Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 17.11.2010:
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KunstHausWien: René Burri - Fotografien

Neue Ausstellung mit rund 400 Werken aus vier Jahrzehnten ab 18. November

Mit der Ausstellung "René Burri - Fotografien" zeigt das KunstHausWien, ein Unternehmen der Wien Holding, eine Retrospektive auf das Werk eines der international bedeutendsten Fotografen unserer Zeit. Mit rund 400 Werken von René Burri aus mehr als vier Jahrzehnten wird ein Bogen über sein fotografisches Schaffen und gleichzeitig rund um den Globus gespannt.

Der 1933 in Zürich geborene René Burri war ab 1959 als Mitglied von Magnum Photos zu den Schauplätzen des Weltgeschehens unterwegs. "Die Kamera war für mich immer ein magischer Stab, der mir die Möglichkeit gab, an Orte zu gelangen, an denen ich für mich etwas Neues erfahren konnte", so Burri zu seinem von zahllosen Reisen geprägten Leben. Zahlreiche historische Schlüsselmomente wurden von ihm mit seiner Kamera festgehalten. Es entstanden aber genauso Bilder vom Alltag in Ländern wie Brasilien, China, Palästina, Vietnam und Deutschland. Seine Porträts von prägenden Personen wie Pablo Picasso, Winston Churchill, Ernesto Che Guevara, Muhammad Anwar as-Sadat, Le Corbusier und Alberto Giacometti zählen zu den Bildikonen des 20. Jahrhunderts. "Viele der Bilder, die uns aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Erinnerung geblieben sind, hat René Burri gemacht. Viele Menschen kennen diese legendären Bilder, doch viel zu wenige den faszinierenden Fotografen dahinter. Das ein wenig zu ändern, möchten wir mit dieser Retrospektive erreichen", betont Franz Patay, Direktor des KunstHausWien.

Die zwei Seiten des René Burri

"Als Fotograf gehört René Burri zu jenen, die die goldene Ära der großen Illustrierten noch erlebt haben, bevor diese vor der Konkurrenz des schnelleren, bewegteren, lauteren Fernsehens kapitulierten. Von Life bis Look, vom Stern bis Paris-Match: Kaum eine internationale Zeitschrift, für die Burri nicht gearbeitet hätte. Kaum ein Ereignis, kaum ein Krieg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, für den sich in seinem überbordenden Archiv nicht ein Beleg fände. Von Mitte der 1950er bis zum Ende des Jahrhunderts hat Burri die Weltpresse beliefert. Er war, er ist, was man traditionell mit dem Begriff 'Bildjournalist' belegt. Was Burri allerdings vom Gros seiner Kollegen unterscheidet, ist, dass Burri neben den Auftrag stets den Eigenauftrag stellte. Es gibt, wenn man so will, zwei Burris: Den verlässlichen Dienstleister, der um die Bedürfnisse der Presse bzw. die Grammatik einer Bildgeschichte weiß. Und den von Neugier, von Bilderhunger, von Formwillen getragenen 'Kameramann', der sich nie Künstler nennen würde und doch nicht weniger ist als einer der großen Ästheten in der Fotografie des 20. Jahrhunderts." - Hans-Michael Koetzle, Kurator der Ausstellung.

Bilder für die Presse

Die Ausstellung zeigt ausführlich beide Seiten des Fotografen René Burri, der stets auch eine zweite Leica für seine persönlichen Fotoprojekte im Gepäck hatte: Die Ausstellung folgt zunächst der Entstehungsgeschichte einiger seiner bekanntesten Fotografien für die Presse, die um die Welt gingen. So etwa sein weltberühmtes Foto von Che Guevara: Im Jahr 1963 begleitet Burri die amerikanische Starjournalistin Laura Bergquist zu einem Exklusivinterview mit dem damaligen Industrieminister in dessen Büro in Havanna. Zweieinhalb Stunden lang hat Burri Gelegenheit, Che in dem von Jalousien verdunkelten Büro zu fotografieren. Jenes Bild, das nach dem Tod von Che Guevara im Jahr 1967 zur Ikone werden wird, spielt zunächst eine untergeordnete Rolle in der Berichterstattung.

Autorenfotografie

Die Ausstellung widmet der "Autorenfotografie" des René Burri einen eigenen Bereich, der einen konzentrierten Blick auf seine individuelle Sehweise und seine individuellen Bildthemen, auf das Besondere seiner Bildsprache und seine fotografischen Handschrift erlaubt. "René Burri hat viele fotografische Gesichter und doch eine ebenso subtile wie markante visuelle Handschrift. Er hat zentrale Aspekte des 20. Jahrhunderts in sich aufgenommen: von dem Blick der Neuen Sachlichkeit der 1920er-Jahre und dem Geist des Bauhauses, über viele auch ihn prägende Künstler der Moderne bis zur Teilhabe am Mythos der Fotografen- Kooperative Magnum, gebildet aus dem politisch wachen und engagierten Geist der Resistance und dem Imperativ höchster fotografischer Kunst. Die von René Burri geschaffenen Fotografien zählen zu den essenziellen Bildern des 20. Jahrhunderts, und als diese sind sie längst Teil des kollektiven Gedächtnisses der Menschheit geworden. Dank der Sensibilität und Lebensbejahung von René Burri enthalten diese Erinnerungen viele inspirierende und ermutigende Momente" umschreibt Andreas Hirsch, Co-Kurator der Ausstellung in Wien, seinen Zugang zu René Burri.

Leben und Werk - Lehrjahre im Geiste von Bauhaus und Neuer Sachlichkeit

Sein erstes Foto macht René Burri 1946 von Winston Churchill, der Zürich besucht und dort seine historische Rede mit dem Kernsatz "Let Europe arise!" hält. Im Alter von 13 Jahren ist Burri bei einem historischen Moment zugegen und es gelingt ihm eine Aufnahme von einer der prägenden Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Auch wenn er sich erst Jahre später tatsächlich der Fotografie professionell zuwenden wird, scheint hier sein späterer Weg vorgezeichnet. Burri, der eigentlich Filmemacher werden möchte, absolviert eine künstlerisch-fotografische Ausbildung, die noch einen Hauch von Bauhaus atmet. An das Grundstudium bei Johannes Itten schließt das Studium bei Hans Finsler an, der im Geiste der Neuen Sachlichkeit unterrichtet. Erst ein Besuch von Edward Steichen an der Schule gibt für Burri den Impuls, von den puristischen Studien von Objekten zur Fotografie von Menschen auf den Straßen überzugehen.

René Burri und Magnum

Burris Landsmann und Magnum-Fotograf Werner Bischof zeigt den Magnum-Gründern frühe Arbeiten von René Burri, doch der Unfalltod von Bischof in den Anden verhindert seine weitere Rolle als Mentor. Eine Reportage über Mimi Scheiblauers berühmte Zürcher Gehörlosenschule erscheint 1955 in Life und wird für Burri zum Eintrittsticket bei Magnum, wo er vier Jahre später als Vollmitglied aufgenommen wird. Eine unmittelbar nach der Abstimmung in New York über die Aufnahme von Burri entstandene Bildserie von Henri Cartier-Bresson mit Blick auf die 5th Avenue ist Teil der Ausstellung. Dem Thema "Burri und Magnum" ist ein eigener Dokumentationsbereich gewidmet, ein Film von Reiner Holzemer erzählt die Geschichte der 1947 gegründeten Fotoagentur.

Lebensthemen: Picasso, Die Deutschen

Die Ausstellung zeichnet einige der Lebensthemen des Fotografen René Burri nach, der bestimmten Ländern und Personen über viele Jahre hinweg seine Aufmerksamkeit gewidmet hat. So hat René Burri zahlreiche Künstler immer wieder porträtiert, allen voran Pablo Picasso. Lange vor der ersten persönlichen Begegnung beginnt seine Beschäftigung mit Picasso mit den Fotos, die er von einer Picasso-Ausstellung im Palazzo Reale in Mailand macht. Später wird er Picasso im Bett, beim Essen und beim Stierkampf fotografieren. Seite Ende der 1950er-Jahre arbeitet Burri an Fotoserien über das Leben in Deutschland. 1962 erscheint sein Buch "Die Deutschen", doch sein Interesse am Thema bleibt. Über die Kultur der Gauchos in Argentinien entsteht ein weiteres Buch, über das Leben im China der 1960er-Jahre ein Dokumentarfilm. Mit der Schweizer Kulturzeitschrift DU verbindet ihn eine langjährige, enge Zusammenarbeit, die auch etliche seiner Schlüsselthemen widerspiegelt.

Special "New York Blackout"

Die Ausstellung bietet noch eine weitere Spezialität: die erst 2003 wiederentdeckte und erstmals 2009 bei den Rencontres d'Arles öffentlich gezeigte Fotoserie über den New York Blackout. Während des legendären "Northeast Blackout" im November 1965 streifte René Burri eine halbe Nacht lang durch die dunklen, nur momentweise von Streichhölzern, Taschenlampen und Autoscheinwerfern erhellten Straßen von New York. Eine Serie von 40 Schwarz-Weiß-Aufnahmen entsteht, die hier in ihrer Gesamtheit präsentiert wird.

Filme zur Ausstellung: Zwei Filme werden im Rahmen der Ausstellung gezeigt: "René Burri - Fotograf", ein Film von Reiner Holzemer und Hans-Michael Koetzle (Deutschland, 2004, 60 Min., arte) "Magnum Photos", ein Film von Reiner Holzemer (Deutschland, 1999, 89 Min., SWR/arte)

Kuratoren der Ausstellung: Hans-Michael Koetzle und Andreas Hirsch.

Öffnungszeiten und Preise

Die Ausstellung ist von 18. November 2010 bis 20. Februar 2011 im KunstHausWien (3., Untere Weißgerberstraße 13) zu sehen. Das Kunst Haus Wien ist täglich von 10.00 bis 19.00 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 9 Euro, ermäßigte Karten sind um 7 Euro erhältlich. Führungen finden an Sonn- und Feiertag um 15 Uhr sowie gegen telefonische Voranmeldung statt.

Zum KunstHausWien

Das KunstHausWien - die ehemalige Thonet-Möbelfabrik im dritten Wiener Gemeindebezirk - ist kein Haus im klassischen Sinn. Es widerspricht allen Normen und Klischees: Alles sprießt und wuchert üppig grün, auf den Dächern genauso wie im Inneren. Hundertwasser hat das Haus selbst gestaltet. Im Hundertwasser Museum beherbergt das KunstHausWien heute die weltweit einzige permanente Präsentation der Werke des großen Meisters. Im Mittelpunkt stehen Hundertwassers Philosophie und sein Schaffen als Maler, Druck-Grafiker und in der Architektur. Hundertwasser wurde als Friedrich Stowasser 1928 in Wien geboren. Da "Sto" im Slawischen "hundert" bedeutet, wurde aus Stowasser "Hundertwasser". Als Weltenbummler reiste er viel und gern. Immer im Gepäck dabei: sein Miniaturmalkasten, um überall Pinsel und Farbe parat zu haben.

Das KunstHausWien gehört zur Wien Holding, die unter ihrem Dach neben dem KunsthausWien noch drei weitere Museen von internationalem Rang führt: Das Mozarthaus Vienna mit der einzigen erhaltenen Wiener Wohnung des Musikgenies, das Haus der Musik, ein interaktives Klangmuseum sowie das Jüdische Museum Wien.

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