Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.10.2011:
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Frauenberger: Neues Prostitutionsgesetz entlastet AnrainerInnen

Ziel bleibt Verlagerung in den <span lang="en" xml:lang="en">Indoor</span>bereich: "<span lang="en" xml:lang="en">Indoor</span> arbeiten, heißt sicher arbeiten"

Am 1. November tritt das neue Wiener Prostitutionsgesetz in Kraft. Das neue Gesetz bringt wesentliche Änderungen für die rund 150 Straßenprostituierten in Wien, für Prostitutionslokale und eine Reihe von Erleichterungen für SexarbeiterInnen. Straßenprostitution ist ab November grundsätzlich nur noch außerhalb des Wohngebietes erlaubt. Prostitutionslokale unterliegen nun einer behördlichen Meldepflicht.

"Dieses Gesetz ist ein erster Schritt und der Versuch, die divergenten Interessen von AnrainerInnen, SexarbeiterInnen, Polizei und BordellbetreiberInnen unter einen legistischen Hut zu bringen", unterstreicht die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger. Längerfristiges Ziel bleibe die Verlagerung der Straßenprostitution in den sicheren Indoor-Bereich. "Indoor arbeiten, heißt sicher arbeiten", so Frauenberger.

Nicht alle Probleme werden am 1. November gelöst sein

"Prostitution ist ein konfliktbeladenes Thema und braucht einen gesetzlichen Rahmen. Klar ist aber auch: Prostitution folgt dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Solange Männer diese Dienstleistung nachfragen, wird sie angeboten", so Frauenberger. Die Stadträtin erhofft sich vom neuen Gesetz eine deutliche Entspannung in den belasteten Gebieten - "allerdings sind wir nicht so naiv zu glauben, dass am 1. November alle Probleme beseitigt sein werden".

Eine Steuerungsgruppe, bestehend aus VertreterInnen der Wiener Regierungsparteien, der Bezirke, des Magistrats, der Polizei sowie mehrerer NGOs wird die Auswirkungen des neuen Gesetzes genau beobachten und Lösungen für etwaige Probleme erarbeiten. "Sowohl die Interessen der AnrainerInnen als auch die Sicherheit und der Schutz der Prostituierten müssen bei allen Überlegungen im Vordergrund stehen", so Frauenberger. In ihrer gestrigen Sitzung hat die Steuerungsgruppe klare Kriterien für sichere Erlaubniszonen formuliert und fünf konkrete Zonen für die Straßenprostitution empfohlen. Drei davon müssen erst von der Polizei - nach Anhörung der Bezirke - zu Erlaubniszonen verordnet werden.

Informationen und Pläne im Internet

Im Internet sind alle Informationen zum neuen Gesetz zu finden: Unter www.wien.gv.at/verwaltung/prostitution sind zwei Informationfolder für Prostituierte und LokalbetreiberInnen als Download erhältlich. Zusätzlich werden dort ab 1. November Übersichtspläne veröffentlicht, auf denen klar ersichtlich ist, wo die Anbahnung von Prostitution erlaubt ist. Die Informationsfolder werden zudem über Vereine, Ämter und Polizei verteilt.

Hotline für alle Fragen

Außerdem wird am 1. November die Beschwerde-Hotline des Projekts SOPHIE-mobil wieder ihren Betrieb aufnehmen. SOPHIE-mobil steht im Auftrag der Stadt für alle Fragen rund um das Thema Prostitution zur Verfügung. Die Hotline (0676 / 88 666 222) ist von Montag bis Donnerstag von 10 bis 17 Uhr besetzt. An zwei Tagen pro Woche ist SOPHIE-mobil außerdem zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten, für die AnrainerInnen erkennbar an den großen, orangen Taschen, in Wien unterwegs.

Strafen für Freier

Freier, die außerhalb der erlaubten Zonen mit Prostituierten Kontakt aufnehmen bzw. ein Geschäft anbahnen, können künftig bestraft werden. Bisher sah das Gesetz nur für Prostituierte Strafen vor. Diese Maßnahme wird nach einem Jahr evaluiert werden.

Neue Regeln für Lokale

Wer ein Prostitutionslokal eröffnen will, braucht künftig einen Bescheid der Polizei. Dafür müssen potenzielle BetreiberInnen einen Strafregisterauszug und die Bestätigung einer/s Ziviltechnikerin/s vorlegen, dass das Lokal der Bauordnung und dem Wiener Prostitutionsgesetz entspricht.

Die Behörde unterzieht BetreiberInnen einer Zuverlässigkeitsprüfung. Ungetilgte Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr oder schwerwiegende Verstöße gegen gewerberechtliche, sozialversicherungsrechtliche oder prostitutionsrechtliche Rechtsvorschriften sind beispielsweise hinderlich. Das Prostitutionslokal darf erst in Betrieb genommen werden, wenn ein positiver Bescheid der Polizei vorliegt.

Diese neue Regelung gilt für alle neuen Prostitutionslokale. Bereits bestehende Lokale müssen der Meldepflicht binnen eines Jahres nachkommen. Wer ein Lokal ohne Genehmigung in Betrieb nimmt, riskiert eine Strafe von bis zu 7.000 Euro.

Neu ist, dass die Behörde gesetzeswidrige Bordelle an Ort und Stelle schließen kann. Ein BetreiberInnenwechsel kann eine Schließung künftig nicht mehr verhindern!

Örtliche Einschränkungen für Bordelle gibt es zwar nicht. Allerdings sind im neuen Gesetz bestimmte Schutzobjekte wie z.B. Schulen, religiöse Einrichtungen oder Spitäler definiert. Das Gesetz schützt AnrainerInnen vor unzumutbarer Belästigung. Das heißt: Prostitutionslokale dürfen optisch nicht aufdringlich gekennzeichnet sein.

Verbesserter ArbeitnehmerInnenschutz in Bordellen

Zusätzlich zum Gesetz wird es außerdem strengere Auflagen für den ArbeitnehmerInnenschutz in Bordellen geben. So müssen etwa Hygiene und Sicherheit in den Betrieben gewährleistet sein. Ab einer bestimmten Größe des Bordells werden auch Aufenthaltsgelegenheiten, Kochgelegenheiten und Spinde zur Vorschrift.

Weniger Bürokratie und Strafamnestie für Prostituierte

Für Prostituierte bringt das neue Gesetz bürokratische Erleichterungen. Sie müssen sich zwar wie bisher bei der Polizei registrieren lassen, die Meldepflicht von Berufsunterbrechungen oder Urlaub entfällt aber. Im Rahmen der Erstregistrierung wird künftig eine Beratung durch eine NGO angeboten. Diese Regelung soll von Beginn an eine bessere Beratung und unterstützende Begleitung der Frauen sicherstellen. Die Erstregistrierung dient auch dem Zweck, Frauenhandel auszuschließen. Unabgeschlossene Strafverfahren gegen Prostituierte, die auf Grund der alten Schutzzonenregelung eingeleitet wurden, werden eingestellt.

Schutz für Minderjährige

Das neue Gesetz bringt auch verstärkten Schutz für Minderjährige, die durch erwachsene Freier sexuell ausgebeutet werden. Werden Minderjährige das erste Mal bei der Prostitution "erwischt", müssen sie künftig keine Strafe mehr zahlen, sondern werden ermahnt und müssen zur Beratung beim Jugendwohlfahrtsträger. Falls sie das nicht tun, wird eine Strafe von 200 Euro verhängt. Dadurch soll verhindert werden, dass junge Frauen zur Bezahlung der Strafe erneut der sexuellen Ausbeutung durch erwachsene Freier erliegen. Sie sollen durch die Beratungen neue Perspektiven erhalten.

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