nebenstrecken droht schnelle Schließung

Ein flächendeckendes öffentliches Verkehrsangebot ist gefährdet, wenn sich private Anbieter nur „die Rosinen“ herauspicken. Die Fahrgäste der Nebenbahnen bleiben auf der Strecke und steigen zwangsläufig wieder aufs Auto um, sofern sie sich das überhaupt leisten können.

6. Teure Trennung von Infrastruktur und Verkehrsleistung

Die im Eisenbahnpaket geplante Trennung von Infrastrukturbetreibern und Personenverkehrsdienstleistern wird teuer, weil bestehende Synergieeffekte wegfallen. Für Österreich dürfte das Mehrkosten von 420 Millionen Euro pro Jahr ausmachen. Das sind Folgekosten, die am Ende die BahnkundInnen zahlen müssten.

7. Lohn- und Sozialdumping durch verschärften Kostendruck

Die Privatisierung soll Kosteneinsparungen bringen. Alle Erfahrungen zeigen aber: Gespart wird zuerst beim Personal. Das bedeutet Lohn- und Sozialdumping für die rund 7.000 Beschäftigten im Personenverkehr der Bahnen.

Service:

Die vollständige Studie finden Sie unter wien.arbeiterkammer.at/service/studien/VerkehrundInfrastruktur

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