Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 07.07.2011:
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Erfolgreicher Klimaschutz in Wien

KliP-Evaluierungsbericht zeigt positive Effekte auf Wirtschaft und Beschäftigung

Der aktuelle Evaluierungsbericht der Österreichischen Energieagentur (Berichtszeitraum bis 2010; Zahlen bis 31.12.2009) belegt die Erfolge des Wiener Klimaschutzprogramms eindrucksvoll. Mit Ende 2009 sind bereits jährliche Treibhausgasemissionen in der Höhe von 3,7 Mio. Tonnen CO2 - Äquivalente durch die Wiener Klimaschutzmaßnahmen vermieden worden. Darüber hinaus wurden auch beträchtliche positive volkswirtschaftliche Effekte erzielt. Im Zeitraum 1999 bis 2009 lösten die umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen ein Investitionsvolumen von fast 15 Mrd. Euro aus. Der Wertschöpfungseffekt betrug rund 14 Mrd. Euro. Damit konnten im Jahr 2009 rund 58.000 Arbeitsplätze gesichert werden. Pro Kopf sind die Treibhausemissionen der Wienerinnen und Wiener um 22 Prozent seit 1990 gesunken.

Vassilakou: KliP ist wesentliche Grundlage für aktuelle energiepolitische Schwerpunkte

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zum aktuellen KliP-Bericht: "Aufbauend auf dem Klimaschutzprogramm forciert die Stadt Klimaschutz auch im aktuellen Regierungsprogramm. Die Themen Energieeffizenz und Erneuerbare Energie spielen eine zentrale Rolle. Wien hat schon viel erreicht, so kann Wien als die Passivhaus-Metropole der Welt bezeichnet werden. In keiner anderen Stadt ist derart viel Fläche in Passivhausqualität errichtet worden. Auch im Bereich Erneuerbare Energie gibt es aktuell positive Trends: Die Rekordzahlen bei den Photovoltaik-Anträgen im heurigen Jahr zeigen, dass immer mehr Menschen die Förderangebote der Stadt annehmen. Die Wienerinnen und Wiener sollen selbst Teil der Energiewende werden. Auch eine Trendwende im Verkehr wird ein wesentlicher Baustein sein, der hohe Priorität in den kommenden Jahren erhält"

Das Klimaschutzprogramm der Stadt Wien (KliP Wien)

Seit dem Jahr 1999 hat Wien ein umfassendes Klimaschutzprogramm, das KliP Wien. Es wurde vom Wiener Gemeinderat mit einer Laufzeit bis 2010 beschlossen. Das Ziel, bis zu diesem Jahr 2,6 Millionen Jahrestonnen an CO2 - Äquivalenten zu vermeiden, wurde Dank der erfolgreichen Umsetzungsmaßnahmen schon 2006 erreicht. Der erfolgreiche Weg wird konsequent weiter beschritten. Im Dezember 2009 hat der Wiener Gemeinderat die Fortschreibung des KliP Wien bis zum Jahr 2020 beschlossen. Diese Fortschreibung (KliP II) baut auf dem ursprünglichen Klimaschutzprogramm (KliP I) aus dem Jahr 1999 auf, setzt zahlreiche Maßnahmen fort, enthält aber auch viele weitergehende und zusätzliche Maßnahmen. Der Bericht der Österreichischen Energieagentur stellt somit einerseits eine Evaluierung jener Maßnahmenprogramme des KliP I dar, die im KliP II fortgesetzt werden, andererseits liefert er einen ersten Überblick über die Umsetzung der bereits begonnenen neuen Maßnahmen(programme) des KliP II.

Umsetzungsschwerpunkte

Der Evaluierungsbericht zeigt folgende aktuellen Umsetzungsschwerpunkte auf:

  • Beginn der Arbeiten am Versorgungssicherheitsplan
  • Weitere Forcierung von Projekten zur Nutzung von erneuerbarer Energie
  • Ausbau der Netze der Fernwärme Wien
  • Forcierung von Fernkälteprojekten
  • Erarbeitung von Möglichkeiten zur schrittweisen Einführung einer verpflichtenden thermischen Sanierung der obersten Geschoßdecke des Wiener Altgebäudebestandes
  • Durchführung von energierelevanten Projekten in der Wiener Hauptkläranlage
  • Ausbau der Radabstellanlagen auf öffentlichem und privatem Grund (Förderprogramm, Radabstellanlagen-Offensive)
  • Steigerung des Modal Splits im Öffentlichen Verkehr durch U-Bahnausbau sowie Beschleunigung und Komfortsteigerung des Straßenbahn- und Busverkehrs
  • Forcierung von alternativen, energieeffizienten Antrieben und Treibstoffen (Erdgas, Elektromobilität) im magistratsinternen Fuhrpark

Wiens Klimaschutzmaßnahmen zeigen Wirkung - Einige ausgewählte Beispiele aus dem Evaluierungsbericht

  • Thermische Wohnhaussanierung (Thewosan):
    Die Förderschiene THEWOSAN bewirkte im Berichtszeitraum durch die geförderte Sanierung von mehr als 79.800 Wohneinheiten mit rund 5,3 Mio Quadratmeter Nutzfläche eine Reduktion des Heizenergiebedarfes um rund 381 GWh (Gigawattstunden) pro Jahr und damit eine jährliche Einsparung von rund 137.100 t CO2.
  • Versorgungssicherheitsplan:
    Um die langfristige Sicherstellung der Energieversorgung Wiens gewährleisten zu können wird ein Versorgungssicherheitsplan ausgearbeitet, der aufbauend auf der dritten Fortschreibung des Energiekonzeptes der Stadt Wien und dem Städtischen Energieeffizienzprogramm (SEP) die Energieversorgung in Wien unter Einbeziehung von Umweltaspekten für die Zukunft sicherstellen soll. Im Berichtszeitraum wurden wichtige Vorarbeiten getätigt, auf deren Basis der Versorgungssicherheitsplan ausgearbeitet werden soll.
  • Fernwärme forciert:
    Im Jahr 2008 lag der Marktanteil der Fernwärme Wien am Wärmemarkt von Wien bei rund 35 Prozent. Im Geschäftsjahr 2008/09 wurden ca. 5.131 GWh Fernwärme nachgefragt. Davon entfielen etwa 1.623 GWh (32 Prozent) auf Wohnungen und ca. 3.508 GWh (68 Prozent) auf Großkunden. Die Aufbringung erfolgte zu 66,3 Prozent aus Abwärme bei der Stromerzeugung (KWK) und Industrie, zu 27,4 Prozent aus Abwärme bei der Abfallbehandlung, zu 4,7 Prozent in fossil befeuerten Anlagen und zu 1,6 Prozent aus alternativer Erzeugung. Der gesamte Anteil erneuerbarer Energie betrug dabei 18 Prozent. Für die Erzeugung von Fernwärme sind nach neuesten Berechnungen nur 0,21 MWh (Megawattstunden) an fossilen Brennstoffen notwendig, um den Kunden mit 1 MWh Wärme zu versorgen. Insbesondere der kontinuierliche Ausbau der Fernwärmenetze bzw. der Fernwärmeanschlüsse sollen zur Erreichung des Programmziels (Ausbau der Fernwärme auf 50 Prozent Marktanteil des Wärmemarktes) beitragen.
  • Fernkälte:
    Um den anwachsenden Bedarf an Kühlenergie decken zu können, setzt die Fernwärme Wien auf das System Fernkälte. Neben der Fernkältezentrale in "TownTown" hat Wien Energie im August 2009 auch die Fernkältezentrale am Standort Spittelau in Betrieb genommen. Über diese werden das AKH, das Projekt "Skyline" im 19. Bezirk, ein Institut der Universität für Bodenkultur (BOKU) sowie das Ö3-Gebäude in der Muthgasse mit Fernkälte versorgt. In der Spittelau wurde dazu in einem aufgelassenen U-Bahntunnel die erste Ausbaustufe mit einer Kälteleistung von insgesamt 17 MW (Megawatt) errichtet. Zwei Absorptionskältemaschinen mit je 5 MW und eine Kompressionskältemaschine mit 7 MW wurden dafür am Standort errichtet. Künftig werden hier noch weitere Gebäude angeschlossen werden wie z.B. das dzt. in Bau befindliche Bürogebäude "Space2move". Für die aus der Fernkälteversorgung des AKH Wien resultierenden Umweltvorteile wurde Wien Energie Fernwärme 2008 mit dem Umweltpreis der Stadt Wien ausgezeichnet. Neben dem Projekt Spittelau wird seit Juni 2010 auch das Sozialmedizinische Zentrum Ost (SMZ Ost) mit Fernkälte beliefert. Dazu wurden im Krankenhaus fünf bestehende (strombetriebene) Kompressormaschinen demontiert und zu einer verbliebenen eine neue Absorptionskältemaschinen (wodurch aus Wärme Kälte erzeugt werden kann) errichtet. Weiters soll das Geriatriezentrum Donaustadt an die Fernkälte angeschlossen werden. In Summe sind damit rund 28 MW an Fernkälte installiert. Darüber hinaus gibt es Fernkälteprojekte im ersten Bezirk (beim Schottenring) und am Hauptbahnhof, die ab 2012 bzw 2014 zusätzlich 35 MW installierter Kälteleistung vorweisen werden.
  • Erneuerbare Energien stark ausgebaut und gefördert :
    Der Anteil von erneuerbaren Energieträgern an der Stromerzeugung durch Wien Energie betrug 2009 11,5 Prozent. Den Hauptanteil bildet dabei die Wasserkraft, gefolgt von Biomasse und Wind. Zur Forcierung des Einsatzes von Solarenergie werden solarthermische Anlagen zur Warmwasserbereitung und Raumheizung seit Jahren durch die Stadt ein gefördert. Die Anzahl der geförderten Anlagen stieg in den letzten Jahren signifikant an: wurden 2001 noch 121 solarthermische Anlagen gefördert, stieg ihre Zahl auf 348 Anlagen im Jahr 2009 an. Insgesamt wurden im Zeitraum 2001 bis 2010 2.175 solarthermische Anlagen mit einer Fläche von über 27.416 Quadratmeter gefördert.
  • Geförderter Wohnungsneubau:
    Im Bereich des geförderten Wohnungsneubaus hat sich seit dem Jahr 2008 der durchschnittliche Heizwärmebedarf im großvolumigen Neubau von ca. 30 kWh/m2a auf unter 25 kWh/m2a verringert. Damit erreichen alle geförderten Wohnungsneubauten in Wien Niedrigenergiehausstandard. Über 96 Prozent der großvolumigen Neubauten wurden 2009 mit Fernwärme versorgt. Unter Berücksichtigung des kleinvolumigen Wohnbaus werden 90 Prozent der Wiener Wohnungen mit Fernwärme, knapp 5 Prozent mit Gas-Brennwert, 1,6 Prozent mit Biomasse und 3,6 Prozent mit Wärmepumpen beheizt. Weiters zählt Wien österreichweit zu den Vorreitern im Bereich Passivhausbauweise. Bisher wurden 1.036 Wohneinheiten (WE) mit einer Nutzfläche von 69.400 Quadratmeter mit Hilfe der Wiener Wohnbauförderung in Passivhausqualität fertig gestellt. Weitere 1.159 WE mit einer Fläche von 89.000 Quadratmeter sind derzeit in Bau und weitere 1.183 WE (102.700 Quadratmeter) in Planung bzw. Bauvorbereitung.
  • Öffentlicher Verkehr auf Überholspur:
    Der Anteil der Wege, die mittels öffentlicher Verkehrsmittel zurückgelegt werden, gemessen an der Summe der Wege, die von den WienerInnen in einem Jahr zurückgelegt werden, hat sich von 29 Prozent im Jahr 1993 auf 36 Prozent im Jahr 2010 erhöht. Unter anderem hat der Ausbau des U-Bahnnetzes dazu geführt, dass sich der Modal Split Wiens in den letzten Jahren zugunsten des ÖV entwickelt hat. So haben beispielsweise die Wiener Linien im Jahr 2009 mit 812 Mio. Passagieren einen Fahrgastrekord erzielt. Dieser konnte im Jahr 2010 mit 838 Mio. Fahrgästen erneut getoppt werden.
  • "ÖkoKauf Wien":
    "ÖkoKauf Wien" ist ein Leitprogramm des Klimaschutzprogramms und magistratsübergreifend organisiert. Die Stadt Wien gibt jährlich rund fünf Mrd. Euro für den Einkauf von Waren und Dienstleistungen aus. Bei diesen Beschaffungsvorgängen wird auf die Umweltverträglichkeit der Produkte und Leistungen geachtet. Die Erfolge sprechen eine eindeutige Sprache: so wurden bisher beispielsweise rund 30.000 Tonnen CO2 und ca. 17 Mio. Euro eingespart, darunter 1,5 Mio. Euro durch die Installation von Wasserspararmaturen in Amtsgebäuden, öffentlichen Schulen und Kindergärten. Beim Lebensmitteleinkauf wird der Einsatz von biologischen Produkten in Pensionisten-Wohnhäusern, im Wiener Krankenanstaltenverbund und natürlich in Kindertagesheimen und Schulen laufend gesteigert. So betrug der Bioanteil im Essen für Kindergärten 2004 schon 40 Prozent und liegt seit 2010 auf beeindruckenden 51 Prozent. 2010 erhielt "ÖkoKauf Wien" als innovativstes städtisches Programm den begehrten "Dubai International Award for Best Practices in Improving the Living Environment". Dieser Preis wird weltweit ausgeschrieben, er richtet sich an alle städtischen Akteure und stellt die weltweit wichtigste Auszeichnung für die erfolgreiche Umsetzung innovativer Programme zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung dar.

Vorleistungen der Stadt Wien im Klimaschutz

Dass Wien heute pro Kopf nur halb so hohe Treibhausgasemissionen wie der Österreichdurchschnitt aufweist, ist aber nicht nur auf die erfolgreiche Umsetzung des KliP Wien seit 1999 zurückzuführen. Vielmehr konnte schon damals von einer guten Ausgangslage ausgegangen werden, weil die Stadt Wien seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten Weichenstellungen getroffen hat, die sich sowohl auf den Klimaschutz als auch die Luftqualität sehr positiv ausgewirkt haben. Die wichtigsten Beispiele sind:

  • Kombinierte Erzeugung von Strom und Fernwärme mit modernen Gas-Kraftwärmekopplungsanlagen, erneuerbarer Energie und Müllverbrennungsanlagen (und nicht, wie international durchaus üblich, Erzeugung von Strom mittels Kohlekraftwerken und von Raumwärme durch Ölheizungen)
  • Niedriger durchschnittlicher Energieverbrauch pro m2 Wohnfläche von 176 kWh/m2a (zum Vergleich: 213 kWh/m2a im Rest von Österreich)
  • Gut ausgebautes ÖV-Netz
  • Moderne kommunale Abfallwirtschaft

Wären die diesbezüglichen klimapolitisch wichtigen Entscheidungen nicht schon frühzeitig getroffen und umgesetzt worden, würden in Wien jährlich zwischen 6 und 7 Millionen Tonnen Treibhausgase mehr emittiert als dies tatsächlich der Fall ist.

Evaluierungsbericht im Internet

Den Evaluierungsbericht der Österreichischen Energieagentur sowie alle weiteren Informationen zum Klimaschutzprogramm der Stadt Wien findet man unter: www.wien.at/umwelt/klimaschutz/.

Rückfragehinweis für Medien

  • Andrea Stephanie Fellner
    Magistratsdirektion-Klimaschutzkoordination
    Telefon: 01 4000-75084
    E-Mail: andrea.fellner@wien.gv.at